Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Hinsicht wurde jedenfalls weder von Bärbel noch von Edith eine weitere Anstrengung unternommen, und ich wäre der Letzte gewesen, der darauf gedrungen hätte.
In Münster fand ein mehrtägiger antiimperialistischer »Kongreß gegen die US -Intervention in Zentralamerika« statt, mit Vorträgen von Sandinisten und Befreiungstheologen. Dafür nahm ich mir Urlaub.
Als Teilnehmer wurde man von den Veranstaltern auf linke Wohngemeinschaften verteilt. Ich landete bei einem alleinstehenden Erdkundelehrer mit gelbgerauchten Fingerkuppen und durchgelegenem Gästebett, und wenn ich mir von dieser revolutionären Bildungsreise nebenbei ein Liebesabenteuer versprochen haben sollte, sah ich mich getrogen. Es gab langatmige Referate, Solidaritätsadressen, Unterschriftenlisten, Flugblätter, Buttons, Panflötenmusikkassetten und Kaffee aus Nicaragua, und abends hing ich bei dem Pauker rum, der mir von seinem Bandscheibenschaden erzählte. Da hätte ich doch lieber ferngesehen.
Das Erträglichste an den Meppenaufenthalten war das Zeitunglesen in der Badewanne. In einem Interview berichtete der Literaturwissenschaftler Hans Mayer von seiner ersten Begegnung mit Bertolt Brecht:
Und ich machte das Schlimmste, was ich machen konnte, ich sagte zu ihm, das Gedicht »Erinnerung an die Marie A.« sei doch sein bestes Gedicht. Brecht sah mich vernichtend an und sagte: »Das sieht Ihnen ähnlich.«
Was wohl so zu verstehen war, daß Brecht seine eigene Liebeslyrik weniger geschätzt hatte als seine politischen Gedichte. Aber hatten deren Imperative jemandem weitergeholfen?
Lerne, Frau in der Küche!
Lerne, Sechzigjährige!
Du mußt die Führung übernehmen.
Hausfrauen, die die Führung im Kreml übernehmen wollten! Da hätte Stalin aber schön gekuckt.
Papa war die Gallenblase herausoperiert worden. Der Fachausdruck dafür hieß Cholezystektomie.
Weitere News: Christiane, Onkel Walters Älteste, machte ihr Abitur, und Norman verkaufte in Basildon Heizungspumpen für Schwimmhallen und stotterte mit den Einkünften sein neues Haus ab. Was für mich kein Lebensziel gewesen wäre. Aber jeder nach seiner Façon.
Bei den niedersächsischen Landtagswahlen gab ich meine Stimme den Grünen, und sie kamen auf 6,5 %. Das waren elf Mandate.
Über die 50,7 % der CDU dachte man besser nicht nach.
In Stanley Kubricks Film »A Clockwork Orange« konnte man einem Haufen Arschgeigen bei Einbrüchen und Vergewaltigungen zusehen. Doch was hatte man davon?
Am Jahnplatz klapperte ein Fußsoldat des DPWV mit einer Sammelbüchse. Da mußte wohl jemand ’ne neue Büromöbelgarnitur abbezahlen, was? Wenn ich nicht ein so friedliebender Mensch gewesen wäre, hätte ich dem Typen seine Büchse aus der Hand geschlagen.
Nachdem ich mich auch durch die letzte Seite von Karl Marx’ Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie gefressen hatte, waren alle vorhergehenden aus meinem Gedächtnis gelöscht. Oder erschloß sich einem manches erst nach der Lektüre sämtlicher Marx-Engels-Werke?
Heike hatte das Buch »Die offene Ehe« gelesen und fand es gut. Ich lieh es mir aus.
Die Idee von der sexuell ausschließlichen Monogamie und dem gegenseitigen Besitzanspruch erzeugt eine tiefverwurzelte Abhängigkeit, kindische und kindliche Gefühle und Abhängigkeiten. Je unsicherer man sich fühlt, desto mehr neigt man zur Eifersucht.
So weit, so gut.
Man muß sich tatsächlich fragen, ob die Förderung der sexuellen Monogamie in einer so vielschichtigen und pluralistischen Gesellschaft wie der unseren, in der sich der Lebensstil ständig verändert, die Lebenserwartung steigt und Mann und Frau sich immer wieder an neue Situationen anpassen müssen, überhaupt noch daseinsberechtigt und lebensfähig ist.
Daran störte mich die Wortwahl: Wer hätte denn der Förderung der sexuellen Monogamie die »Daseinsberechtigung« entziehen und die »Lebensfähigkeit« aberkennen sollen? Das Liebeserklärungsamt?
In der offenen Ehe, in der jeder der Partner seiner eigenen Identität sicher ist und dem anderen vertraut, wird es immer neue Möglichkeiten für zusätzliche Beziehungen geben.
Gegen zusätzliche Beziehungen meinerseits hätte nicht viel gesprochen. Aber ein Techtelmechtel zwischen Heike und einem anderen Mann? In der Realität wäre das anders abgelaufen als auf ’m Papier.
Die halbe Bielefelder Altstadt sollte abgerissen werden und Neubauten sowie einer Hochstraße weichen, dem sogenannten Ostwestfalendamm. Dagegen wehrten sich diverse Hausbesetzer, und in
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