Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
gezeigt wurden, die Luis Buñuel zum Teil gemeinsam mit Salvador Dalí gedreht hatte. In einer Nahaufnahme sah man das Zerschlitzen eines menschlichen Augapfels, und wir mußten die Sache abbrechen, weil Astrid übel geworden war.
Im Pub wollte sie danach nur Mineralwasser trinken. Heike war härter im Nehmen.
Zu Mittag gab’s mal wieder Reis mit Scheiß, also mit Paprikaschnipseln und Hackfleisch, und zum Nachtisch Quarkspeise.
Paprikaschnipsel, Schniprikapapsel, Schnaprikapipsel, Paprikaschnipsel.
Mama und Papa schwiegen beim Essen. Wiebke erzählte irgendeinen Käse aus ihrer Schule und verfiel dann ebenfalls ins Schweigen.
Nicht daß ich vorhatte, Vater zu werden, aber wenn doch, dann hätte ich dies stumpfe Futtern im Familienkreise nicht erdulden können. Wie im Kuhstall.
Vier Leute, die einander nichts zu sagen hatten, täglich dreimal versammelt an einem Eßtisch. Zum Kotzen.
In der Fahrschule saß die schöne Saskia abermals direkt vor mir. Wie sollte man sich dabei auf die Vorfahrtsregeln konzentrieren?
Die Ohrläppchen allein. An denen hätte ich gern geknabbert. Wie die wohl schmeckten? Und ob Saskia das gefallen hätte?
Wenn ich nicht so blöd gewesen wäre, wie ich war, dann hätte ich sie ansprechen können. Doch wie hätte ich das Heike verklaren sollen? »Du, ich habe da noch was mit ’ner anderen Frau, aber das hat nichts mit dir zu tun …«
Der Wirtschaftsredakteur Diether Stoltze hatte in der Zeit ein »Plädoyer für den besseren Mann« publiziert – einen Aufruf, Strauß zu wählen. Der stehe zwar in einem schlechten Ruf:
Doch die Vorstellung, Franz Josef Strauß sei irgendwo rechts vom Rande der Union aufgebrochen, um die Macht zu erobern, hält keiner Nachprüfung stand.
Ach nein? Und warum hatte er dann den Faschisten Pinochet hofiert?
Franz Josef Strauß steht für die bessere Politik. So ist er dann auch der bessere Mann.
»Als ob das ein Argument wäre«, sagte Mama. »Wenn das deren neue Linie ist, bestell ich dieses Käseblatt ab.«
Mit einer Masse Äpfel aus dem Garten fuhr Mama nach Bonn zu Renate und Olaf. Wiebke war »shoppen«, und ich hätte mir’s mit Heike schön gemütlich machen können in meinem Zimmer, wenn Papa nicht viel früher als sonst von der Arbeit gekommen wäre, in der finsteren Absicht, mich zur Gartenarbeit zu verdonnern.
Wow. Unkrautjäten statt Sex! Davon hatte ich schon immer geträumt.
Beim Abschiednehmen sah Heike mich mitleidig ein. Deren Eltern ließen uns bei meinen Besuchen einfach in Ruhe.
Auf dem Oktoberfest war eine Bombe explodiert: zwölf Tote und mehr als zweihundert Verletzte. Franz-Josef Strauß gab sofort dem liberalen Bundesinnenminister Gerhart Baum die Schuld, obwohl die Tat, wie sich schon bald herausstellte, das Werk eines Neonazis war, der sich dabei selber in die Luft gejagt hatte. Ein geisteskranker Anhänger der rechtsextremen »Wehrsportgruppe Hoffmann«.
Was hatte dieser Vollidiot sich davon bloß versprochen?
In »Chinatown« spielte Jack Nicholson einen Detektiv, der einer Riesensauerei auf die Spuren kam und derbe eins auf die Mappe kriegte. Den halben Film über lief er mit gepflasterter Nase herum.
Am besten gefiel mir die Szene, in der er in einem Archiv was aus einem Grundbuch herausriß und das Geräusch mit Husten übertönte.
Mit Heike hatte ich wieder ein längeres Palaver über ihre Gefühle für mich. Manchmal sei sie sich unsicher, ob wir wirklich zusammenpaßten. Ich sei viel sensibler als Werner, und das finde sie auch gut so. »Aber irgendwie wirkst du auch auf mich ganz oft auch so verschlossen, daß ich gar nicht mehr so richtig weiß, woran ich mit dir bin …«
Da sollte ich was zu sagen, doch mir fiel nichts ein. Verschlossen? Wieso? Nur weil ich lieber Taten sprechen ließ?
Von Bonn fuhr Mama am Montagmorgen weiter nach Melle zu Tante Gisela. Da wurde es jetzt ernst.
Axel Reinert hatte einen irre langen Artikel über die Grünen abgesondert, die die Auflösung der militärischen Bündnissysteme anstrebten und auf dem Prinzip der Gewaltfreiheit bestünden, wodurch jedoch das Recht auf Notwehr und sozialen Widerstand nicht berührt werde. Mahatma Gandhi und so weiter.
Hermann gestand ich, daß ich es nicht immer leichthätte mit Heike, und da packte er seinerseits aus, über die Beziehungsdiskussionen mit Astrid Kohler: Er müsse sich für jede Bagatelle rechtfertigen und nachträglich sein Verhalten erklären und Mißverständnisse ausräumen. Was er vor sechs oder acht Wochen gesagt
Weitere Kostenlose Bücher