Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
ganze Kleingeld so am Kullern, und dann lagen ausgerechnet an der Stelle lauter Fitzelchen aus Stanniolpapier! Die glänzten so, wie’s halt auch Silbermünzen tun, und ich in meiner Not bin da am Krabbeln und am Suchen, und die Autofahrer voll am Hupen – also nee, doh, echt, das war der Oberhammer!«
Hermann war von seinem Bad im Persiko genesen und verbat sich jede Frage nach seinem Gesundheitszustand.
Papa schickte mich zur Polizei, mit dem Auftrag, das Unfallprotokoll einzusehen. »Vielleicht ergeben sich daraus ja noch irgendwelche neuen Erkenntnisse ...«
Ich bekam heraus, daß der Unfall unter der Nummer VU 442/80 registriert worden war, aber viel mehr auch nicht.
Kurz vor Ladenschluß fuhr Papa mit mir los, ein neues Fahrrad kaufen, im Nordwest-Center an der Esterfelder Stiege. Ein grünes Hollandrad für 229 Mark, mit Speichenschloß und Dreigangschaltung. »Diesem Exemplar steht hoffentlich ’ne längere Lebensdauer bevor als allen andern, die du schon zu Klump gefahren hast!«
Die ganze Woche über hatte Heike keine Zeit, und ich sah allmählich meine Felle davonschwimmen, passend zum Regenwetter.
Auch in Jever schütte es seit Tagen, sagte Oma am Telefon. Im Garten würden die Erdbeeren verfaulen, und es sei nicht der allerkleinste Hoffnungsschimmer in Sicht.
Für die Bullen mußte ich als Zeuge einen Fragebogen ausfüllen.
Wie hat sich der Vorfall zugetragen? (Verhalten der Beteiligten vor der Tat, Zeichengebung, Fahrweise, Geschwindigkeit, Beleuchtung, Straßenbeschaffenheit, Witterungsverhältnisse)
Dann das gleiche in grün für die Barmer Ersatzkasse. Dem Anschein nach hatte es alle Welt darauf abgesehen, mich noch monatelang mit der literarischen Bewältigung meines Unfalls in Atem zu halten.
Wie lange konnte man zuhause auf dem Daumen sitzen? Als ich’s nicht mehr aushielt, schwang ich mich auf meinen neuen Flitzer und düste nach Esterfeld. Heike hatte mir zwar mitgeteilt, daß sie für eine Chemieklausur pauken und auch noch Nachhilfeunterricht geben müsse, aber es war ja nicht verboten, eben mal vorbeizuschauen und nach dem versprochenen Artikel über den Blödsinn in Bravo zu fragen.
Damit sei sie noch nicht fertig, sagte Heike an der Haustür, halb entschuldigend und halb genervt. »Mach ich noch. Die Woche drauf oder so, mal kucken. Und jetzt muß ich wieder rein! Bis denne!«
Nach diesem Erlebnis saß ich alleine in der Redaktion. Ich rieb meine nassen Brillengläser mit einem Hemdzipfel trocken und steckte die Kassette mit den Songs von Cohen in den Rekorder.
Four o’clock in the afternoon
and I didn’t feel like very much.
I said to myself, »Where are you golden boy,
where is your famous golden touch?«
Four o’clock, das kam hin, und alles andere ebenfalls.
War aber auch wurscht. Gehupft wie gesprungen. Sollte Heike doch mit ihrem Werner glücklich werden. Oder sich mit Henrik Osterlohe verloben.
Andreas Pohl platzte herein und klatschte einen Briefumschlag auf den Tisch. »Bitteschön! Post von Frau Helga Pohlschröder-Brunn!«
Diese Tante hatte sich damit begnügt, läppisches Zeug zu äußern: Die »F.D.P.« sei als liberaler Ausgleich in der Politik »notwendig« und sowieso die erste Partei, die mit ihren Freiburger Thesen bereits 1971 ein geschlossenes Umweltprogramm verabschiedet habe. Bildung sei ein Bürgerrecht und die Voraussetzung für die vom Grundgesetz geforderte Gleichheit der Lebenschancen, und Strafbestimmungen gegen extremistische Meinungsäußerungen änderten nichts an der Auffassung der Liberalen, daß eine Beschränkung der Freiheit nie eine Selbstverständlichkeit sein dürfe.
Blablabla.
Beim Rubbeln der Letraset-Buchstaben für die Überschrift stellte sich heraus, daß bei den kleinen Buchstaben kein c und kein h mehr übrig waren. Also nahm ich für das c ein e und für das h ein n und besserte die Stellen anschließend mit Tipp-Ex und Filzstift aus.
»Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehn«, sang Andreas Pohl, »und mit der kleinen Kurbel ganz nach oben drehn ...«
Onkel Rudi hatte uns ein Prozeßvollmachtsformular geschickt, das ich unterschreiben sollte, und den Durchschlag eines Briefs an die Omi, die mich überfahren hatte.
Sie haben meinen Mandanten bei dem Verkehrsunfall schuldhaft verletzt. Zugleich ist das von meinem Mandanten benutzte Fahrrad infolge des Zusammenstoßes zerstört worden. Ich habe daher für ihn Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Juristendeutsch.
Spätabends kam Mama zurück und
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