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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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Yusuf Incegelis.
    Wie fühlt man sich als Türke in Deutschland? frage ich ihn.
    »Sehr glücklich.«
    Glücklicher als in der Türkei?
    »Wohler als in der Türkei kann man sich nirgendwo fühlen.«
    Dann sagt er noch, daß er jetzt geht. Nicht weiter mit mir sprechen kann. Seine Begründung? Er spricht weder Deutsch noch Englisch.
    Sprechen Sie Arabisch? Wir könnten uns auf arabisch unterhalten.
    Er lächelt und nimmt dieses Lächeln mit sich auf die andere Seite der Tür. Weg ist er.
    Mohammed Al jedoch, der Vorsitzende des Moscheevereins der Merkez-Moschee, ist hiergeblieben und gesprächsbereit. Er kam mit sechs Jahren nach Deutschland, erzählt er mir. »Die Türkei ist für mich ein Urlaubsort.«
    Wie fühlt man sich als Türke in Deutschland?
    »Wir fühlen uns als Muslime in Deutschland gut. Es gibt Diskriminierung hier, aber sie ist nicht so stark, daß wir sagen würden, es gefällt uns hier nicht. Jedes Land hat ein gewisses Maß an Diskriminierung. Aber Deutschland ist heute ein Einwanderungsland, was dem Land guttut.«
    Was ist die Türkei für Sie?
    »Meine Herkunft.«
    Wie denken Sie über Juden, Israelis, Deutsche? Können Sie das in einem Satz für mich zusammenfassen?
    »Die meisten Türken in Duisburg mögen die Deutschen, mögen die Juden, mögen die Israelis und schätzen sich glücklich, in Deutschland zu leben.«
    Sie belieben zu scherzen. Meinen Sie das wirklich ernst?
    Ich wiederhole ihm seine Antwort. Er schaut mich ungläubig an, als kämen die Worte eines geistesgestörten Türken aus meinem Mund, fängt sich jedoch rasch und sagt:
    »Ja, so sehe ich das.«
    Jemand erzählte mir, daß Türken deutsche Frauen heiraten können, die keine Musliminnen sind, Türkinnen aber deutsche Männer nur heiraten können, wenn diese zu ihrem Glauben übertreten. Stimmt das?
    »Ja. Muslime können nichtmuslimische Frauen heiraten. Musliminnen können keine nichtmuslimischen Männer heiraten.«
    Warum das?
    »Das sagt der Koran.«
    Wo steht das im Koran? Können Sie mir den Vers zeigen?
    »Das weiß ich nicht. Ich habe gehört, daß es so im Koran steht, aber wo genau im Koran, weiß ich nicht. Das müssen Sie unseren Theologen fragen, der weiß es.«
    Wer ist der Theologe?
    Wunder über Wunder: Hüseyin tritt ein. Der Theologe.
    Hallo, Hüseyin. Wissen Sie, wo im Koran steht, daß ein Muslim eine Deutsche heiraten kann, die keine Muslimin ist, während eine Muslimin keinen Deutschen heiraten kann, der kein Muslim ist?
    »Ja, weiß ich.«
    Und wo?
    Upps!
    »Jetzt erinnere ich mich gerade nicht. Ich habe es vergessen. Haben Sie E-Mail?«
    Ja, Theologe.
    »Ich werde Ihnen eine E-Mail schicken.«
    Ausgezeichnet.
    Inzwischen – bis der E-Mail-Dienst soweit ist, daß er mir Hüseyins Nachricht mit den näheren Angaben zur Befugnis eines muslimischen Türken, eine blonde, blauäugige Frau zu heiraten, übermitteln kann – würde sich Hüseyin glücklich schätzen, mir die Moschee zu zeigen und ihre Schätze zu erläutern: »Die Moschee hat 7,5 Millionen Euro gekostet, von denen die Hälfte von der EU kamen.«
    Der gewaltige, prächtige Kronleuchter, in den die 99 Namen Allahs eingraviert sind, ist »ein Geschenk der türkischen Regierung«.
    All die wunderschönen Holzvertäfelungen, die »ohne einen einzigen Nagel zusammengefügt [wurden], sind ein Geschenk Ankaras. Der Regierung.«
    »Wir haben 900 Mitglieder, jedes Gemeindemitglied muß monatlich zehn Euro zahlen. Wer arm ist, braucht nur fünf zu zahlen.«
    Hüseyin macht mir ein Abschiedsgeschenk. Eine Messingmünze mit dem Bild der Moschee und einen Reiseführer für die Region.
    Ein Mann tritt an mich heran. Er stellt sich als Journalist vor und fragt mich:
    »Sind Sie Muslim?«
    Ja, natürlich.
    »Ach, ich habe neben Ihnen gebetet. Ich konnte Ihr Herz spüren, als Sie beteten. Sie haben ein goldenes Herz.«
    Es freut mich, daß ihn meine Gebete beindruckt haben. Vielleicht sollte ich öfter kommen. Man weiß nie: Wenn das so weitergeht, werde ich vielleicht noch der nächste Imam von Duisburg. Kein Witz.
    Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir der Gedanke.
    Aber ich müßte erst einmal mehr über Duisburg erfahren, in jeder Hinsicht, bevor ich meinen nächsten Schritt mache. Wer kann mir helfen?
    Ich muß mich mit dem einen oder anderen Amtsträger unterhalten, mit einem hohen Tier. Aber woher nehmen? Wie die Erfahrung lehrt, ist es oft ein Riesenproblem, Interviewtermin mit Politgrößen zu bekommen. Ich spüre sie lieber in

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