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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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nicht Simon«, versuchte ich einen Scherz.
    »Warst du in der Wohnung des Toten?«
    »Ja.«
    »Wer weiß das?«
    »Die Widmanns.«
    »Wer noch?«
    »Du!«
    Er schwieg.
    »Außer den Widmanns war niemand da. Später kam eine Mutter mit ihrer Tochter, aber da bist du mit deiner Kollegin in den Hof gefahren. Ich saß mit den Widmanns bei Kaffee und Kuchen im Garten.«
    »Ich weiß.«
    »Du hast mich erkannt.«
    »Ja. Aber ich habe erst im Wald begriffen, dass du das warst.«
    »Ich wünschte, ich wäre nie auf diese idiotische Idee mit dem Haus gekommen. Es war sowieso alles umsonst, ich krieg das Haus nicht. Ohne das Haus wäre ich niemals so oft in der Gegend gewesen! Ich bin keine Hobbydetektivin! Okay, ich schau gern Krimis an im Fernsehen, aber ich würde doch nicht im Traum auf die Idee kommen, selbst irgendwas zu ermitteln.«
    »Und Yvonne Paulus?«, fragte Felix scheinbar gelangweilt, doch ich hörte ein Lauern in seinem Tonfall.
    »Das war ein Zufall.«

    »Du hast sie an der Haustür befragt.«
    »Ja und?«
    »Du hast dich als Polizistin ausgegeben!«
    »Sie hat mich für eine gehalten.«
    »Das ist Haarspalterei.«
    »Nein, die Wahrheit.«
    »Ist das etwa keine Privatermittlung?«
    »Wenn es verboten wäre, hättest du mich wohl schon längst verhaftet?«
    »Frau Paulus hat mir das …, nun«, er räusperte sich, »privat erzählt.«
    Ich starrte ihn an. Privat erzählt? Was bedeutete das? Und was bedeutete es, dass mir das egal war? Offenbar interessierte ich mich nicht mehr für Felix. Alles, was ich wollte, war Flipper.
    »Ich habe mir das so erklärt, dass diese, wie soll ich sagen, Erkundigungen, dir dabei helfen, das Geschehen zu verarbeiten«, erklärte Felix. »Manche Menschen reagieren so. Es hilft ihnen, wenn sie so viele Informationen wie möglich sammeln. Andere wollen gar nichts wissen.«
    Wahrscheinlich hätte ich mich jetzt bei ihm bedanken sollen. »Lernt man so was im psychologischen Unterricht?«, ranzte ich ihn stattdessen an.
    Felix schaute genervt aus dem Fenster.
    »Entschuldigung«, sagte ich. Es fiel mir relativ leicht. Ich war zu schwach zum Streiten. »Ich will mich nie, nie, nie mehr einmischen!«, versprach ich. »Ich kann doch nichts dafür, dass mir die Wohnung gekündigt wurde. Alles, was ich will, ist … meinen Flipper«, schluchzte ich. Ich konnte es nicht unterdrücken. Seit gestern hatte ich mehrere tränenfreie
Jahre nachgeholt und würde, wenn das so weiterging, wohl weit in meine Zukunft vorweinen.
     
    Nach zwei Espresso und einem Telefonat mit Moppelchen, wozu Felix nach draußen ging, begann er mit seiner Befragung. Ich erzählte alles haarklein. Dann zog Felix eine Plastiktüte aus seiner Hosentasche und verpackte den Brief mitsamt Kuvert. »Ich bring das gleich noch weg. Der Brief ist persönlich eingeworfen. Das ist gut für uns. Morgen ruf ich dich an. Wenn Flipper vorher auftaucht …«
    »Melde ich mich.«
    »Brauchst du eigentlich meine Fingerabdrücke?«, fragte ich. »Ich habe den Brief und das Kuvert schließlich angefasst. «
    »Das machen meine Kollegen vom K3. Am besten, du kommst morgen früh zur Spurensicherung. Ich schreib dir eine Telefonnummer auf.«
     
    Abends um halb elf klingelte es. Ich rannte zur Tür. Felix! Ohne Flipper. Mit zwei Pizzakartons.
    »Du hast bestimmt noch nichts gegessen?«
    »Ich hab überhaupt keinen Hunger.«
    Wir saßen auf dem Boden neben Flippers Korb, und ich erzählte von dem Fiepen im Gebüsch und wie das kleine schwarze Flaumbündel mir mit seiner heißen Zunge die Hände abgeschleckt hatte. Und ich erzählte ihm, dass Flipper seinen Namen von meiner besten Freundin Lara bekommen hatte. Die zu den Delfinen wollte nach Amerika und mit kranken Kindern arbeiten. Mit dünnen vor allem. Mit so dünnen Kindern, wie sie selbst eins war. Es war toll, dünn zu
sein. Und Lara war die Allertollste. Ich erzählte Felix nicht, dass ich mit Lara um die Wette gehungert hatte. Ich erzählte ihm nur von Laras Sieg. Sie gewann so hoch, dass ich sie nie mehr würde einholen können. Sie gewann mit einunddreißig Kilo. Und ich wollte nie wieder eine Freundin.
    »Ich will nie wieder einen Hund«, sagte Felix.
    »Ich habe es gespürt«, sagte ich. »Als du das Halsband im Tierladen in der Hand hattest. Flipper hat es auch gemerkt. Eigentlich hat er es vor mir gemerkt. Dann habe ich es gesehen. «
    »Du bist sehr aufmerksam, Franza.«
    »Du auch«, erwiderte ich, und da fiel mir der Opa ein und das, warum ich den Kommissar gestern Abend nach

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