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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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einem der besetzten Häuser hielt der Schriftsteller F. C. Delius eine Lesung ab, für die er noblerweise kein Honorar verlangte. Was der sonst wohl so verdiente mit ’ner Lesung? Einen Tausender?
    Damit das Wochenende schon am Freitagmittag anfangen konnte, hatte man von Montag bis Donnerstag jeweils zehn Stunden lang Dienst, von acht bis achtzehn Uhr. Mit Pausen, aber eben doch zehn Stunden, und die konnten lang werden wie Ankerketten.
    Ich reiste nach Osnabrück zu Konsultationen mit Hermann. Ein erstes greifbares Resultat war der Entschluß, eine Kiste Bier kaufen zu gehen. Daran schleppte man sich auch zu zweit gehörig ab.
    Er lasse sich demnächst ’ne Pipeline zum Getränkegroßmarkt legen, sagte Hermann, bevor wir auf seinem Balkon in den uferlosen Themenkomplex Astrid/Medizinstudienplatz/Freiburg/Zweisamkeit einstiegen. Nach einer intensiven Erörterung aller Aspekte des Falles wollten wir die Weltpresse vorerst nur wissen lassen, daß noch nicht aller Tage Abend sei.
    Und unsere Urlaubspläne? Amsterdam war gebongt, und für den Sommer visierten wir eine große Radtour an. Oder lieber aufs Geratewohl irgendwohin trampen?
    Als sich die Mitbewohner regten und es draußen auch zu klamm geworden war, gingen wir in Hermanns Zimmer, und er las mir was von seinem neuen Lieblingsdichter vor. Charles Baudelaire: »Les Fleurs du Mal« – »Die Blumen des Bösen«.
    Dis-moi, ton cœur parfois s’envole-t-il, Agathe,
    Loin du noir océan de l’immonde cité,
    Vers un autre océan où la splendeur éclate,
    Bleu, clair, profond, ainsi que la virginité?
    Dis-moi, ton cœur parfois s’envole-t-il, Agathe?
    »Und was heißt das?«
    Hermann räusperte sich und hub an: »Sage mir, dein Herz, fliegt es manchmal fort, Agathe … oder schwingt es sich zuweilen auf … ja, das paßt besser. Also: Sage mir, dein Herz, schwingt es sich zuweilen auf, Agathe … fern vom schwarzen Ozean der unreinen Stadt … oder auch der ekelhaften Stadt … einem anderen Ozean entgegen, aus welchem der Glanz hervorstrahlt … blau, klar und tief … oder tiefgründig … so wie die Jungfräulichkeit? Sage mir, schwingt sich dein Herz zuweilen auf, Agathe?«
    Später, beim Kiffen, meldete sich auf einmal die Erinnerung an ein Kinderbuch, das in Italien spielte und in dem ein Esel mit einer Witterung für nahende Vulkanausbrüche vorkam. Aber wie das Buch hieß und wer’s geschrieben hatte – weg.
    Ich fragte Hermann nach seinen eigenen alten Erinnerungen, und er punktete nur mäßig mit dem Detail, daß unser Lehrer Wolfert seine Bücher immer in Packpapier eingeschlagen habe. Vermutlich, um sie vor dem Fett vom Pausenbrot zu schützen.
    Nach einem würzigen Katerfrühstück streiften wir durch Osnabrück. Ich hatte ja inzwischen so meine Zweifel am Nutzwert dieser mittleren Provinzgroßstädte, die sich von Kleinstädten nur durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen unterschieden, anders als Hamburg oder Berlin.
    Im Kino lief der Werner-Herzog-Film »Aguirre, der Zorn Gottes«. Goldgeile Konquistadoren suchen am Amazonas nach dem sagenhaften Lande Eldorado und gehen dabei vor die Hunde. In der Titelrolle: Klaus Kinski, der Geistesgestörte vom Dienst. Die deutsche Antwort auf Jack Nicholson.
    Von Hermann erfuhr ich dann noch, daß der Hilbrich, bei dem ich in Meppen mal Sozialkunde gehabt hatte, jetzt an einer Schule in Bielefeld unterrichte. Den könne ich doch mal besuchen.
    Am Montag saß ich wieder an der Adrema. Ob die jungen Eltern diese Briefe wohl überhaupt lasen? Oder wanderten die alle gleich zum Altpapier?
    Ich brachte es nicht fertig, Mona zurückzuschreiben. Zwei-, dreimal setzte ich dazu an, aber der Zwang, in irgendeiner Weise ihr Liebesglück zu würdigen, lähmte meine Kräfte.
    Dafür schrieb ich Julia. Die brauchte nicht zu glauben, daß sie mich schon völlig abgewimmelt hätte.
    In die Wohnung neben der von Heike und Steffi waren eine Ute und ein Tilman eingezogen, und mit denen machten sie eine WG auf, was ganz einfach war, weil es einen gemeinsamen Flur gab.
    Ute und Tilman kamen aus Minden und wollten »Pädagogik auf Lehramt« studieren. Wenn meine Beobachtungen repräsentativ waren, stand dem Arbeitsmarkt eine neue Lehrerschwemme bevor.
    Einmal klagte mir ein vergrippter Jugoslawe, der sich in mein Büro veirrt hatte, sein Leid: Er habe sechs Kinder und sei seit vier Monaten arbeitslos und am Morgen mit seinem letzten Geld von Düsseldorf hierhergefahren, weil er gehört habe, daß es in Bielefeld offene Stellen

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