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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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mehr«, sagte Bärbel, und Edith pflichtete ihr bei.
    Zur Verteidigung brachte ich vor, daß ich entgegen dem Anschein auch anderes als mein eigenes Geschirr gespült hätte, nur eben nicht alles …
    Um solche Mißverständnisse zu vermeiden, sollten wir nach Bärbels Meinung klarere Absprachen treffen und vielleicht auch mal zusammen ausgehen. »Zum Beispiel jetzt sofort!«
    So kam es, daß wir uns in einer Studentenkneipe wiederfanden und bei Wein und Bier den Plan faßten, in Zukunft einmal die Woche gemeinsam einkaufen zu gehen, eine WG -Kasse einzuführen, ein Kassenbuch anzulegen und allgemein ein gedeihliches Miteinander anzustreben.
    Was es denn zu feiern gebe, fragte ein Fremdling, der uns anstoßen sah, und Bärbel beschied ihn: »Wir haben gerade beschlossen, daß wir uns lieben!«
    Weil ich Pakete für irgendwelche Tochterfilialen der AWO ausfahren sollte, nahm Frau Perlacher mich ins Parkhaus mit, wo der Dienstwagen abgestellt war, ein altersschwacher R4, mit dem ich dann aber so einigermaßen zurechtkam. Die Kalamitäten fingen erst nach gut zwei Kilometern an: Im dicksten Stadtverkehr soff mir der Motor ab, vor einer Ampel, und es war rein gar nichts mehr zu machen außer Aussteigen und Schieben, während hinter mir und neben mir die Hupen ertönten und ein typisch ostwestfälischer Pißregen fiel.
    Ein freundlicher Fußgänger eilte mir zu Hilfe, und wir schoben den Wagen an den Straßenrand. Dann fuhr ich mit dem Bus zurück und unterrichtete Frau Perlacher von dem Zwischenfall.
    Das komme schon mal vor, erklärte sie und nahm mich in ihrem Privatfahrzeug zur Unglücksstelle mit. Dort setzte sie sich ans Steuer des R4 und drehte den Zündschlüssel rum. Und der Motor sprang an! Als ob er nie gestreikt hätte!
    Nach diesem peinlichen Intermezzo verfuhr ich mich grausam, lieferte aber alle Pakete korrektemang aus und wollte am Ende schnellstmöglich im Parkhaus verschwinden. Dazu mußte ich allerdings auf die andere Straßenseite. Leider verlief die Hauptstraße zweispurig auf jeder Seite, in der Mitte dengelten die Straßenbahnen, überall funkelten Ampeln, der Regen gallerte – hinter mir Gehupe, vor mir Bremslichter – Kreisverkehr – Einbahnstraßen – Einordnen – Gegenverkehr – Auspuffgestank – weiße Pfeile – Spurwechsel – und alle Augenblicke konnte diese fluchwürdige Kiste wieder liegenbleiben! – falsch eingeordnet – Blinken – Spurwechsel – wieder falsch eingeordnet – nein, doch richtig – ein Mercedesfahrer zeigte mir ’n Vogel –
    Nach einer halben Stunde des Gebrumms kam ich am Parkhaus an, fuhr zur Schranke vor, kurbelte das Fenster runter, steckte den Parkschein in den Automatenschlitz und wartete darauf, daß die Schranke hochging.
    Was sie aber nicht tat.
    Beim Warten hatte ich Gesellschaft, denn es wollten noch viele andere Autofahrer ins Parkhaus. Von denen hupten auch schon wieder welche, und da kapierte ich erst, daß ich vor der falschen Schranke stand – hier ging es hoch zum ersten Stock, und ich mußte in die Kelleretage. Vorwärts konnte ich nicht, da war die Schranke vor, zu beiden Seiten ragten Mauern auf, so daß ich auch nicht wenden konnte, und rückwärts ging es auch nicht, weil hinter mir schon alles voll mit Autos war – eine Riesenschlange, und am Steuer Wüteriche, die ihre Hupe, ihr Warnblinklicht, ihr Fernlicht und ihre Stimmbänder strapazierten, um mich zu verjagen.
    Zu meiner Rettung erschien schließlich ein wild gestikulierender Mensch von der Parkhausaufsicht, und der dirigierte die Kolonne so weit nach hinten, daß ich zurücksetzen, seitwärts ausscheren und den Berufsverkehr die Gasse hoch an mir vorüberdampfen lassen konnte. Äff!
    Am Feierabend stand mir noch der Einkaufsgang mit Bärbel und Edith bevor. Die hatten sich offenbar auf eine Art Vergnügungstour eingestellt, mit ganz viel Zeit und weitschweifigen Diskussionen: Pflanzenöl oder Biskin? Sind Reibeplätzchen noch zeitgemäß? Der Grießpudding – Fluch oder Segen? Pro und contra Parmesankäse. Paßt Eiersalat in jede Jahreszeit? Und kennt jemand ein gutes Heidelbeersuppenrezept?
    Mama war nun wieder in Meppen. Aber ob es ihr da besser gefiel als im Krankenhaus?
    Von Dostojewski wechselte ich zu Tolstoi über.
    Die äußeren Formen, in denen das sogenannte glückliche Familienleben sich abzuspielen pflegt, sind überall die gleichen, das unglückliche dagegen verläuft in jedem einzelnen Falle auf eine besondere und einmalige Art …
    Ein schwungvoller Beginn.

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