Alleinerziehend mit Mann
gleich wieder schmutzig wird.
Sophie war übrigens eine Sekunde lang total geschockt von meiner Aussage, dass es mir langweilig ist.
Dann hat sie mich angeschaut und gesagt: »Es ist schön, wenn die Weile lang ist, dann fällt einem nämlich über kurz oder lang was ganz Tolles ein, was man machen kann.« Den Satz hat sie zugegebenermaßen von mir. »Außerdem braucht man Langeweile manchmal, damit der Kopf ganz leer werden kann, damit auch wieder was reinpasst. Das ist, wie wenn man bei diesen Schneekugeln einfach mal wartet, bis der ganze Schnee unten ist. Erst dann kann man sie wieder richtig schütteln.« Dieser Satz kam direkt von Sophie.
Ach, es ist gar nicht langweilig zu sehen, wie so ein kleiner Mensch heranwächst und ganz tolle eigene Ideen entwickelt.
Und dann ist Sophie in ihr Zimmer gerannt und hat die große Spielesammlung geholt und auf den Tisch gestellt. Und ich habe heißen Kakao gemacht, ein paar Kerzen angezündet und die ersten Weihnachtsplätzchen rausgeholt.
Es wurde dann doch noch ein schöner und gar nicht langweiliger Sonntagnachmittag. Und Sophie hat mich haushoch beim Mensch-ärgere-dich-nicht geschlagen.
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37. Eislaufväter
W ir alle kennen ja diese Eislaufmütter vom Hörensagen oder aus den einschlägigen bunten Zeitschriften der Stars und Sternchen. Eislaufmütter – das sind doch diese verbiesterten Weiber, die es selbst im Leben zu nichts als zu zwei mehr oder weniger entzückenden Kindern gebracht haben und die deshalb jetzt diese beiden entzückenden Kinder schon im Babyalter (oft auch schon im Bauch) dazu bringen, eine ganz große Karriere anzustreben. Im Eislaufen. Im Tennis. Und in Amerika sehr beliebt: im Showbusiness. So fällt wenigstens etwas Glanz und Gloria und ganz viel Geld auf die Mütter zurück. Lohn der Arbeit sozusagen. Denn eines wissen diese Eislaufmamas ganz genau: Die ganz große Karriere gibt es nun nicht einfach mal so. Nein. Dafür muss man schon was tun und einer Zweijährigen fünfmal in der Woche eine anständige Rückhand beibringen; und einen Sechsjährigen Wochenende für Wochenende von Casting zu Casting, von Hamburg nach München und wieder zurück karren, damit das was wird mit der Karriere. Aber ist ja kein Problem, wenn man selbst gerade keine Karriere hat. Tja, solche Mütter gibt es, und die Kinder können einem leidtun – zumindest, bis die Kids es zur ersten Million gebracht haben und ihre Mütter öffentlich zum Teufel jagen.
Was aber viele nicht wissen, dieses Phänomen ist mittlerweile auch bei einigen ganz normalen Vätern zu beobachten. Allerdings in abgemilderter und abgewandelter Form. Ich habe dieses Phänomen jedenfalls bei meinem Mann und Vater unserer Tochter schon des öfteren beobachten können. Zum Beispiel gerade letzte Woche wieder beim Abendessen.
Mein Schatz sagt plötzlich zwischen zwei Happen Spaghetti bolognese: »Also ich fände es gut, wenn die Sophie zu den Pfadfindern gehen würde. Schließlich war ich auch mal bei den Pfadfindern, und ich habe das ganz toll in Erinnerung.« Und dann wendet er sich begeistert an unsere Tochter, die gerade voll damit beschäftigt ist, eine einzelne Nudel möglichst geräuschvoll in den Mund zu ziehen. »Wie findest du das denn, Sophie, wäre doch toll, oder? Da lernst du dann, Tiere und Pflanzen zu bestimmen und wie man aus nur zwei trockenen Hölzern Feuer macht.«
Sophie zieht eine weitere einzelne Nudel geräuschvoll in den Mund. So richtig der Länge nach vom Teller hoch in den Mund – schlurp – und blickt ihren Vater an. Ich bin mir ganz sicher, dass sie mit ihren sieben Jahren, wenn überhaupt, nur eine sehr, sehr vage Vorstellung davon hat, was denn Pfadfinder überhaupt sind und was da so gemacht wird. »Ja, schon. Kann ich ja mal ausprobieren«, ist ihre diplomatische Antwort, und dann wird die nächste Nudel hochgeschlurpt. Spaghetti hochschlurpen in immer größerer Geschwindigkeit ist eindeutig interessanter als die Pfadfinder. (Nebenbei mentale Anmerkung für To-do-Liste: dringend an den Tischmanieren meiner Tochter arbeiten!) Schlurp.
Pfadfinder. Soso. Mein Mann und Vater meiner Tochter war also bei den Pfadfindern. Wann? 1895 ?
»Schatz, wann warst du denn bei den Pfadfindern?«, frage ich mal völlig unverbindlich rüber auf die andere Seite des Tisches. Vielleicht kommen noch ein paar dunkle Kapitel aus dem Leben meines Mannes zum Vorschein, von denen ich bisher noch keine Ahnung hatte.
Mein Mann isst weiterhin Spaghetti und redet
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