Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
der unzähligen Zimmer erschien mir das unwahrscheinlich. Was jedoch nicht bedeutete, dass mich nicht jemand in einem nahe gelegenen Zimmer hören könnte.
Ich beschloss, zum Ende des Flurs zu schleichen, bevor ich es irgendwo versuchte. Ich bog um die Ecke und presste das Ohr gegen die erste Tür zu meiner Rechten. Keine Geräusche von innen. Ich fuhr mit der Karte vor dem Lesegerät vorbei.
Die Tür wurde entriegelt. Ich holte tief Luft und öffnete sie, trat ein und schloss sie hinter mir wieder, bevor ich das Licht einschaltete.
Überraschung!
Das bunte Banner mit dem Wort darauf hing quer über die Bettpfosten. Den Boden übersäten Luftballons, wenngleich die meisten nur noch halb gefüllt waren. Auf dem Bett lag Geschenkpapier verstreut.
Demnach liefen nicht alle Feierlichkeiten in diesem Anwesen völlig durchgeknallt ab. Und es wäre dringend Hauspersonal nötig gewesen.
Rasch durchsuchte ich das Zimmer und trat Ballons aus dem Weg, doch es gab weder ein Telefon noch nützliche Waffen, sofern ich nicht die Ballons verwenden wollte, um jemanden zu ersticken.
Ich schaltete das Licht aus und ging.
Als Nächstes öffnete ich das Zimmer daneben, das sich als ähnlich eingerichtet erwies, wenngleich ohne das Dekor einer Überraschungsparty. Kein Telefon. Nichts Hilfreiches.
Als ich in den Flur zurückkehrte, hörte ich, wie sich eine Tür öffnete.
Ich huschte zurück in das Zimmer und zog rasch, aber leise die Tür zu.
Kurz spielte ich mit dem Gedanken, mich im Badezimmer zu verstecken, dann jedoch beschloss ich, dort auszuharren, wo ich war, bereit, zuzuschlagen, sollte jemand hereinkommen.
Ich stand eine Minute lang in der Dunkelheit.
Dann fünf Minuten.
Zehn.
Man schien mich nicht gehört zu haben … es sei denn, man wartete vor der Tür darauf, dass ich hinauskäme.
Aber ich konnte nicht die ganze Nacht hier bleiben. Ich musste mich in Bewegung setzten, bevor jemand auf die Idee käme, mein Zimmer zu überprüfen.
Ich schlich wieder in den Flur. Er präsentierte sich verwaist.
Mir widerstrebte die Vorstellung, durch das Haus zu strolchen, wenn die handfeste Möglichkeit bestand, dass noch jemand durch die Flure wanderte, doch ich konnte nicht aufgeben. Irgendwo musste es ein Telefon geben. Oder einen Weg, die Gefangenen zu befreien.
Ich bewegte mich weiter den Flur hinab, bog um eine weitere Ecke und erblicke eine Tür, die deutlich größer als die anderen war und aus anderem Holz bestand. Ich entriegelte sie und trat ein.
Es handelte sich um ein riesiges Arbeitszimmer. Fast ein Viertel der Fläche nahm ein schwarzer Schreibtisch ein. An den Wänden hingen die Karten verschiedener Städte. Als ich zum Schreibtisch ging, ließ ich den Blick über die Bücherregale wandern, die Enzyklopädien, Almanache und zahlreiche weitere Nachschlagewerke enthielten. Ich fragte mich, was für Arbeit hier vollbracht wurde.
Die Schreibtischschubladen erwiesen sich als abgeschlossen, also konnte ich nicht in sie gelangen. Auf dem Tisch befand sich das übliche Bürozubehör: Stifte, Spitzer, Klebeband, Taschenrechner, Locher, Tacker. Alles – außer einem Telefon.
Sehr wohl hingegen ein Faxgerät.
Ich drückte auf die Einschalttaste. Es begann zu summen, ein wenig zu laut für meinen Geschmack. Eine digitale Meldung teilte mir mit:
Aufwärmphase … Bitte warten
.
Perfekt. Ich konnte alle nötigen Informationen niederschreiben und an die Polizei faxen. Ich mochte nicht genau wissen, wo ich mich aufhielt, aber dieses Anwesen war ziemlich groß, und wenn sie Helikopter in einem Umkreis von dreißig Meilen von Fairbanks entsandten, würden sie es zweifellos früher oder später finden.
Es wäre ein narrensicherer Plan gewesen, wenn mir die Faxnummer der Polizei bekannt gewesen wäre.
Oder
irgendeine
Faxnummer.
Im Zuge meiner Zeitarbeitsjobs hatte ich einige Faxe verschickt, aber das war schon alles. Es gab keine einzige Faxnummer, die ich auswendig kannte. Ich konnte nicht einmal eine erraten. Das Gerät war nutzlos.
Dann jedoch fiel mir etwas ein. Einmal hatte ich bei einem vorübergehenden Bürosklavenjob das Telefon abgehoben und war von einem schrillen, hohen Piepen begrüßt worden. Der nasebohrende Kerl im Abteil neben dem meinen hatte mir erklärt, dass jemand irrtümlich versuchte, ein Fax an meine Telefonnummer zu schicken, und dass ich den Anruf einfach an das Faxgerät weiterleiten solle.
Wem konnte ich etwas schicken, der wissen würde, wie man das machte?
Es musste ein Betrieb sein.
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