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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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staatlichen Schnapsladen nehmen und ihn zu einem warmen Würstchen einladen sollen, die ein trockener Alkoholiker, ständig geparkt vorm Schaufenster des Ladens, anbot?
    Der Angler blinzelte in dem starken Licht und sah ihn an.
    »Ich bin arbeitslos. Alle, die hier stehen, sind arbeitslos.«
    »Der etwa achtjährige Junge dahinten, ist der auch arbeitslos?«
    »Der wird mal arbeitslos und bereitet sich jetzt schon darauf vor.«
    »Sind Sie nie draußen . auf See?«
    »Waren Sie in der letzten Zeit mal beim Seemannsmagazin gewesen?«
    Sven Jerry Pettersson zeigte nach Osten. Babington folgte dem Finger mit dem Blick.
    »Wie.?«
    »Dort liegt der stolze Fischkutter >Od<, im Besitz der Stadt Göteborg, so verkommen, dass er kürzlich abgesoffen ist. Mitten im Hafen, an der Pier, wo er immer gelegen hat. Man kann sagen, er ist auf seinem Posten gefallen.«
    Babington erinnerte sich an »Od«. Viele Jahre hatte er Touristen zum Fischfang hinausgefahren, ganze und halbe Tage, die Leute waren mit massenhaft Makrelen oder mit grünen Gesichtern und leerem Blick zurückgekommen. Einige waren unten in der kleinen Kajüte gelandet, sobald Vinga außer Sichtweite war. Draußen auf den Bänken griff der Wind hart an, und viele schworen um die Essenszeit kraftlos, dass sie niemals wieder den Fuß an Bord eines Schiffes setzen würden. Vorausgesetzt, sie überlebten diese Fahrt. Viele würden nie mehr den Geruch nach Hering ertragen.
    »In der guten Zeit, als ich noch einen Job hatte, hab ich so manche Tour mit der >Od< gemacht.«
    Der Mann blinzelte in die Sonne.
    »Dann wurde es zu teuer. Und dann ist der Pott gesunken, sehr bald nachdem ich arbeitslos geworden bin. Was meinen Sie, ist darin eine Symbolik enthalten?«
    Sven Jerry war so braun, wie ein Mensch im nördlichen Teil der Welt überhaupt werden kann. Er trug geblümte kurze Hosen und sonst nichts. Babington hatte den Verdacht, es handelte sich um Unterhosen. Alle arbeitslosen Angler hier trugen nur Unterhosen. Wie eine Art Protest standen sie bis weit in den Vormittag in der sengenden Sonne. Er hatte sie schon früher gesehen, und er hatte sie gestern gesehen. Um die Mittagszeit hockten die meisten im Schatten eines verlassenen, abbruchreifen Gebäudes, das wie ein Monument, das den Krieg überlebt hatte, mitten auf dem steinharten Feld unter der Älvs-borgsbrücke aufragte. Babington hatte auch dort gehockt, zwischen zerschlagenen Bier- und Schnapsflaschen, Dosen, Hundescheiße, vergammelten Essensresten, drei schmutzigen Kanülen. Er hatte auf einem glitschigen Teppich benutzter Kondome gestanden. Es gab immer noch Fixer, Huren und Freier, die Kondome benutzten ... oder hatten sie angefangen, sie zu benutzen. Es war ein naiver Gedanke, aber er wollte daran festhalten.
    »Hat es einen Sinn, Sie noch einmal zu fragen, ob Sie gestern Morgen etwas gesehen haben?«
    »Nein. Dann hätte ich es gesagt. Ich bin arbeitslos, aber ich fühle mich der Gesellschaft trotzdem verpflichtet.«
    Wie alt war er? Vierzig? Fünfzig? Die Falten um seine Augen dicht gedrängt, war Petterssons Stirn mit Leberflecken oder Muttermalen bedeckt, und Babington fragte sich, ob der Mann so häufig hier in der Sonne stand, um unter den ultravioletten Strahlen zielstrebig Selbstmord zu begehen. Seine Haare waren lang im Nacken und über den Ohren, die kurze Hose ausgebleicht wie nach zahllosen Waschgängen. An den Füßen trug er braune Sandalen aus dicker Lederimitation. Die Füße waren so braun, dass schwer zu unterscheiden war, was Fuß und was Sandale war.
    »Was haben Sie gemacht, bevor Sie Ihren Job loswurden?«
    »Ist die Gesellschaft an der Aufklärung meines Falles interessiert?«
    »Mich interessiert das.«
    »Eine kleine Firma, Druckerei. Wie geschaffen für die guten Jahre.«
    Sven Jerry Pettersson sah zu einem Kumpel, bei dem ein Fisch angebissen hatte, ein kleines Wesen, das verzweifelt an der Leine zappelte: ein silberglänzendes Etwas, das in den Fluss zurückgeworfen werden würde. Er wandte sich dem jungen Polizisten zu, der viel zu warm gekleidet war.
    »Heute braucht niemand mehr Visitenkarten.«
    »Doch, ich. Hier, nehmen Sie meine. Da steht auch meine Privatnummer drauf. Wenn Ihnen was einfällt oder wenn Sie was hören, rufen Sie mich an. Day or night.«
    »Haben Sie mit den Leuten in der Fabrik gesprochen?«
    Pettersson zeigte mit der Angel zu den rundlichen, palastähnlichen Gebäuden in einigen hundert Metern Entfernung, rotbrauner Stein und Kuppeln, die vergeblich nach dem

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