Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)
ja, wie?
»Vor 20 Jahren wußte niemand, was ein Döner ist, heute kommt er an zweiter Stelle nach der Currywurst.«
Und sonst?
»Das Essen ist immer der erste Schritt, um eine andere Kultur anzunehmen.«
Und sonst?
»Wenn man zu einer Verabredung mit Türken geht, muß man nicht pünktlich sein.«
Und sonst?
»Früher war es so, daß man sich schämte, wenn man zu spät kam. Heute kommen die Leute mit zehn, 15 Minuten Verspätung. Man ist zwangloser heute. Im Grunde genommen hätten wir ohne die türkische Gemeinschaft mehr Herzinfarkte.«
Und welche Veränderungen gab es bei den Türken? Was haben sie von euch Deutschen gelernt? Kriegen sie jetzt häufiger Herzinfarkte?
»Sie haben gelernt, daß sie sich entschuldigen müssen, wenn sie zu spät kommen. Früher kamen sie einfach eine halbe Stunde zu spät. Wenn sie heute eine halbe Stunde zu spät kommen, sagen sie: ›Es tut mir leid, daß ich zu spät bin, aber es gab einen Unfall …‹ Die Chinesen kommen zu früh, die Deutschen sind pünktlich, und die Honduraner kommen irgendwann am Tag der Verabredung.«
Sie hätten Komiker werden sollen –
»Die Politik ist auch eine Komödie.«
Was ist der nächste Schritt für Adolf, nach Duisburg?
»Das war’s. Die Krönung.«
Kommen Sie, jetzt klingen Sie wie Muhammed Al. Geben Sie mir eine bessere Antwort, eine ehrliche.
»Nun gut. Mein Meßdienertraum war es, Papst zu werden.«
Adolf mag seine Stadt, er liebt sie. Er tut alles, was in seiner Macht steht, um ihr zu Bekanntheit und Ansehen zu verhelfen. Dies soll vor allem durch Kulturveranstaltungen erreicht werden. Er gibt sich darüber hinaus große Mühe, für friedliche Verhältnisse zu sorgen. Er besucht die Moschee, um einefreundschaftliche Beziehung mit der türkischen Gemeinde zu pflegen. Er glaubt, daß sie wichtig für diese Stadt ist. In seinen Augen spielen die Türken in Duisburg eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu den deutschen Deutschen leben sie noch in Großfamilien. Dort findet sich heute die Jugend. Und der Jugend gehört die Zukunft.
Die Nacht senkt sich über den Park, und als es dunkel genug ist, beginnt eine unglaubliche Licht- und Tonschau und läßt ihre Magie erstrahlen. Alte, mit Kerben übersäte Stahlmaschinen werden in ein Spiel aus Licht, Farben, Schatten, Formen und Frequenzen getaucht. Auf wundersame Weise verwandelt sich der schrundige Stahl in funkelnde Diamanten. Zauberhaft!
Unmengen junger Leute tanzen. Laut. Schweißüberströmt. Voller Energie.
Adolf Sauerland wirkt glücklich.
Er fragt, wie lange ich in der Gegend zu bleiben gedenke. Ich erzähle ihm, daß ich eigentlich wegen einer Veranstaltung in Dortmund bin und danach abreise. Er bietet mir an, mich nach meinem Public Thinking für ein paar Tage in einem Duisburger Hotel unterzubringen. Was ich dankend annehme.
Jetzt habe ich genügend Zeit, um mich umzusehen.
Ich fahre nach Marxloh.
Wo ich Mustafa kennenlerne.
Marxloh ist ein türkischer Stadtteil von Duisburg oder zumindest als solcher bekannt und finanziell am Boden. »Wenn man eine Wohnung mieten will und sagt, daß man aus Marxloh kommt, dann vermietet einem keiner auch nur irgend etwas«, erzählt Mustafa. Er sollte es wissen, denn er hat es versucht und nicht geschafft, obwohl es ihm an Geld nicht mangelt. »Ich bot der Vermieterin an, ihr die Miete ein Jahr im voraus zu bezahlen«, erinnert er sich, »sie aber sagte: ›Nein. Ich weiß ja nicht, was Sie in Ihrer Wohnung verkaufen würden.‹«
Mustafa hat eine blauäugige blonde Freundin, wie er mir verrät. Aber das ist in Ordnung.
Warum ist es in Ordnung?
»Weil sie meine Kultur respektiert.«
Ich bitte Mustafa, mich über die islamische Kultur aufzuklären.
Wozu er gerne bereit ist. »Muslime nehmen zum Beispiel«, sagt er, »nach dem Sex immer eine Dusche.«
Wirklich?
»Ja, selbstverständlich.«
Selbstverständlich?
»Ja.«
Warum?
»Das steht so im Koran.«
Sicher?
»Ja!«
Weißt du, wo im Koran?
»Ja.«
Sicher?
»Ja!«
Wo?
»In dieser Sure, wie heißt sie gleich noch mal –«
Wenn ich dir den Koran gäbe, könntest du sie mir zeigen?
»Ja.«
Hast du den Koran hier?
»Ja.«
Können wir zusammen einen Blick hineinwerfen?
»Können wir, ja, aber nicht jetzt. Ich bin heute so müde!«
Mustafa liebt Marxloh. Zusammen mit einigen Freunden rief er eine Kampagne mit dem Titel »Made in Marxloh« ins Leben. Sie verteilen Postkarten und Aufkleber mit diesem Slogan.
Was wurde denn in Marxloh gemacht?
»Es geht
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