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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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deutlichsten, am stärksten. Die Brote, Käselaibe, das Eingelegte, der geräucherte, säuerliche Duft, der wie eine Dunstglocke über dem geschäftigen Treiben lag, die flüchtige Süße einer eben aufgeschnittenen Wassermelone, der leicht aggressive Geruch von rohem Fleisch - besonders streng am Stand, wo Wild verkauft wurde.
    Im Cafe in der Mitte die Dauergäste, Menschen aus aller Herren Länder. Hier waren sie in der Majorität, die erste, zweite und dritte Generation der Einwanderer. Im letzten Jahr hatten sich mehr an weniger Plätzen versammelt. Er hatte keine Furcht in ihren Gesichtern entdecken können, aber eine Vorsicht, als komme es darauf an, sichere Orte aufzusuchen, sich seine Gesellschaft mit größerer Vorsicht zu wählen. Ich bin ein Fremder in diesem Land - es gab einen Ekelöf für alle Gelegenheiten, auch hier oder vielleicht gerade hier mit all den Sprachen und Waren aus der ganzen Welt.
    Zwei Kinder liefen mit Äpfeln in der Hand vorbei. Ein kräftiger Mann in blau gestreiftem Pullover bückte sich über seinen Tresen und nahm eine knubblige Wurst, hielt sie vor einem Kunden hoch, der den Kopf schüttelte. Der Mann im Blaugestreiften sah enttäuscht aus.
    »Einen doppelten Espresso.«
    Ard zog es vor zu stehen. Er hatte noch nie gerne auf Barhockern gesessen. Vierzig Jahre hatte er gebraucht, um zu begreifen, dass er es auch nicht tun musste, wenn er nicht wollte.
    »Heute frei?«
    Das einzige Lokal, bei dem Sten Ard Stammgast war. »Dienstreise in die Skänegatan.«
    An der Wand hinter Yossef ein alter Zeitungsausschnitt von Bibbi Langer, die einen ausgemergelten Kaffeepflük-ker in Kolumbien umarmte. Ard hatte nie gefragt, wer das aufgehängt hatte. Die zarte Ironie in der Wahl des Motivs reichte. »Heiße Tage.«
    Yossef sah den Schweiß in seinem Gesicht.
    »Ich glaube, jetzt haben wir für immer ein tropisches Klima.«
    Yossef lachte. »Wenn genügend Afrikaner und Asiaten hierher kommen, bringen sie vielleicht auch die Wärme mit.«
    »Das glaub ich nun doch nicht.«
    »Hier geht es um Glauben. Warum sonst haben wir Barbaren so viele herrliche Götter?«
    Ard verlagerte das Körpergewicht auf das rechte Bein.
    »Darüber hab ich auch schon nachgedacht ... Fühlen Sie sich hier mehr zu Hause, wenn ein Tag heißer ist als der andere?«
    »Ich nicht. Ich bin schon zehn Jahre hier. Mir gefallen die Jahreszeiten. Es ist gut, wenn einem die Kälte in die Haut beißt.« Er sprach schon mit einer Andeutung von Göteborger Dialekt.
    »Anfangs ist es schwer.« Der große schwarze Mann hinter der Theke servierte Ard eine kleine, runde Tasse Espresso und einen arabischen Honigkeks.
    »Nehmen Sie den weg. Von einem einzigen Keks kriegt man lebenslang Diabetes.«
    Ein Ritual. Er würde ihn essen und sich nach einem zweiten sehnen.
    »Für den, der sein Land verlässt, ändert sich so viel.« Yossef hatte plötzlich eine Falte auf der Stirn. »Da ist das Wetter noch das geringste Problem.«
    »Aber manche leiden bestimmt auch darunter.«
    »Als ich hierher gekommen bin, hab ich in der Massenunterkunft eine Geschichte gehört. Zwei Jungen aus dem Sudan. Sie erzählten von einem Studenten von zu Hause, der als Austauschstudent nach Schweden gekommen war. Er sollte ein Jahr bleiben.«
    Yossef füllte zwei große Tassen mit Kaffee und geschäumter Milch und servierte sie zwei Männern mit kurzen Haaren. Sie sahen aus, als hätten sie ihre Wurzeln in einem arabischen Land. Yossef teilte ein halbes Baguette der Länge nach, tröpfelte auf die eine Hälfte ein wenig Olivenöl und streute grobes Salz darüber, bedeckte sie mit Salami, grünem Salat, einer großen, in Scheiben geschnittenen Tomate, eingelegten Auberginenscheiben, großen grünen Oliven und zwei langen, dicken Scheiben Schafskäse, klappte die andere Brothälfte darüber, platzierte das Ganze auf einem großen blauen Teller und stellte ihn vor ein junges Mädchen hin, das mit glänzenden Augen zugesehen hatte.
    Er wischte die Brotkrümel in einen Korb unter dem Tresen.
    »Der Student ist ein Jahr lang von zu Hause weg. Er kommt zurück. Die Leute sind natürlich neugierig, wie es ihm ergangen ist. >Wie war es?<, fragen sie. >Sähr gutt<, sagt er, denn er hat ein wenig den Anschluss an seine Sprache verloren. >Wie war das Wetter?<, fragen sie. >Gut<, sagt er. >War es kalt?<, fragen sie. >Na ja<, sagt er, >der grüne Winter war okay, aber der weiße . der war beschissen.<«
    Lagergren arbeitete sich langsam ostwärts, von Angler zu Angler. Es war

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