Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
motorisierten Verkehr weniger Aufmerksamkeit schenken. Des weiteren haben sowohl die allgemeine Praxis als auch spezielle Untersuchungen gezeigt, daß erst eine Baustelle oder etwas Derartiges vorhanden sein müßte, damit die Autofahrer eine Geschwindigkeitsbegrenzung überhaupt annehmen. Erschwerend käme hinzu, daß eine Überwachung durch die Polizei an dieser Stelle kaum beziehungsweise nur bedingt möglich wäre.‹ Zitat Ende.« Er drosch mit diesem Schriftstück auf den Tisch. »Was issen für ’n Staat, der ein Verkehrsschild nicht aufstellt, weil sich sowieso keiner dran hält? Von Bankräubern läßt sich der Staat das doch auch nicht bieten, und er schreibt nicht an Bankdirektoren, daß leider Fallgruben oder Selbstschußanlagen vorhanden sein müßten, damit die Bankräuber das Verbot von Banküberfällen gnädigerweise annähmen. Und daß die Überwachung der Banken durch die Polizei leider kaum beziehungsweise nur bedingt möglich sei. Als ob die Polizei nicht imstande wäre, mal ein paar Tage lang an ’ner kleinen Straße in Meppen zu messen, ob da jemand zu schnell fährt, und dann jedem, der sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält, den Lappen zu entziehen. Das ist doch knallaballa!«
In Polen war auf den demissionierten Staatschef Gierek ein gewisser Stanislaw Kania gefolgt. Der nächste Apparatschik.
Auf dem Foto, das ich von ihr auf der Autobahnraststätte bei Dortmund gemacht hatte, sah Heike hinreißend aus. Ein bißchen streng, aber bildschön, mit reichlich Sonne im Gesicht und herrlich fallenden Haaren.
Deutsch. Gottfried Benn: »Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke«.
Hier diese blutet wie aus dreißig Leibern.
Kein Mensch hat soviel Blut.
Hier dieser schnitt man
erst noch ein Kind aus dem verkrebsten Schoß …
Das war mal was anderes als der parfümierte Hofmannsthal.
Ihren Führerschein hatte Heike in der Fahrschule Wesel gemacht. Da meldete auch ich mich an. Das Geld für den Führerschein wollten Mama und Papa mir schenken, als Gratifikation fürs Abitur, obwohl ich das ja noch nicht in der Tasche hatte.
Der Wesel hatte einen fusseligen Bart und nuschelte und lispelte. Im theoretischen Unterricht kriegte man beigebracht, daß man im Gebirge, wenn es steil nach unten gehe, einen niedrigen Gang einlegen und die Bremskraft des Motors ausnutzen solle.
Ein Mädchen, das in der Reihe vor mir saß, wollte wissen, was bei einer Vollbremsung in einer scharfen Kurve passiere.
»Da marfiert dein Wagen fnurgeradeauf«, sagte der Wesel.
Den Namen des Mädchens hatte ich vorher zufällig vernommen: Saskia. Kein richtig schöner Name, fand ich. Irgendwie billig. Als hätten die fehlgeleiteten Eltern sich gesagt: »Saskia, das hört sich edler an als Ute oder Gabi.«
Saskia selbst war aber schöner als ihr Name. Ich hatte die ganze Unterrichtsstunde über ihren Nacken, ihre Schultern, ihre Ohrringe und das Geschlinge ihrer dunkelblonden Haare vor mir …
Wenn sie sich zu mir umgedreht und mir zugewispert hätte, daß sie seit einer halben Stunde meinen Blick im Nacken spüre und förmlich dahinschmelze und daß sie wild auf mich sei – ich wäre ihr gefolgt. Wohin auch immer. Was zwischen mir und Heike lief und meine Gefühle für diese Saskia, das waren zwei verschiedene Paar Schuhe.
In der großen Pause zitterte Heike vor Zorn. In Kunst, da sei’s um das Gemälde »Frühstück im Grünen« gegangen, von Manet, und der Pauker habe nicht einsehen wollen, daß es diskriminierend sei, eine nackte Frau beim Picknick mit zwei angezogenen Männern abzubilden. »Was würdest du denn sagen, wenn die beiden Kerle nackt wären auf dem Bild? Und die Frau wäre angezogen?«
Heike hielt das Gemälde für sexistisch.
Es war ein Fehler gewesen, das neue Asterixheft zu kaufen ( »Der große Graben«). Ohne seinen Texter René Goscinny fabrizierte der Zeichner Albert Uderzo nur noch Ramsch.
In der Türkei hatte das Militär geputscht. Der General Evren entließ die Regierung, löste das Parlament auf, verbot alle Parteien und Gewerkschaften und verhängte das Kriegsrecht und eine Ausgangssperre.
Und dabei war die Türkei doch in der Nato? Und bildete mit uns ein Bündnis, das die Freiheit und die Demokratie verteidigen sollte?
Der Türke, sagte Hermann, sei uns Mitteleuropäern ja schon seit längerem als kranker Mann am Bosporus bekannt. »Und mit seit längerem meine ich seit 1683 – da standen die Türken vor Wien! Wenn die die Schlacht damals gewonnen hätten, dann wäre
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