Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)
darum, daß wir unseren Stolz haben, es geht nicht um Geld. Wir sind stolz darauf, von hier, aus Marxloh zu kommen.«
Übrigens will ich Ihnen nicht vorenthalten, was Mustafa mir auch erzählt:
»Meine Freundin ist zum Teil jüdisch.«
Tatsächlich?
»Das hat sie mir gesagt.«
Rabbi Helmut Schmidt, Sie haben viele Kinder hier!
Und wenn ihr beide ein Kind habt, werdet ihr es in die Moschee mitnehmen?
»Ja!«
Und auch in die Synagoge, da die Mutter Jüdin ist?
»Wenn ich mit ihm in die Synagoge gehe, ist das in Ordnung.«
Warum solltest du ihn in die Synagoge begleiten, möchtest du etwa auch Jude werden?
»Nein. Ich werde ihn begleiten, damit ich ihm beibringen kann, was richtig ist und was nicht.«
Dürfte interessant sein zu sehen, ob ein solches Kind auch nach dem Sex duschen wird, wenn es alt genug dafür ist.
Mustafa wendet sich an einen Freund, der bei uns sitzt, Halil. »Erinnerst du dich an die Frauen, die wir gesehen haben, vor allem an die eine im Hijab. War die nicht sexy? Extrem sexy, oder?«
Augenblick! Frauen, die einen Hijab tragen, sind sexy?
»Ja.«
Sexyer als die ohne?
»Das hängt ganz davon ab, wie man den Hijab trägt. Der Hijab kann sehr, sehr sexy sein! Er ist wie ein Juwel.«
Ja. Das ist Duisburg. Eine Stadt mit ihren Bildern, ihren Vorurteilen, ihren Leidenschaften, ihren bedeutungslosen Worten und manchen von bedrückender Bedeutung, eine Stadt, in der die Menschen dieselbe Sache auf völlig gegensätzliche Weise sehen. Eines weiß ich: Ich mag diesen Mustafa. Der Mann ist voller Leben und sehr, sehr warmherzig.
Mustafa verrät mir, daß er sich nicht als Türke sieht. »In der Türkei geht es nur um Geld. Das bin ich nicht. Deutschland aber auch nicht. Meine Identität ist Marxloh. Duisburg.«
»Komm wieder«, sagt er, als ich aufbreche, »und ich zeige dir wirkliche Menschen.«
Die Wirklichkeit aber wird warten müssen. Dortmund ruft!
In Dortmund findet die »15. Internationale Tattoo & Piercing Convention« statt. Wer wollte eine solche Gelegenheit verpassen? Ich jedenfalls nicht. Als ich von der Veranstaltung erfahre, bin ich praktisch auch schon da.
Die Halle ist überfüllt. Was mich nicht wundert. Viele Veranstaltungen, fällt mir in letzter Zeit auf, sind überfüllt. Praktisch alle, die ich besuche. Nur die Synagogen nicht.
So viele gepiercte und tätowierte Menschen auf einem Fleck sind ein merkwürdiger Anblick. Jeder von ihnen denkt wahrscheinlich, er oder sie sähe einzigartig aus, für den Beobachter jedoch sind sie alle Mitglieder desselben Vereins, des Jeckenvereins.
Hier haben wir Tim, dessen Körper zur Hälfte mit Tätowierungen bedeckt ist und der darauf wartet, an die Reihe zu kommen, um mit der anderen Hälfte weiterzumachen.
Was kostet Sie dieser Spaß?
»Heute werde ich 200 Euro für meinen linken Arm ausgeben. Das ist der Anfang einer Tätowierung, die mich am Ende 1500 Euro kosten wird.«
Warum machen Sie das?
»Ich möchte meinen Körper so verändern, daß er meinem persönlichen Geschmack und meinem Wesen entspricht.«
Können Sie mir erklären, was Sie auf Ihrem tätowierten Arm haben, dem rechten? Ich verstehe es nicht wirklich.
»Odin, der Donnergott, und zwei Raben, Hugin und Munin. Und eine Wikinger-Bestattungsszene.«
Wow. Dieser Mann ist eine Enzyklopädie auf zwei Beinen. Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?
»Ich arbeite für einen Sozialversicherungsträger.«
Ist Ihr linker Arm ›nackt‹? Ich meine, fühlt er sich für Sie so an?
»Nein.«
Was also fehlt dann? Warum lassen Sie Ihre Haut nicht in Ruhe?
»Es ist total langweilig, nicht tätowiert zu sein.«
Was ist daran so langweilig? Sind Sie denn kein attraktiver Mann? Ist es das, was Sie denken?
»Mit Tattoos ist es –«
Er lächelt, entweder in sich hinein oder über mich. Wollen wir versuchen, ihn zu verstehen.
Ist es sexyer?
»Ja. Die Mädchen fahren wirklich drauf ab. Sie stehen auf das Bad-Guy-Image.«
Da sind Sie sich sicher?
»Ja.«
Ihre Tattoos finden die Mädchen anziehend?
»Ja.«
Haben Sie derzeit eine Freundin?
»Nein.«
Vielleicht brauchen Sie mehr Tattoos, um für die Damen anziehend zu sein? Geht es darum?
Tim nickt.
Wie sieht es mit den Frauen aus, hätten Sie es gerne, daß Ihre Freundin, wenn Sie eine haben, auch tätowiert ist?
»Ja.«
Spielen wir es zusammen durch: Welches Tattoo würde Ihnen auf den Brüsten einer Frau gefallen?
»Ein Tribal-Tattoo.«
Was ist ein Tribal-Tattoo?
»Schwarze Ornamente.«
Was sähen
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