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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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zerbrechen. Schließlich ist sie ja allmächtig. Was ich übrigens nie von mir behauptet habe.«
    »Aber …«, piepse ich und sie schaut auf mich herunter,
schrumpft irgendwie auf meine Größe zusammen und steht nun vor mir. Auge in Auge. Das Gewitter über uns verzieht sich so schnell, wie es gekommen ist, und hinterlässt ein diesiges Grau, was eine unwirkliche Stimmung schafft.
    »Ein bisschen Teamwork hin und wieder wäre nett«, kommt es leise von Gottes Lippen, während sie in winzigen Trippelschritten rückwärts zu ihrem Sessel geht und sich vorsichtig darauf niederlässt. »Ich habe euch nach meinem Ebenbild geschaffen, um mir ein bisschen Hilfe bei der Verwaltung der Schöpfung zu holen. Wozu sonst hätte ich wohl vernunftbegabte Wesen auf der Erde benötigt? Hast du eine Ahnung, wie lange ich am Menschen gearbeitet habe?« Sie sieht mich scharf an, doch da sie gleich darauf fortfährt, war die Frage wohl rein rhetorischer Natur. »Glaub bloß nicht das Ammenmärchen vom sechsten Tag«, ruft sie aus. »In vierundzwanzig Stunden bringt man nicht mal ein Eichhörnchen zustande. Nein, dieses Kunstwerk hat mich eine Ewigkeit gekostet. Klug solltet ihr sein, und so geschah es. Klug genug, um eine Atombombe zu bauen. Leider nicht klug genug, um sie nicht zu benutzen. Manchmal habe ich das Gefühl, ihr gebt euch die größte Mühe, alles kaputt zu machen. Ihr wisst doch genau, was richtig und was falsch ist. Wieso erreichen mich trotzdem täglich Millionen von Gesuchen, dass ich irgendeine Schuld vergeben soll? Ich verstehe euch Menschen einfach nicht.« Ich öffne den Mund, um mich zu verteidigen. Dann schließe ich ihn wieder, denn sicher weiß sie längst, dass ich auf der Erde für den Frieden demonstriert habe, und außerdem ist das wohl hier gar nicht der Punkt. Eine Weile sehen wir einander wortlos an. Irgendwie
tut mir die Chefin fast ein bisschen leid. Wahrscheinlich ist sie einfach total überarbeitet. Doch dann fällt mir Michael wieder ein und entschlossen wage ich einen neuen Versuch.
    »Es tut mir wirklich leid, dass ich keinen Lösungsvorschlag gemacht habe«, entschuldige ich mich, und bevor sie mir über den Mund fahren kann, spreche ich rasch weiter, »aber dies ist wirklich eine Notsituation. Könnten Sie nicht ausnahmsweise …?«
    »Nein«, kommt es scharf zurück.
    »Bitte!« Flehend sehe ich sie an.
    »Ich habe Nein gesagt.«
    »Aber …« Schon wieder braut sich ein Gewitter am Himmel zusammen und eine weitere Standpauke geht auf mich nieder:
    »Meinst du, ich habe nichts Besseres zu tun, als mich hier mit dir auseinanderzusetzen?«, grollt sie. »Wie viel könnte ich auf der Welt bewirken, wie viel besser könnte ich sie machen, wenn nur die wirklich wichtigen Dinge an mich herangetragen würden? Wie soll ich mich um alles kümmern? Ihr macht mich krank! Krank! Krank! Und jetzt raus mit dir.« Ich muss mich an der Türklinke festklammern, um nicht von dem Tornado, der durch den Saal wirbelt, hinausgeweht zu werden. Ich werfe noch einen letzten Blick zurück auf Gott, die sturmumtobt in ihrem Sessel sitzt, dann schleiche ich gesenkten Hauptes von dannen.
     
    Auch als ich nach einer weiteren Schlitterpartie über den Regenbogen die schwere Klinke der goldenen Pforte wieder hinunterdrücke, hat sich das Wetter noch nicht gravierend verbessert. Besorgt sehe ich in den wolkenverhangenen
Himmel, aus dem es in Bindfäden regnet. Dann öffne ich vorsichtig das Tor und schaue mich ängstlich um. Ob Knut und Roderich meine Abwesenheit bemerkt haben? Ich entdecke keine Seele. Merkwürdig. Suchend schaue ich mich um und sehe rechts von mir einen kleinen, hölzernen Verschlag, der vorher noch nicht da war. Wahrscheinlich haben die drei dort Schutz vor dem Unwetter gesucht. Auch wenn man hier oben nicht nass werden kann, ist es doch ein unangenehmes Gefühl, wenn Wind und Regen durch einen hindurchpfeifen. Zögernd trete ich näher und klopfe an. Keine Sekunde später wird die Tür aufgerissen und ich stehe meiner Großmutter gegenüber, der die Erleichterung ins Gesicht geschrieben steht.
     
    »Da bist du ja wieder«, begrüßt sie mich überschwänglich, »ich habe mir schon gedacht, dass du den Weg nicht alleine finden und zurückkommen würdest. Schließlich habe ich ja den Kompass.« Damit zieht sie das Medaillon aus der Rocktasche hervor und zwinkert mir verschwörerisch zu.
    »Mir ist euer Gespräch irgendwann zu persönlich geworden, da wollte ich es auf eigene Faust versuchen«, spiele ich

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