Alleinerziehend mit Mann
muss nicht nachsehen, von wem. Noch an der Garderobe klingelt es erneut. Ich schalte wieder aus und eile heim.
Kindergeheule, mein Mann brüllt: »Lukas hat Läuse!«
»Immer wenn du weggehst, passiert hier was!«, stellt Lukas fest und schreit gleich darauf wieder auf, weil die Seife, die ihm sein Vater ins Haar geschmiert hat, in die Augen läuft. Ich denke an den Satz meiner Cousine, die Ärztin ohne Grenzen ist: »Auf dem Schlachtfeld muss man sich zuerst um die kümmern, die keine Kraft mehr zum Schreien haben!« Wo ist Eva? Ich höre nichts von ihr! Ein paar Sekunden Panik – meine Tochter sitzt zusammengekauert in einer Küchenecke und stößt mit tränenerstickter Stimme hervor: »Ich will nicht sterben, Mama!«
»Wirst du auch nicht!«, beruhige ich sie kurz, aber mit vollem Verständnis, denn so, wie es in dieser Küche aussieht, käme ich auch auf Weltuntergangsgedanken. Ein Teller ging wohl zu Bruch, Wäsche liegt zwischen den Scherben, und Essensteile bilden ein Arrangement, wie es sich für das Finale einer griechischen Tragödie gebührte.
»Kannst du nicht mal jetzt für uns da sein? Musst du immer ins Theater gehen?«, brüllt mein Mann vom Badezimmer aus. Ich denke nicht weiter. Ich will überhaupt nicht mehr weiter denken. Zumindest nicht mehr daheim. Meine Großmutter hatte schon recht: »Zu viel Denken schadet den Weibern. Das ist schlecht für die Familie.« Aber das ist ja auch schon wieder zu weit gedacht. Da sieht man mal, zu was so ein Theaterabend alles fähig ist!
Auf dem Weg zum Badezimmer bemerke ich allerdings, dass auch dies noch zu steigern ist. Ich stelle mir vor, wie ich mit einer großen Geste meinen Mann den (plötzlich scharfen) Spielzeugdolch meines Sohnes in die Brust ramme und später verwirrt davon spreche, dass ich ein Königsgeschlecht retten wollte. Die griechische Demokratie würde dann über mein Urteil abstimmen. Bestand die damals eigentlich auch aus Frauen? Aus Müttern? Fragen über Fragen! Jetzt kümmere ich mich zuerst um die Läuse auf dem Schlachtfeld, das mein Mann gerade im Begriff ist, wortlos zu verlassen. Aber zur nächsten Premiere im Theater werde ich mir ganz sicher eine Karte besorgen. Ganz egal, mit welchen Krankheiten die männlichen Götter strafen!
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47. Warum in diesem Buch das Kapitel »Sex als Eltern« fehlt
W eil Sex als Mutter irgendwann so nebensächlich wird wie das Kuchenrezept von Tante Isolde.
Weil die Verfasserinnen weiblich sind und mehr im Kopf als in der Hose haben.
Weil zu neunzig Prozent die zu erwartende Buch-Replik eines Vaters »Alleinerziehend mit Frau« dieses Thema behandeln wird.
Weil wir unseren Männern nicht
noch
mehr Toleranz abverlangen wollen.
Weil wir uns vielleicht noch ein Kind wünschen …
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Über Monika Bittl / Silke Neumayer
Monika Bittl studierte Germanistik und Psychologie, Silke Neumayer Kommunikationswissenschaften. Beide schreiben mit großem Erfolg Romane und Drehbücher. Sie arbeiten und leben mit ihren Familien in München, wo sie sich täglich mit einer großen Portion Humor dem aussichtslosen Kampf stellen, sich selbst und der Welt gerecht zu werden.
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Über dieses Buch
Bis zur Geburt des ersten Kindes leben Frauen und Männer heute meist als emanzipiertes Paar. Doch kaum ist das Baby da, wird schnell klar: Für die Frau ändert sich viel mehr als nur der Bauchumfang: Die neuen Mütterwunder arbeiten in Voll- oder Teilzeit, kaufen ein, erziehen, kochen, schlafen NICHT und recherchieren bei Mutti.de, wie man Karottenflecken entfernt. Die Männer dagegen scheinen wie vom Erdboden verschluckt, dabei sind sie ganz leicht zu finden: in der Arbeit – fern vom Haushalt und der alltäglichen Kinderbetreuung. Auch Monika Bittl und Silke Neumayer haben diese Erfahrung gemacht und berichten witzig, ehrlich und charmant vom Leben als Alleinerziehende – mit Mann.
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Impressum
eBook-Ausgabe 2012
Knaur eBook
© 2012 Monika Bittl, Silke Neumayer
© 2012 Knaur Taschenbuch
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Julia Sommerfeld
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: FinePic®, München
ISBN 978-3-426-41370-8
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