Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
ich.
»Sie ist zu ihrer Hüfte hochgekrochen«, erklärte Charlotte.
In meiner Panik hätte ich mir beinah die Boxershorts vom Leib gerissen. Doch auch dort fand ich keine Tarantel.
Grinsend zuckte Charlotte mit den Schultern. »Nur für den Fall, dass ich gleich sterbe.«
»Ich kann daran nichts Geistreiches finden. Aber ich bin froh, dass wir uns trotz allem den Sinn für Humor bewahrt haben, statt trübselig zu werden. Ich schlage vor, wir setzen uns jetzt wieder in Bewegung.«
Vor uns tat sich ein langer Tunnel auf, dessen Wände aus Ziegelstein statt aus Zement bestanden. Er maß etwa zweieinhalb Meter in der Höhe und zwei Meter in der Breite, doch das Licht aus dem Raum drang nicht tief genug vor, um mir zu verraten, wie weit er sich erstreckte.
Nebeneinander betraten wir den Tunnel. Wir sahen zwei weitere Kameras und in unregelmäßigen Abständen zahlreiche münzgroße Löcher in den Wänden, außerdem eine Sprinkleranlage an der Decke unmittelbar vor uns. Der Boden neigte sich von dem Raum weg leicht nach unten und war vollständig von einer dünnen Schicht trockener Blätter bedeckt.
»Was meint ihr?«, fragte ich und deutete auf den Sprinkler. »Todesfalle oder Sicherheitsvorkehrung?«
Als ich den nächsten Schritt tat, ertönte von hinten plötzlich Gebrüll. Ich wirbelte herum und sah, wie der Gang von einem Schiebetor aus Zement abgeriegelt wurde. Wir befanden uns wieder in völliger Finsternis.
K APITEL Z WEIUNDZWANZIG
»Betrachten wir die positive Seite«, schlug Roger vor. »Wenigstens können uns die Schlangen nicht mehr erreichen.«
Wir gingen weiter. Das Laub knirschte unter unseren Füßen. Dann schoss ein Pfeil aus einem der Löcher in den Wänden, sichtbar aufgrund der unangenehmen Tatsache, dass die Spitze brannte. Das Geschoss segelte in abwärts geneigter Flugbahn durch den Tunnel – es war offenbar mit wenig Kraft abgefeuert worden. Kaum landete es auf dem Boden, fing das Laub darunter Feuer. Wir stiegen darüber hinweg und eilten weiter.
He, ich hatte den anderen Darts-Raum mit den Kanonenpfeilen überlebt, also würde ich wohl auch mit brennenden Pfeilen zurechtkommen.
Über uns wurde die Sprinkleranlage aktiviert. Es war ein mächtiger Strahl, der nach wenigen Sekunden wieder verebbte, uns jedoch selbst in der kurzen Zeit völlig durchnässte.
Bedauerlicherweise handelte es sich bei der Flüssigkeit, die uns durchtränkte, nicht um Wasser, sondern um Benzin.
Meine Nase brannte, und meine verschiedenen Wunden – insbesondere die verdammte Schulter – wurden von neuen, sengenden Schmerzen durchzuckt. Charlottes spitzer Aufschrei ließ erahnen, dass sich das Benzin auf ihrem aufgeschnittenen Arm wenig besser anfühlte.
Mit einem Schlag erschienen brennende Pfeil etwas problematischer.
Einer davon schoss vor uns aus der Wand hervor. Zum Glück bedingte die Lage einen ziemlich offensichtlichen Maßnahmenplan: Rennen, als wäre der Teufel hinter uns her.
Roger und ich schien diese Erkenntnis gleichzeitig zu ereilen, und wir preschten los. Alle paar Schritte wurden weitere Pfeile auf uns abgefeuert, aber nicht besonders schnell, und indem wir mit Höchstgeschwindigkeit rannten – oder zumindest so geschwind, wie ich barfuß konnte –, gelang es uns, ihnen auszuweichen. Nach einem flotten Hundert-Meter-Sprint erreichten wir eine Tür am Ende des Tunnels.
Leider hatte sich Charlotte für eine langsame und stete Pfeilausweichtaktik entschieden, und wir hatten ein gutes Dutzend Feuer auf ihrem Weg hinterlassen.
Ein Pfeil kam ihr so nah, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde die Vision hatte, wie sie in Flammen aufging.
»Laufen Sie!«, brüllte Roger.
Mittlerweile wurden die Pfeile häufiger abgeschossen. Und schneller.
Heiße Asche der brennenden Blätter wirbelte in die Luft empor. Wie konnte ich nur so dumm sein, sie hinter uns zurückzulassen? Wie konnte sie nur so dumm sein, uns nicht in selber Geschwindigkeit zu folgen?
Dann fiel mir eine kleine Schalttafel in der Ecke auf. Ich konnte nicht wissen, ob sie die Pfeile steuerte, aber es war keine Zeit für langes Hin- und Herüberlegen. Kurz entschlossen hieb ich mit der Spitze der Machete darauf, entfachte eine kleine Funkenexplosion und rechnete halb damit, einen Stromschlag abzubekommen.
Die Pfeile hörten auf zu fliegen. Mir blieb ein Stromschlag erspart, wenngleich mir die Benzindämpfe Übelkeit und etwas Schwindel verursachten.
Charlotte stand wie angewurzelt da, mit Benzin durchtränkt und in einem
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