Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
auch das Emsland heute mohammedanisch. Und du und ich, wir wären fromme Moslems!«
Wir entwickelten den Gedanken, daß Meppen vielleicht ein Nest des Widerstands gebildet hätte, so wie das gallische Dorf, mit Zaubertrank aus der Stadtschänke, wie ich vorschlug, aber Hermann wandte ein, daß der in der Stadtschänke dargereichte Zaubertrank vielleicht dem Wagemut und der Großmäuligkeit der Meppener Bevölkerung dienlich gewesen wäre, aber nicht ihrer Unbesiegbarkeit, jedenfalls nicht gegenüber einem zu allem entschlossenen Türkenheer.
Sehr gut wäre es natürlich, wenn die Englischlehrerin Gewonk im türkisch besetzten Meppen verschleiert rumlaufen müßte. Schlechter wäre es dagegen, daß wir nach der Schule nicht in die Stadtschänke gehen dürften, weil die Türken mit dem Dämon Alkohol kurzen Prozeß gemacht hätten. Wir hätten ihnen allenfalls vorschlagen können, die Stadtschänke als Museum zu erhalten, mit Hermann und mir als Ausstellungsobjekten, so daß wir uns da jeden Abend vollaufen lassen könnten, vor einem zahlenden Publikum, das uns als letzte Eingeborene bei einem germanischen Ritus zuschauen möchte …
Er sei skeptisch, sagte Hermann. Er würde, auch ohne den Koran genauer zu kennen, darauf tippen, daß der Prophet Mohammed keine Silbe über den kulturhistorischen Wert germanischer Bierleichen verloren habe. Wir hätten uns anpassen müssen. »Aber möchtest du mit so ’ner türkischen Gebärmaschine verehelicht sein?«
Ein Gewitter ging nieder. Donner, Blitz und Hagelschlag. Und Papa brüllte: »Hast du dein Fahrrad reingebracht?«
Noch nicht.
Ich erhielt Post von der »Erfassungsbehörde«, mit einem Fragebogen, den ich als Wehrpflichtiger ausfüllen sollte. Welchem Staat ich angehörte und ob ich noch Schüler eines Gymnasiums sei. Jetzt hatten sie mich im Visier.
Bei meiner ersten Fahrstunde erwies ich mich als Totalversager. Ich kriegte den Wagen nicht mal gestartet. Auf was man da alles achten mußte! Linker Fuß auf dem Kupplungspedal, rechter Fuß auf dem Gaspedal, linke Hand am Steuer, rechte Hand auf der Gangschaltung, linkes Auge auf der Fahrbahn, rechtes Auge überall und nirgends …
»Kupplung langfam kommen laffen«, sagte der Wesel, doch das war leichter gesagt als getan.
Die Karre machte einen Sprung nach vorn, und der Motor soff ab.
Neu starten.
»Kupplung langfam kommen laffen …«
Gleiches Ergebnis: Sprung nach vorn und Motor abgesoffen.
Nächster Versuch.
»Kupplung langfam kommen laffen …«
Wieder das gleiche.
Der Wesel ließ mich dann erstmal das Schalten üben, im Stehen. Erster Gang, zweiter Gang, dritter Gang, vierter Gang. Und Rückwärtsgang.
Und wieder erster Gang und die verflixte Kupplung langsam kommen lassen, Gas geben und hopps und abgesoffen.
»Ich schaff das nie«, sagte ich zu Heike, doch sie machte mir Mut: Das habe noch der Dümmste gelernt …
»Aber die Schalterei, wozu ist die eigentlich gut, wo’s doch auch Automatikwagen gibt?«
Die seien nicht jedermanns Sache, sagte Heike. »Meinem Vater würde ohne Gangschaltung richtig was fehlen beim Fahren.«
Mir nicht.
Renate hatte jetzt eine Stelle als Referendarin in Küdinghoven, für zwei Jahre, und nur zwei Minuten weit von ihrer Wohnung weg.
»Und in zwei Jahren steht sie wieder auf der Straße«, sagte Papa. »Mit ’nem Politologiestudenten als Mann!«
In Paraguay war ein tödliches Attentat auf Anastasio Somoza verübt worden, den ausrangierten Diktator von Nicaragua. Eine Panzerfaust hatte seinen Mercedes erwischt.
Ein unnützer Esser weniger.
Bei uns gab’s Bratkartoffeln mit Rührei und Schnittlauch. Papa hätte den Schnittlauch lieber kürzer geschnippelt gehabt. »Das ist ja bald so, als müßte man Grashalme fressen …«
Von Frau Borgfried, seiner Sekretärin, erzählte er, daß die fortlaufend mit ihrem Ungeschick beim Kuchenbacken hadere. Er habe ihr deshalb geraten, sich einen Mülleimer anzuschaffen, dessen Abmessungen denen eines Kuchenblechs entsprächen. Dann könne sie das Produkt gleich nach dem Backen mühelos im Mülleimer versenken.
Der polnische Streikführer Lech Walesa lehnte laut Stern die Pille ab. Das Wort der Kirche sei für ihn Befehl.
Da hätte ich es mir als Pole aber dreimal überlegt, ob ich zu diesem katholischen Liebestöter halten sollte oder zu den Kommunisten.
Tante Gisela plante ihre Flucht aus Melle, mit Mamas Hilfe. Eine Nacht-und-Nebel-Aktion, wenn der Dellbrügge auf Reisen und nur dessen Mutter im Haus wäre. Die
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