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Alleinerziehend mit Mann

Alleinerziehend mit Mann

Titel: Alleinerziehend mit Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bittl , Silke Neumayer
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Tai-Chi, nur schneller. Also Kung-Fu. Echt super gerade für Mädchen. So können sie später jedem, der ihnen dumm kommt, einfach eins auf die Mütze geben. Eine Fähigkeit, die besonders für Frauen absolut überlebensnotwendig ist. Ich weiß gar nicht, wie viele Leute mir in meinem Leben schon dumm gekommen sind. Das geht locker in die Hunderte. Nicht vorzustellen, wenn mein Vater mich rechtzeitig zu einem Kung-Fu-Kurs angemeldet hätte. Leichen würden meinen Weg pflastern. Und ich will ja, dass es meiner Tochter mal besser geht als mir.
    Mein Blick bekommt langsam was Glasiges, während meine Gedanken in die Ferne schweifen. Ich habe einfach zu viel von den verdammten Spaghetti gegessen. Das ist nicht gut für das Gehirn, wenn das ganze Blut zur Verdauung in den Magen wandern muss. Ich sehe meine Tochter schon wie bei
Drei Engel für Charlie.
Sie wirbelt durch die Luft, macht mehrere finster aussehende Gestalten, die die Welt vernichten wollen, mit einer einzigen Bewegung kalt und springt dann rücklings auf ein Pferd oder ein Motorrad, um schnell zu diesem Jet zu gelangen, den sie dann selbst über die Alpen fliegt, um dann im Mittelmeer mit dem Fallschirm abzuspringen und … Vielleicht sollte ich Sophie doch für diesen Kung-Fu-Kurs anmelden. Ist ja nur zweimal in der Woche. Das ist doch noch zu schaffen, für Sophie und für mich … Sophie trifft einfach keine Freundinnen mehr, und einkaufen kann ich ja dann im Internet, und die verlorene Arbeitszeit könnte ich locker aufholen, wenn ich einfach montags und freitags nachts um drei aufstehe, dann habe ich bis sechs doch schon einiges geschafft …
    Abgesehen von Kung-Fu gibt es aber noch eine endlose Liste an Freizeitaktivitäten, die für unsere Tochter seit ihrer Geburt schon ernsthaft in diesem Haus besprochen worden sind. Wenn ich mich recht erinnere, dann würde Sophie mittlerweile segeln, Tennis und Eishockey spielen, Schlittschuh laufen, Ski fahren, schwimmen, Ballett tanzen (das kam jetzt aber von der Schwiegermutter), reiten, Rollerblades fahren, ginge ab nächste Woche zu den Pfadfindern, spielte Klavier, Geige und Gitarre und hätte Basiskenntnisse in Mandarin-Chinesisch, weil mein Mann mal auf die Idee kam, als nächstes einen chinesischen Babysitter zu engagieren – wegen der Globalisierung und so.
    Ich habe all diese Träume meines Mannes mitgeträumt. Ist es nicht großartig, wenn man sich dann so seine Tochter mit achtzehn vorstellt: das Abi schon in der Tasche, den schwarzen Gürtel in Karate, einmal um die Welt gesegelt, im Olympiateam der Springreiter und demnächst gebucht für ein Solokonzert in der Carnegie Hall. Ich habe dafür natürlich meinen Beruf aufgegeben, damit ich Sophie von A nach B nach C über D und E schließlich zu Z fahren kann. Aber was ist schon so ein kleines Opfer, wenn man seinem Kind dafür alles bietet, was es so gibt. Anders als die eigentlichen Eislaufmütter wollen die Eislaufväter wirklich nur das Beste für ihr Kind und auch später auf keinen Fall mit ihrem Kind Geld verdienen. Nein, Eislaufväter sind sogar bereit, ein halbes Monatsgehalt für die Hobbys ihrer Kinder auszugeben, wenn’s denn sein muss. Und ist ja auch kein Problem für eine Siebenjährige, um halb sechs mit Kung-Fu-Übungen aufzustehen, danach zum Tennis zu fahren, und gleich nach der Schule geht’s dann weiter – je nach Wochentag exakt durchgeplant – zum Ballett, zur Querflöte, zum Hockey und danach noch zum Volleyball – bis zwölf Uhr nachts.
    Alles kein Thema – solange der Mann sie da nicht hinfahren muss. Ich find’s ja auch großartig wenn das Kind was lernt, und wie wir alle wissen: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
    Leider habe ich hier im Haus die undankbare Aufgabe der Realistin übernommen. Und der Fahrerin. Und der Organisatorin. Denn Eislaufväter träumen nur, mit der Umsetzung des Traumes hapert es leider etwas.
    Wer hat schließlich im dicken Wollpullover im tiefsten Winter in irgendeinem fußpilzverseuchten, tropisch aufgeheizten Schwimmbad eine halbe Stunde am Beckenrand gesessen, damit Sophie einen Schwimmkurs macht? Wer ist mit ihr freitags in der Früh vor dem Kindergarten zur Logopädin gefahren, weil das Kind laut Kieferorthopäden einen Anflug von seltsamem Schlucken erkennen lies? Wer ist mit ihr genau 2 567 343 -mal um den kleinen Spielplatz gerannt, damit sie überhaupt mal Fahrrad fahren lernt. Und wer bringt sie zum Reiten? Wer fährt sie zum Tanzen? Wer? Wer? Wer?
     
    Also

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