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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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Fäulnisgeruch erfüllte die enge Hütte. Und die Spritzer, die Brian in die Augen getroffen hatten, blendeten ihn und brannten wie Feuer.
    Schreiend warf Brian sich durch die Tür ins Freie. Schreiend stolperte er über den Strand, an den See hinunter. Schwankend und blind watete er ins Wasser, tauchte den Kopf unter und rieb sich mit beiden Händen die Augen.
    Oft hatte Brian gelacht über die frechen Streiche des Stinktiers in den Comic-Heften. Jetzt aber war ihm das Lachen vergangen. Wenn man selbst eine übel riechende Ladung ins Gesicht bekam, war es kein Spaß mehr. Es konnte tödlicher Ernst werden. Zwei Stunden lang war Brian beinahe blind. Es schien ihm eine Ewigkeit. Er fürchtete schon, für immer sein Augenlicht verloren zu haben. Es wäre das Ende gewesen.
    Tagelang schmerzten seine Augen. Und noch zwei Wochen später spürte er ein lästiges Jucken. Der ekelhafte Gestank hing noch wochenlang in seiner Hütte und ließ sich auch nicht aus seinen Kleidern vertreiben.
    Aber er hatte gelernt, dass er seine Nahrung vor Räubern schützen musste. Während Brian blind im Wasser umhertappte und sich brüllend die Augen rieb, hatte der Skunk in aller Seelenruhe die Schildkröteneier ausgegraben – und allesamt aufgefressen. Bis zum letzten. Ohne Brian zu beachten, der sich im Wasser aufbäumte wie ein sterbender Fisch am Haken.
    Der Skunk hatte nichts anderes getan, als dem Gesetz der Natur zu folgen. Er hatte Nahrung gesucht – und gefunden. Und Brian bezahlte den Preis für eine bittere Lektion.
    Er musste also seine Nahrungsvorräte schützen. Und dazu brauchte er einen sicheren Platz. Eine Wohnung, die nicht nur Schutz vor Wind und Regen bot, sondern auch Schutz vor Dieben und Räubern. Am anderen Morgen, nach dem Besuch des frechen Skunk, beschloss er seine Hütte auszubauen und abzusichern.
    Aus kräftigen Stämmen junger Fichten, die er aus dem Wald am Hügel holte, machte er Balken, die er unter der überhängenden Felswand verkeilte. Die unteren Enden vergrub er im Sand. Zwischen diese Streben flocht er lange und biegsame Zweige, bis auf diese Weise ein festes Gitterwerk entstanden war. Noch immer nicht ganz zufrieden damit, holte Brian jetzt Birken und Tannenreiser aus dem Wald, mit denen er alle Zwischenräume verstopfte, so dass er am Ende nirgends mehr eine Hand durchstecken konnte. Das Ganze sah aus wie ein kräftiges Korbgeflecht.
    Die größte Schwierigkeit aber machte die Tür. Wenn die Hütte besseren Schutz vor Eindringlingen bieten sollte, musste sie eine verschließbare Tür haben. Darum gab Brian sich jetzt besondere Mühe. Aus Weidenruten und biegsamen Fichtenzweigen flocht er ein Gitter, so fest, dass kein Skunk – und auch kein Stachelschwein!, dachte er in schmerzhafter Erinnerung – sich hindurchzwängen konnte. Ein größeres Tier, etwa ein Bär, konnte die Tür einfach mit Gewalt eindrücken. Und gegen solche Gewalt blieb Brian machtlos. Aber vor kleineren Räubern bot das Flechtwerk ihm Sicherheit. Außerdem hatte es den Vorteil, dass es den Rauch des Feuers ungehindert über die Felskante abziehen ließ.
    Drei Tage dauerte es, bis die neue Schutzhütte fertig war. Brian unterbrach seine Arbeit nur, wenn er Hunger hatte. Dann ging er zum See, schoss mit dem Pfeil einen Fisch und briet ihn über dem Feuer. Und immer wieder sprang er in den See, um sich zu waschen. Noch immer klebte der widerliche Geruch des Stinktiers an seiner Haut und in seinen Haaren.
    Erst als die neue Hütte endlich fertig geworden war, fand Brian wieder Zeit für das oberste Gesetz im Leben der Wildnis: für die Suche nach Nahrung.
    Gewiss hatte er genug zu essen, solange er auf die Jagd gehen und Fische fangen konnte. Wie aber, wenn er längere Zeit keine Beute fand? Wie aber, wenn es im Wald keine Beeren mehr gab? Wenn er krank wurde oder sich verletzte? Wenn ein dummer Zwischenfall, wie mit dem Skunk, ihn tagelang von der Jagd abhielt?
    Brian sah ein, dass er eine Vorratskammer brauchte. Einen Platz, wo er seine Essensvorräte lagern konnte. Falls er überhaupt genug Nahrung fand, um solch einen Vorrat anzulegen.
    Ja, er machte immer wieder Fehler.
    Aber er lernte aus seinen Fehlern. In Zukunft durfte er seine Vorräte nicht mehr vergraben. Er durfte sie auch nicht in der Hütte aufbewahren, wo größere Tiere eindringen und sie rauben konnten. Was er also brauchte, war ein sicherer Platz – irgendwo hoch und unerreichbar.
    In der Felswand über der Hütte, drei Meter hoch, gab es eine Vertiefung –

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