Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
vierbändigen Ausgabe der Schriften von Hans Habe beschonken. War das nicht so’n ultrarechter Springerjournalist?
Dem Gedenken an Ostpreußen, das ja auch nicht zu kurz kommen sollte, diente eine von Oma Schlosser für Papa kopierte Stadtansicht von anno 1629: Schloß und Dom zu Marienwerder. Die Häuser wie Küken gedrängt an den wuchtigen Dom. Aus Marienwerder waren die Schlossers im Januar ’45 geflohen.
Von seinen Geschwistern hatte Papa Geld für ein Gewächshaus bekommen, das er irgendwann mal bauen wollte, und von Tante Hanna einen Sack mit biologischem Dünger.
Als alles ausgepackt war, schüttelten die Blums noch ein As aus dem Ärmel: Renate war wieder schwanger. Zweiter Monat. Familienzuwachs im Juli.
Mama und Papa sahen aus wie vom Donner gerührt. Um die Schreckensstarre zu lösen, wurde eine Flasche Eierlikör gekillt, und dann begann die Fragestunde: »Und was glaubt ihr – Junge oder Mädchen?« – »Habt ihr euch schon Namen überlegt?« – »Und wie läßt sich das mit euern beruflichen Plänen vereinbaren?« – »Dürfen das die anderen Verwandten schon erfahren?« – »Ist denn dafür Platz genug in eurer Wohnung?« – »Soll auch dieses Kind in Siegburg auf die Welt kommen?« – »Und was glaubt ihr, wie Lisa das finden wird?«
Papa sagte, die Parole »Seid fruchtbar und mehret euch« stamme aus einer Zeit, in der die Erde noch nicht so dicht besiedelt gewesen sei wie heute.
Wiebke und Renate häkelten dann noch Behänge für die Glasscheiben in Oma Jevers Küchenschrank, und so nebenbei erfuhr man von weiteren bahnbrechenden Veränderungen: In Lingen wurde ein neues Kernkraftwerk gebaut, das KKW Emsland, und das Kreisgymnasium hieß jetzt Windthorst-Gymnasium, benannt nach dem Politiker Ludwig Windthorst, der in der Bismarckzeit mal irgendwas in Meppen ausgefressen hatte.
Von der Mischung aus Eierlikör, Mandarinen, Nüssen, Spekulatius, Lebkuchen und Toblerone konnt’s einem kodderig werden, wenn man sich zuviel davon einfüllte.
Mama fuhr am ersten Feiertag nach Jever und nahm neben den Behängen auch ein Buch für Oma mit, nämlich »Blumen für Stukenbrock«, den ungelesensten Bestseller des Jahres.
Papa im Keller, Wiebke bei ’ner Freundin, Volker bei seinem Gspusi, Mama on the road und die Familie Blum im Garten am Schneemannbauen – auf günstigere Rahmenbedingungen für ein Wannenbad hätte ich lange warten müssen. Zur Vervollkommnung der Labsal nahm ich mir zwei Flaschen Bier mit und zum Lesen Hans Habe, doch von dessen Deutsch bekam ich Zahnweh.
Der sozialistische Schriftsteller Martin Walser, der über das Schreiben leider das Denken verlernt hat …
Während Hans Habe über das Schreiben sogar dem Dativ verlernt hatte.
Länger als die Cocktail-Gastgeber werden die Molotow-Cocktail-Brauer ihr Süppchen der Gewalt am Herd des Symbols kochen.
Das Süppchen der Gewalt am Herd des Symbols – und davon konnte man leben?
In seiner Eröffnungsrede zum »Neunten Deutschen Edelsteintag« hatte Habe den linken Zeitgeist in die Schranken gefordert:
Ich weiß, was der edle Stein in der Hand des Entdeckers, des Künstlers, des Juweliers bedeutet, aber für mich wird er erst wertvoll an der Hand der Frau. Das aber ist die dunkle Zeiterscheinung, daß heute Mut dazu gehört, Juwelen zu tragen.
Wenn auch wohl weniger auf dem Deutschen Edelsteintag in Düsseldorf als beispielsweise in der Bronx. Geradezu todesmutig wäre Habe selbst gewesen, wenn er dort den Slumbewohnern zugerufen hätte: »Seid mutig – tragt Juwelen!«
Alle Viertelstunde bimmelten Weihnachtssinger an der Haustür und quinkelierten sich was zusammen. Konnte denen nicht mal irgendwer schonend beibringen, daß ihre Kantaten dem Durchschnittsbürger in etwa so willkommen waren wie ein rostiger Nagel im Knie?
Aus Jever brachte Mama die Kunde mit, daß der Dellbrügge im aktuellen deutschen »Who’s who« vertreten sei. Mit einem Porträtfoto. Dafür müsse man zahlen! Aber diese Auslage sei dem alten Gernegroß die Sache anscheinend wert gewesen.
Giselas Neuer habe sich nahtlos in die Familienrunde eingepaßt. Nur mit Omas krummscheibeligen Weihnachtsbaumkerzenhaltern, das könne so nicht weitergehen. Die würden in sämtliche Himmelsrichtungen ragen, und es sei ein mittleres Wunder, daß es da noch keine Feuersbrunst gegeben habe.
Von Jever aus hatte Mama dann Tante Therese noch nach Bremen zum Flughafen chauffiert.
Abends hatte Mama wieder böse Rückenschmerzen, und es paßte ihr nicht, daß
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