Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Inzucht entstandener Schwachsinn? Schlappheit? Selbstkasteiung?
In Meppen ließ ich mich am Bauhaus absetzen und orderte ein Bier. Unter den dort herumliegenden Zeitschriften befand sich die neueste et cetera mit meiner sozialkritischen Norderney-Reportage, und auf der Seite, wo die anfing, stand unten gedruckt:
Hallo Martin!
Wer das wohl da hingeschrieben hatte? Mona Feddersen vielleicht?
Die meisten anderen Beiträge konnte man vergessen. Oder rissen irgendwen die Resultate eines Mittelstufen-Basketballturniers vom Stuhl? Oder die immergrüne Schülerlyrik?
Straßen, Autos, Wolkenkratzer und Fabriken.
Umweltverschmutzung, Lärm und Kritiken!
Was ist das für eine Welt, in der wir leben?
Wo alle nur nach Macht und Reichtum streben …
Ein Anonymus hatte das Vaterunser in ein Gebet an die Atomkraft umgedichtet:
Geheiligt werde deine Strahlung,
dein radioaktives Reich komme …
Olàlà. Ein schwerer Schlag für die Atomindustrie und deren Helfershelfer! Die Palme gebührte allerdings der Schülervertretung für ihren tiefschürfenden Artikel über das Kuchenangebot des Hausmeisters:
Im April dieses Jahres sandte der Landkreis Herrn Berthold ein Schreiben, in dem der Kuchen- und Getränkeverkauf an unserer Schule verboten wurde, weil den Bestimmungen des Schulgesetzes nicht mehr Genüge getan werde. Herrn Bertholds Einspruch bewirkte zwar eine Aufhebung des Verbots, doch mußte die Gesamtkonferenz über das Problem beraten.
Die hatten Sorgen!
Ein Vertreter des Landkreises war zugegen und erläuterte die Position des Schulträgers. Man erklärte, daß der Getränke- und Kuchenverkauf aus gesundheitlichen Gründen – lies: der Kuchen sei zu ungesund, der Getränkeverkauf zu umständlich – nicht mehr tragbar sei. Man beabsichtige den Getränkeverkauf auf Flaschenautomaten umzustellen und den Kuchenverkauf vollends abzuschaffen. Daraufhin setzte eine lange Diskussion ein, wie dick der Zuckerguß auf unseren Kuchen sein dürfe und wie gesund Hefe denn nun wirklich sei.
Mir wären dabei die Ohren abgefallen.
Die Umstellung des Getränkeverkaufs wurde aus folgenden Gründen als sehr ungünstig empfunden:
1) Die Kapazität der Automaten würde für den Ansturm am Anfang der Pause nicht ausreichen; der Hausmeister kann eine problemlose Abwicklung gewährleisten.
2) Die Automaten wären ständig kaputt.
3) Die Wartung würde mehr Zeit in Anspruch nehmen als die jetzige Form des Verkaufs.
4) Die Automaten würden eine Menge Dreck verursachen.
5) Die Schüler würden den Schulhof verlassen, um ihre Getränke beim Aldi zu kaufen.
Die Abstimmung ergab, daß das Lehrerkollegium sich mit großer Mehrheit gegen eine Umstellung auf Automaten aussprach. Die Schülervertretung schloß sich aufgrund des Beschlusses der SR -Sitzung vom 16. 3. der Mehrheit an.
Sternstunden des Parlamentarismus!
Das Kuchenagebot des Hausmeisters wurde einstimmig als nicht besonders nahrhaft befunden. Man lehnte es allerdings ab, den Verkauf einzustellen, da sonst viele Schüler in die Stadt abwanderten. Man einigte sich folgendermaßen:
1) Der Verkauf bleibt bestehen.
2) Es wird ein Ausschuß gebildet, der sich mit einem attraktiveren Angebot des Hausmeisters befaßt, was auch preislich für Schüler tragbar sein soll.
Für uns von der alten Garde war das Angebot immerhin attraktiv genug für einen Einbruch in den Kiosk gewesen.
Dieser Ausschuß besteht aus Lehrern und Schülern.
Blärks. Was mochten das für Schüler sein, die in ihrer Freizeit mit Lehrern übers Pausen-Happa-Happa debattierten?
Der Ausschuß tagte zweimal und beschloß, daß nach den Sommerferien verschiedene Waren wie Joghurt, Buttermilch, Brötchen und Hefekuchen in das Angebot aufgenommen werden sollten. Die Gesamtkonferenz vom 13. 8. nahm die Vorschläge des Ausschusses ohne Gegenstimmen an. Die SV hat jederzeit das Recht, Anträge zur Änderung oder Erweiterung des Warenangebotes vorzulegen. Saisonbedingt soll auch Obst angeboten werden.
Halleluja.
Zuhause war alles wie immer. Das Verrinnen der Zeit registrierte man in der Meppener Dammstraße nur Anfang Juli, wenn Mama den zweiseitigen, an die Küchenwand gepinnten Jahreskalender umdrehte, oder Anfang Januar, wenn der neue an die Wand kam. Die Jahreszeiten hätten auch Wiederholungen vom Vorjahr sein können.
Heike schüttete sich aus vor Lachen über Hermanns freudlose Altmänner- WG . Aus Bequemlichkeit in so ’ner Bude drinzubleiben, statt sich was Passenderes zu suchen, das sei nicht nur
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