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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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lassen. »Halt die Fresse, du verdammte Hure«, sagte der und knallte seinen Ranzen irgendwohin.
    Herr der Welt! Was war denn das für ’ne Familie?
    Carstens Photonen hatten sich bereits so weit gesetzt, daß er Bier trinken konnte. In seinem rummeligen Zimmer standen mehrere angebrochene Sixpacks, und wir stießen an.
    »Auf die Willensfreiheit«, sagte Carsten.
    Aber gab’s die überhaupt? War nicht alles im Leben vorherbestimmt? Wenn ein Regentropfen auf die Erde fiel, dann blieb ihm ja auch nicht die Wahl zwischen Verdunsten und Versickern. Der mußte sich nach den chemischen, physikalischen und meteorologischen Vorgaben richten. Und die Gedanken, die der Mensch sich über seine Willensfreiheit machte, gingen doch gleichfalls auf Naturnotwendigkeiten zurück, also auf biologische und chemische Prozesse im Gehirn. Und deren Abfolge richtete sich wiederum nach unumstößlichen Naturgesetzen. Wo hätte da noch Platz für sowas wie die Willensfreiheit sein sollen?
    Carsten dachte darüber anders. »Wenn es dir mit diesen Thesen ernst wäre, dann würdest du einem nachgerade vor-newtonschen Determinismus huldigen«, sagte er und holte zu einer längeren Darlegung aus, die am Ende das ganze Weltall umfaßte. In einem gekrümmten, nicht-euklidischen Universum käme man mit einer immer geradeausfliegenden Rakete nach einigen Milliarden Lichtjahren wieder am Ausgangspunkt an.
    »Und was ist jenseits des gekrümmten Raums?«
    »Nichts.«
    »Aber wenn ich an einer Stelle, wo der Raum sich krümmt, den Kurs meiner Rakete korrigiere und zum Beispiel steil nach oben fliege, um die Kuppel des Alls zu durchstoßen, wo lande ich dann?«
    »Du gehst von falschen Voraussetzungen aus. Das Weltall hat keine Kuppel. Du würdest irgendwann an deinen Ausgangspunkt zurückkehren.«
    »Das heißt, daß wir im All gefangen sind.«
    »Ja, aber in einem unendlichen.«
    »Aber wie kann das Weltall unendlich sein, wenn man es sich so ähnlich wie ’ne Kugel vorzustellen hat? Dann müßte sich doch sogar die genaue Kubikmeterzahl des Weltalls errechnen lassen.«
    »Wenn das ginge, hätten es die Wissenschaftler schon getan.«
    »Und warum tun sie’s nicht?«
    »Weil’s eben nicht geht. Weil das Weltall unendlich ist.«
    »Wir drehen uns im Kreis.«
    »Genau wie die Raumfahrer …«
    So kamen wir nicht weiter. Um wieder Schwung in die Sache zu bringen, setzten wir uns im Wohnzimmer vor den Fernseher. Freitag war ja Stan-und-Ollie-Tag, und Ollie kriegte gerade einen Eimer Farbe über den Kopf, als Carstens Vater in die Stube trat und bellte, daß wir »die Scheiße da abstellen« sollten.
    Nachdem sich auch Carstens warzige, durch und durch unfrohe, körperlich nahezu quadratische Mutter in mein Personengedächtnis eingegraben hatte, wollte ich von Löhne endgültig nichts mehr sehen. Das einzige, was dieser Stadt noch helfen konnte, war eine Radikalkur. Evakuieren, niederbrennen und einplanieren. Und die Einwohner in die Leibeigenschaft überführen.
    Auf der löchrigen Schaumgummimatratze, die Carsten mir in seinem Zimmer hingelegt hatte, fand ich nur wenig Schlaf. Am Frühstück nahm ich nicht mehr teil. Lieber mit leerem Magen auf freiem Fuß als noch ’ne halbe Stunde in dieser Familienhölle.
    Ich wollte nach Göttingen weiter, zu Hermann, der sich da inzwischen als VWL -Student eingeschrieben hatte. VWL : Volkswirtschaftslehre.
    Beim Trampen nahm ich den riesigen Umweg über Hannover in Kauf, um auf der Autobahn bleiben zu können, und ich kam auch sehr gut weg. Das Schlauchigste waren die immergleichen Gespräche mit den Fahrern.
    »Wo kommst ’n du her?«
    »Aus Bielefeld.«
    »Student?«
    »Nee, Zivildienst.«
    »Wo d’n da?«
    »Arbeiterwohlfahrt.«
    »Und was machste da so?«
    »Hauptsächlich Büroarbeit.«
    »Und is’ das gut?«
    »Geht so. Könnt’ mir schon was Schöneres vorstellen.«
    »Und wie lange mußte das noch machen?«
    »Bis Januar.«
    »Und dann?«
    »Mal sehen …«
    »Na, da sollte man schon mal ’n Gedanken dran verschwenden, gerade in der heutigen Zeit …«
    Ich sah’s ja ein. Es war aber auch verzwickt: Da stand man nun mit dem Geschenk des Lebens in der Landschaft, ohne daß man darum gebeten hatte, und wehe, man erwies sich dessen nicht als würdig!
    Man sollte was lernen. Ja. Aber wollte ich wirklich studieren? Und jahrelang in diesen Bielefelder Betonklotz rennen? Es gab ja auch noch andere Unis. In Hannover zum Beispiel. Oder in Berlin.
    Was ich auch nicht gut abkonnte, waren Fahrer, die beim

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