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Alle Wege führen nach Rom

Alle Wege führen nach Rom

Titel: Alle Wege führen nach Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Seipolt
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Birnmoser.
    »Am besten bis zum Ordensgeneral.«
    Das sei nicht leicht. Er wolle sehen, ob es
möglich sei. Handle es sich denn wirklich um eine höchst wichtige Sache?
    »Um eine höchst wichtige.«
    »Dann in Gottes Namen«, sagte Birnmoser und
verschwand in der Pfortenstube.
    Schwester Annaberta war mit dem Fräulein allein. >Jetzt
könnte ich sie eigentlich auf ihr ungebührliches Benehmen dem Primizianten
gegenüber aufmerksam machen<, sagte sie sich. Schließlich gehört das zur
Pflicht einer geistlichen Person!
    »Gestatten Sie mir bitte eine Frage, gnädiges
Fräulein«, begann sie sehr diplomatisch, »Fräulein — ich weiß leider Ihren
Namen nicht.«
    »Eva Süß, Studentin der Medizin«, antwortete sie
freundlich.
    »Süß — ?« Annaberta taumelte leicht vor
Überraschung. »Dann sind gnädiges Fräulein wohl gar mit dem hochwürdigen Herrn
Primizianten verwandt?«
    »Wenn Sie das so nennen wollen: ich bin seine
Schwester«, sagte Eva und lächelte. »Das haben Sie sich doch hoffentlich gleich
gedacht?«
    »Nicht gleich«, gestand die Schwester ehrlich.
    »Sie wollten mich etwas fragen«, erinnerte
Fräulein Süß nach einer gewissen Weile.
    »Ach ja — ich wollte fragen, ich wollte fragen — warum
Sie an allen Reliquien zweifeln?«
    »An allen nicht, aber an vielen. Vielleicht hätte
ich nie Anatomie studieren sollen. Das läßt sich nicht mehr rückgängig machen.
Und nun muß ich halt meine Skepsis mit mir herumschleppen wie manche
unglückliche Seele ihren Aberglauben. Doch dort kehrt unser Kavalier zurück.
Nun, klappt es mit dem General?«
    »Es klappt!« meldete Birnmoser halb befriedigt,
halb verdrossen, hatte er doch dem Pförtner ein saftiges Trinkgeld zuschieben
und mit zwei >Untergenerälen< debattieren müssen. »Suora Annaberta, der
General erwartet Sie!«
    »Der General erwartet mich!« Schwester Annaberta
glättete ihren Rock, rückte die Haube gerade und marschierte dann schnurstracks
der bronzenen Türe zu, wo ein Bruder in weißem Habit sie empfing.
    Die Hauptquartiere der einzelnen Divisionen des
Papstes gleichen sich wie ein Armeestab dem andern. Wer eines kennt, findet
sich in allen zurecht. Da ist überall ein Labyrinth von langen, düsteren
Gängen. Kahle Wände schwitzen Askese aus. Hohe Fenster, blind vom Staub der
Jahrhunderte, vergönnen nur kurze Blicke in den Binnenhof, wo ein Springbrunnen
gegen den lähmenden Ernst der Umgebung vergebens ankämpft. Über den Türen
krümmen sich lateinische Sprüche. Knoblauchgeruch vermählt sich mit
Weihrauchduft. Nur einer Gastzelle entwischt ein Wölkchen Tabak und flattert
ratlos durch die Dämmerung.
    >Was mag hier alles verboten sein!< war
Annabertens einziger Gedanke während der langen Zeit, die es brauchte, bis sie,
vom weißen Bruder wie von einem Schatten geleitet, den Audienzsaal erreichte.
Nur umrißhaft vermochten ihre Augen den Raum zu überblicken. Auch hier wehrten
violette Vorhänge das Tageslicht ab, verschluckten daumendicke Teppiche jedes
unerwünschte Geräusch. Riesenhafte Gemälde von Würdenträgern, die während ihrer
Amtszeit alles Lächeln einbüßten, zierten die Wände. Schwester Annaberta hatte
die Kirche Gottes bisher für einen zwar umzäunten, doch hellen und sonnigen
Garten gehalten — hier sah sie sich niederschmetternd korrigiert. Ihr letzter
Rest an Selbstbewußtsein schmolz dahin wie die Kerzen am Fronleichnamsaltar in
praller Junisonne. Und da sollte sie mit einem Fürsten der Kirche verhandeln?
    Minuten respektvollen Wartens vergingen. Endlich
öffnete sich eine Flügeltür und zwei Herren in wallenden weißen Gewändern
traten ein. Als sie die unscheinbare Schwester erblickten, zuckte es enttäuscht
über ihr Gesicht. Hatte ihnen der Birnmoser vielleicht eine gekrönte Äbtissin
oder eine dollarschwere Generaloberin angekündigt?
    Der kleine Herr entpuppte sich als Dolmetscher und
ersuchte die Bittstellerin, ihr Anliegen vorzutragen, dabei jedoch stets
eingedenk zu sein, welch kostbare Minuten sich der hochwürdigste Pater General
abringen müsse, stehe er doch unmittelbar vor dem Antritt einer weiten Reise.
    Schwester Annaberta knickste untertänigst und
fragte, ob dem hochwürdigsten Herrn Pater General ein Pater Toni, pardon Pater
Timotheus Stangl bekannt sei.
    Selbstverständlich, tönte es, leicht gereizt,
zurück; Pater Timotheus befinde sich in Afrika.
    »Nicht mehr. Seit zwei Jahren ist er in Cholapur,
Indien«, korrigierte Schwester Annaberta.
    Der Dolmetscher zog indigniert die

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