Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Fall ist von der Veröffentlichung ausschließlich Ihr verstorbener Vater betroffen. Er allein könnte die Gründe angeben, weshalb er freiwillig aus dem Leben schied. Ich bedaure zutiefst den Tod Ihres Vaters und hoffe, daß Sie für unsere Ablehnungsgründe Verständnis haben werden …
In einem anderen Fall hatten sich zwei junge Brüder aufgehängt, und den reißerischen Bericht darüber hatte Bild mit einer Aufnahme illustriert, auf der man sah, wie sie am Strick hingen, sowie mit einem Foto der Mutter in dem Augenblick, als ihr von Bild die Todesnachricht überbracht worden war. Den Vorwurf, daß das eine eklatante Verletzung der Intimsphäre sei, hatte die Redaktion zurückgewiesen:
Um abzuschrecken, bleibt oft nur der Weg, Schreckliches zu zeigen. Man zeigt den Atompilz von Nagasaki, um vor Gefahren eines Atomkrieges zu warnen … Man zeigt Jesus am Kreuz, um daran zu erinnern, daß er für die sündige Menschheit gestorben ist …
Diese Lumpen waren nie um eine Ausrede verlegen.
Bei einem Einsatz in Nödike mußten Gerlinsky und ich einen Besoffenen bändigen, der mit einer blutenden Stirnwunde durch seine Wohnung torkelte und gar nicht richtig mitzubekommen schien, daß wir ihn verarzten wollten. Seine Frau lief händeringend hinter ihm her und machte auch nicht gerade einen stocknüchternen Eindruck. Links hatte sie ’n Veilchen sitzen.
Meppen, wie es keiner kannte. Außer natürlich den Rettungssanitätern, den Streifenpolizisten, den Unfallchirurgen und vielleicht noch den Beichtvätern und den Scheidungsanwälten.
Tante Hannas Lebkuchenpaket war das untrügliche Anzeichen dafür, daß das Christkind vor der Tür stand, und ich fuhr Weihnachtsgeschenke kaufen: Mama und Papa Weinbrandbohnen, Renate und Olaf Rotwein, Volker und Vera Weißwein und Wiebke Kinderschokolade. Hehehe.
Am tiefsten griff ich für Heike in die Tasche: Kafkas Werke in der siebenbändigen Fischer-Taschenbuchausgabe und dazu ’ne Riesenrolle Smarties.
Weil die SPD mich noch immer mit ihrem nichtsnutzigen Sozialdemokrat Magazin bemusterte, schickte ich ihr meine dritte Austrittserklärung. Einmal mußten sie es doch begreifen, diese Pfeifen.
Die Schneedecke wuchs. Von den Straßenzügen waren nur noch die Konturen zu erahnen, aber je weniger man von Meppen sah, desto besser.
Volker rief an und sagte, Vera und er hätten sich entschieden, Weihnachten in Hannover zu feiern. »Mama und Papa kannst du außerdem sagen, daß wir uns ’ne Spülmaschine schenken.«
»Und wo stellt ihr die auf? Bei dir oder bei Vera?«
»Bei Vera.«
»Wie ihr meint. Frohes Fest.«
»Ebenso.«
Den für Volker und Vera gedachten Weißwein konnte ich auch selber saufen.
Aus Bonn kamen die Blums in ihrem roten Käfer angefahren. Für den Befund, daß diese Kiste schon mal bessere Zeiten gesehen hatte, brauchte man kein Kfz-Mechaniker zu sein.
Klein-Lisa-Maus war am Jöseln, was angeblich daran lag, daß sie ihren ersten Zahn bekam.
Im Wohnzimmer wurde mit Sekt auf Olafs Examen angestoßen, das er mit der Note »gut« bestanden hatte. Jetzt wollte er seine Doktorarbeit konzipieren.
Als Renate ihren Pullover hochzog und Lisa an die Brust legte, ging Papa raus. Ihm mißfiel die neumodische Sitte, Säuglinge vor anderer Leute Augen zu stillen.
Die Bereitschaftsschichten von mittags bis morgens um acht waren wie geschaffen fürs Romanlesen.
Die Nebenwege der Spionage werden nicht von den lauten und farbenfrohen Abenteurern der Unterhaltungsliteratur bevölkert. Ein Mann, der wie Smiley jahrelang unter den Feinden seines Landes gearbeitet hat, lernt nur ein Gebet: daß man nie, nie auffallen möge …
Wie beim Bund: Wer auffiel, war gearscht.
Zu fortgeschrittener Stunde schlossen Gerlinsky & Co. einen Videorekorder an und legten eine Pornofilmkassette ein. Die Handlungsstränge, die es da zu geben schien, quittierten sie mit Johlen und Gelächter. Aus sicherer Entfernung riskierte auch ich einen Blick, und ich sah, wie eine Frau einen gereckten Pillermann umkrallte und wie die rosalackierten künstlichen Fingernägel sich ins Fleisch eingruben. Dann rückten die derben, haarigen, von der Frau manuell gespreizten Pobacken des Mannes in den Fokus, und all das bei lautem, aber völlig unmotiviertem Gestöhne und Geseufze seitens der Frau.
Wenn das Ganze appetitlicher gefilmt worden wäre, hätte ich auch nicht davon profitiert. Was sollte man denn beim DRK mit ’ner Erektion anfangen?
Nachts um zwei mußte ich mit Gerlinsky nach Esterfeld.
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