Allem, was gestorben war
Sten Ard und sah erst jetzt, dass ihr Gesicht mit einer feinen Schicht Sommersprossen bedeckt war, wie vom Wind verstreuter gemahlener Kaffee.
»Die Zeit ließe sich abkürzen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es gibt Fragen, die Sie noch nicht beantwortet haben.«
»Ich kenne die Antworten nicht.«
»Wo waren Sie? Wissen Sie das nicht?«
Sie machte eine Bewegung mit dem Ellenbogen und stieß dabei gegen die Tasse, die sich einmal langsam um sich selbst drehte und dann zur Seite kippte. Ard sah es wie im Zeitlupentempo, die dunkle Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch, sammelte sich zu einer kleinen Pfütze und tropfte dann auf den Fußboden. Lea Laurelius sah Ard an, warum macht er nichts?, ihre Rolle hier war eine andere als die der Gastgeberin: Er musste aufstehen, eine Papierserviette holen und den Kaffee aufwischen.
Wo sie sich aufgehalten hatte, war ihre Privatsache, das hatte nichts mit den Ermittlungen zu tun.
Ihr war klar, dass es jetzt Zeit war, es zu sagen, aber das würde ihr nichts helfen. Sie war allein gewesen. Nein, sie schützte niemanden. Sie war allein gewesen. Ja, sie konnte die genaue Adresse nennen. Nein. Sie war vor nichts geflohen. Zu dem Zeitpunkt, als der ... Mord stattfand, war sie zu Hause gewesen, allein.
»Ich bin doch überfallen worden.«
Sten Ard dachte an Wide und an das, was er erzählt hatte.
»Sie haben Hilfe bekommen.«
»Ja, oder besser gesagt, ich hab um Hilfe gebeten und dann habe ich sie bekommen.«
»Ich hab mit Ihrem Helfer gesprochen.«
»Gut, dann brauchen Sie ja eigentlich nicht mehr mit mir zu sprechen.«
Die Mittagszeit war vorbei und er hatte immer noch keinen Hunger. Er hatte sich durch den Vormittag getrunken und das war nicht gut, der Kaffee war wie ein Nervengift um den traurigen trockenen Kuchen, den er auf dem Weg durch die engen Korridore in sich hineingestopft hatte. Er spürte, dass es nicht gut für seinen Kreislauf war, wenn er das Teufelszeug in sich hineinkippte, es prickelte leicht in den Fingerspitzen. Er fror fast in der drückenden Hitze, eine Unruhe in seinem Körper und Kälte in den Gelenken, das hatte er früher schon gespürt, zu der Zeit, als er reichlich Tabak konsumiert hatte. Das war eine Sucht, von der er nie ganz frei geworden war, ein trockener Tabakoliker. Oder wie hieß das?
Bourse war in den letzten Tagen wie ein unseliger Schmetterling ohne Nahrung durch die Bürolandschaft geflattert. Er hatte seine Mitmenschen mit einem seltsamen Blick betrachtet und war dann weitergeflogen. In diesen Tagen passierten Dinge . kein im Norden Geborener wurde auf Dauer mit einem tropischen Klima fertig. Wenn man im südlichen Ausland arbeitet, passt man sich an, übernimmt die Gepflogenheiten. Aber hier musste alles genauso effektiv sein, wie wenn die Sommertemperatur bei zwanzig Grad lag. Das ging nicht. Wenn es schon bei normalem Wetter nicht ging, wie sollte es dann jetzt gehen?
Bourse schloss die Augen und schluckte. Sten Ard sah kleine Flecken Wärmeausschlag an seiner rechten Schläfe, Halbkreise von Schweiß unter den Armen. Wann würden sie die Erlaubnis bekommen, in kurzen Hosen und mit nacktem Oberkörper zu arbeiten?
»Holte. Ich rede von Sven Holte. Irgendwas ist merkwürdig mit ihm.«
»Das ist mal was ganz Neues.«
»Nein, Sten, diesmal ist es anders. Der Kerl ist verrückt.«
»Das hab ich nicht gesehen. Ich hab ihn übrigens seit einigen Tagen gar nicht gesehen.«
»Genau, er war nicht hier. Und bei ihm zu Hause nimmt niemand ab.«
»Er ist immer seine eigenen Wege gegangen.«
Ove Bourse zerrte an seinem Hemd, als wollte er es sich vom Körper reißen.
»So hab ich ihn noch nie erlebt . seit dem Mord an Laurelius .«
Sten Ard hatte ähnliche Beobachtungen gemacht. Er hatte nur nicht darüber gesprochen. Er hatte Calle Babingtons junge, wache Augen für eine Weile vor Holtes Tür platziert. Dort hatte ein schwacher, aber interessanter Verkehr stattgefunden. Er wollte es für sich behalten, jedenfalls heute noch.
»Erinnerst du dich an eine Sache mit Holte . vor zehn Jahren oder so ... ein Gerücht, das in Windeseile erstickt wurde?«
»Über sein Leben und Treiben außerhalb der Polizei?« »Das kleine Leben, das er hatte.«
»Das hat mich kaum erreicht. So was hören wir uns ja nicht gern an, wie du weißt.«
»Ich glaub, ich schau mal in den Akten nach. Wenn ich Zeit habe.«
Ard sah Bourse davongleiten, das Hemd flatterte hinter ihm her und seine Haare im Nacken waren feucht.
Carlos Babington war an der
Weitere Kostenlose Bücher