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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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eine kleine Nische, die einen sicheren Platz für Essensvorräte bot. Unerreichbar für alle Tiere, doch leider auch unerreichbar für Brian.
    Also brauchte er eine Leiter! Aber wo sollte er eine Leiter finden? Wie sollte er sich eine bauen? Er hatte außer dem Beil kein Werkzeug und nichts, um die Sprossen an den Holmen einer Leiter zu befestigen. Er war verzweifelt.
    Bis er endlich im Wald den Stamm einer abgestorbenen Kiefer fand, der sich in viele kürzere Äste verzweigte. Mit dem Beil schlug Brian die Äste ab, so dass sie fünfzehn Zentimeter vom Stamm abstanden. Dann kürzte er den Fichtenstamm auf etwa drei Meter und schleppte ihn zu seinem Lagerplatz. Es war eine mühsame Schinderei, auch wenn das Holz dürr und trocken war. Aber er schaffte es. Er lehnte den Stamm an die Felsklippe und konnte nun frei hinaufklettern – obwohl diese »Leiter« unter seinem Gewicht hin und her rollte.
    Jetzt aber kam ein zweites Problem. Denn die »Speisekammer«, wie Brian insgeheim seinen Vorratsplatz nannte, war mit einer dicken Schicht Vogelmist verdreckt. Brian überwand seinen Ekel und kratzte den Dreck mit zwei Stöcken ab. Vögel, so überlegte er, hatte er dort zwar nie gesehen. Aber vielleicht waren sie vor dem Rauch seines Feuers geflohen, der in blauen Schwaden die Wand der Klippe hinaufzog.
    Jetzt fehlte nur noch die Tür zur Speisekammer. Auch hier flocht Brian aus Weidenruten einen stabilen Korbdeckel, den er genau vor die Felsnische klemmen konnte. Als nun alles fertig war, kletterte Brian wieder hinunter und trat ein paar Schritte zurück, um zufrieden seine neue Wohnung zu bewundern: Unten die Hütte, oben die Vorratskammer. Er war zufrieden mit sich – und diesmal konnte er stolz sein auf seine Arbeit.
    »Gar nicht schlecht«, seufzte er. Gar nicht schlecht für einen Jungen, der es nicht mal verstand, die Gangschaltung seines Rennrads zu ölen.
    Trotzdem machte er Fehler.
    Er hatte jetzt einen Wohnraum und eine Vorratskammer – aber er hatte noch immer nichts anderes zu essen als Fische und die letzten Himbeeren dieses Sommers, die er im Wald fand. Und was die Fische betraf, so konnte er sie nicht lagern. So gut sie auch schmeckten, er konnte sich keinen Vorrat anlegen. Mit Grausen erinnerte sich Brian daran, wie seine Mutter einmal vergessen hatte einen frisch gekauften Lachs in den Kühlschrank zu legen. Sie waren an diesem Wochenende zu Verwandten ans Meer gefahren – und als sie wieder nach Hause kamen, stank die ganze Wohnung nach Fisch.
    Fische konnte man eben nicht lagern, sah Brian ein. Jedenfalls keine toten Fische. Aber lebendige?, überlegte er, während er zu der leeren Speisekammer hinaufschaute.
    Und dann hatte er eine Idee. Bislang hatte er die Abfälle seiner Fischmahlzeiten immer in den See geworfen. Anfangs dachte er sich nichts dabei, aber dann sah er, wie die abgenagten Gräten und Flossen und Köpfe die anderen Fische in hellen Scharen herbeilockten.
    Angezogen wie von einem leckeren Köder kamen sie wimmelnd von allen Seiten und balgten sich um die Essensreste im seichten Wasser. Brian brauchte nur noch auszuwählen, welchen er sich mit Pfeil und Bogen zu Mittag schießen wollte. Auch mit dem Speer hatte er schon reiche Beute gemacht, da er jetzt wusste, dass er im Wasser nur tiefer zu zielen brauchte.
    Aber wie wäre es, dachte Brian, wenn er die Fische lebendig fangen und in ein Becken sperren könnte?
    Nicht weit von der Hütte, am Fuß der Klippe, gab es einen Haufen kleinerer Steinbrocken, die wahrscheinlich vor langer Zeit aus der Felswand herausgebrochen waren. Darum brauchte Brian nicht lange zu suchen. Einen ganzen Nachmittag lang schleppte er Steine ans Ufer und wälzte sie ins flache Wasser hinaus. So entstand ein geräumiges Becken für lebende Fische. In einem drei Meter weiten Halbkreis ragte die Mauer aus Steinbrocken in den See hinaus. Nur in der Mitte hatte Brian einen Spalt offen gelassen, knapp einen halben Meter breit, durch den die Fische, die vor den ins Wasser gerollten Steinen davongeflitzt waren, wieder hereinschlüpfen konnten.
    Und tatsächlich! Bald nachdem Brian die Reste seiner letzten Mahlzeit als Köder ins Wasser geworfen hatte, tummelten sich zwanzig bis dreißig kleinere Fische im Becken. Brian hatte mittlerweile die Zeit genutzt und einen Deckel aus Weidengerten geflochten, mit dem er die Öffnung im Beckenrand jetzt verschloss.
    »Frische Fische!«, rief Brian jubelnd. »Wer möchte frische Fische kaufen?«
    Einen Vorrat an lebenden Fischen

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