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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Haimerl mich. Monster kläffte meine Wade an.
    »Haben Sie Flipper gesehen?«
    Frau Haimerl dachte nach. »Monster, haben wir den Flipper gesehen?« Dann schüttelte sie den Kopf. »Ist denn jemand läufig?«
    Das muss es sein , dachte ich, hoffte ich, beschwor ich den Himmel. Er kann nichts dafür, wenn er das tut. Er ist triebgesteuert. Er kann dann nicht mehr klar denken .
    »Vielleicht die Luna?«, überlegte Frau Haimerl. »Die mag
er ja besonders gern. Wie mein Monster. Die hat so was Keckes, finden Sie nicht auch?«
    »Ja sicher«, murmelte ich. Luna? Dieser frisbeesüchtige Apportierjunkie?
    »Also ich halte die Augen offen und erkundige mich.«
    »Danke.«
    »Der kommt schon wieder, Frau Fischer. Der ist doch immer wiedergekommen.«
    »Er ist noch nie weggelaufen!«
    »Irgendwann ist immer das erste Mal.«
     
    Um acht Uhr, in das Glockengeläut der Mariahilfkirche, meldete ich mich in drei Sportstudios krank. »Nein, ich habe keine Vertretung organisiert, mir geht es beschissen.«
    »Was fehlt dir denn, Franza?«
    Mein Herz ist gebrochen, dachte ich. »Mir ist kotzübel«, sagte ich. »Irgend so ein Darmvirus.«
    »Kurier dich gut aus und komm bitte erst, wenn du wirklich fit bist.«
     
    Ich fragte im Blumenladen und im Zeitungsladen, in der Eckkneipe, wo schon um diese Uhrzeit die ersten Biere und Schnäpse auf dem Tresen standen, und beim Tengelmann. Beim Bäcker kaufte ich eine Breze und gab mich für ein paar Sekunden der Illusion hin, alles sei normal. Doch vor der Bäckerei wartete kein schwarzer Riese.
    Ich trank zwei Tassen Cappuccino und tröstete mich mit all den Geschichten, die ich irgendwann mal gehört hatte von Hunden, die Tausende von Kilometern nach Hause gelaufen waren oder bei ihren toten Frauchen und Herrchen
ausgeharrt hatten, von Hunden, die Leben retteten, und überhaupt war Flipper viel zu groß, um überfahren zu werden. Monster wurden überfahren, aber keine Flipper.
    Ich rief beim Tierheim an. »Leider negativ. Aber das sagt gar nichts. Sie müssen noch ein bisschen Geduld haben.«
     
    Ich radelte nach Schwabing und blieb eine Stunde in der Gegend, wo mein Auto geparkt war. Ich hatte mal gelesen, ein Hund würde immer dorthin zurückkehren, wo er seine Bezugsperson zum letzten Mal gesehen hatte. Ich rief erneut beim Tierheim an und ging persönlich zur Polizei am Englischen Garten. Immerhin, sie hatten meinen Anruf ordnungsgemäß aufgenommen und wussten Bescheid. »Wir rufen Sie an, wenn wir den Hund finden.«
    »Flipper.«
    »Ja, das ist vermerkt, Frau Fischer. Ein blaues, ein braunes Auge.«
    Ich radelte nach Hause, trug Frau Feigl auf, Ausschau zu halten, und radelte wieder in die Franzstraße. Ich klingelte an allen Häusern, bat die Mieter, mich in ihre Keller zu lassen und kontrollierte Garagen. Seltsamerweise waren alle sehr nett zu mir. Als ich mich zufällig in einem Garderobenspiegel sah, konnte ich mir schon vorstellen, warum. Ich schaute erbärmlich aus. Es war mir gar nicht aufgefallen, wie viel ich geweint haben musste. Ich bot ein Bild des Elends. Irgendeine nette Frau riet mir, Öffentlichkeit herzustellen. Sie kochte mir Kamillentee, weil der ein hohes Trostpotenzial habe, und drückte mir die Telefonbücher in die Hand. Ich rief bei sämtlichen Radiosendern Münchens an und flehte, sie möchten eine Suchmeldung durchgeben. Ich
rief auch bei TV München an und beim Bayerischen Fernsehen und wurde wie eine Idiotin abgewimmelt. Niemand glaubte mir, wenn ich behauptete, mein Hund würde nicht weglaufen.
    »Kann er denn gestohlen worden sein?«, fragte ich beim Tierheim, wo sie mich nun schon an der Stimme erkannten.
    »So etwas ist nur bei Katzen bekannt«, erfuhr ich.
    Gegen sechs abends kam ich nach Hause. Kein Flipper lag vor der Terrassentür, freundlich hechelnd. Na Chefin, auch mal wieder da? Mach mir mal ne Dose auf!
    Ich leerte meinen Briefkasten, Telefonrechnung, Werbung, ein braunes Kuvert ohne Briefmarke. Mechanisch riss ich es auf.
     
    »Ein Erpresserbrief!«, schrie ich Felix Tixel ins Ohr. »Aus Zeitungsbuchstaben!«
    »Frau Fischer, bitte beruhigen Sie sich!«
    »Wie denn! Flipper ist weg!«
    »Ja, das habe ich verstanden, bitte Frau Fischer, Sie haben also einen Erpresserbrief mit Zeitungsbuchstaben.«
    »Ja! Wie im Fernsehen!«
    Im Hintergrund hörte ich eine Frau lachen. Moppelchen, wer denn sonst. Er telefonierte über Lautsprecher! Jetzt hörte ich es auch an seiner Stimme.
    »Frau Fischer, Entschuldigung, aber ich glaube, da erlaubt sich

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