Allem, was gestorben war
folgen, der Duft in seiner Kleidung, das kalte blaue Licht würde bleiben und die schwachen Schatten, die er jetzt über Kajsa Lagergrens Gesicht huschen sah.
Sie stand blass und still an der Wand, und Ard ging zu ihr und legte einen Arm um ihre mageren Schultern. »Wie geht es dir?«
Es war keine Frage, und sie antwortete auch nicht. Sie zuckte nur schweigend mit den Schultern und sah Ard mit ihren dunklen Augen an.
»Ich hab es noch nicht oft genug erlebt, mir geht es ziemlich mies.«
»Sag Bescheid, wenn es dir mal nicht mehr schlecht geht. Dann will ich dich nicht mehr in meiner Nähe haben.«
»Aber wir . äh, die Polizei muss doch mit so was fertig werden.«
»Wir sollten möglichst nicht in Ohnmacht fallen. Alles andere ist ein notwendiges menschliches Verhalten.«
Sie schauderte. Er spürte die Gänsehaut auf ihren Schultern unter seinen Fingern und nahm die Hand weg.
»Wie hast du . die Nachricht bekommen?«, fragte er vorsichtig.
»Ich hab angerufen. Ich wollte noch eine Aussage nach unserem Gespräch überprüfen, das wir am Nachmittag gehabt hatten . schließlich hat sie sich gemeldet.«
Ard ergriff ihren Arm.
»Komm, wir gehen runter ins Cafe.«
Sie verließen das Zimmer und gingen durch den Korridor, in dem das Personal in Weiß und Eisgrün zielstrebig hin und her lief. Ard stieß fast mit einem jungen Arzt zusammen, als er einen Schritt beiseite trat, um einem Krankenbett Platz zu machen, das vorbeigerollt wurde. Der Arzt hatte ein fleischiges, breites Gesicht und Augen wie Kohle. Er sah besorgt aus wie jemand, der nicht einfach abhauen kann, obwohl er es möchte.
Die Cafeteria war in den Korridor integriert; wer dort saß, saß mitten in den ständigen Bewegungen des Krankenhauses, wie ein Teil dieser Welt und der Welt draußen.
Eine ältere Frau in grauem Kostüm lachte ein klares, kurzes Lachen, während sie schnell und geübt einen Rollstuhl vor sich herschob. Das junge Mädchen im Rollstuhl lächelte und versteckte aus Spaß das Gesicht hinter der Illustrierten, die es in der Hand hielt.
Ard stellte sich hinter eine alte Frau, die unendlich langsam einen Zimtwecken nahm und mit zitternder Hand eine kleine Tasse Kaffee einschenkte. Sie legte ein Stück Zucker auf die Untertasse und sagte mit erstaunlich kräftiger Stimme »danke«, wie ein Spatz, der plötzlich im Stimmbruch war. Ard sah ihr einen Augenblick nach, als sie langsam mit kleinen, schwebenden Schritten auf einen Tisch zuging, wo ein kleiner Herr in einem Zweireiher nervös auf sie wartete, die Hände auf einem Stuhl, um zu signalisieren, dass es der Platz der Frau war.
Sten Ard goss Kaffee in zwei Becher und beschloss, dass sie beide ein Stück Kuchen mit Himbeercreme brauchten.
Kajsa Lagergren sah ihn bezahlen und dachte an ihre Arbeit. Manchmal hatte sie den Eindruck, als sei ihr Chef geradewegs einem amerikanischen Polizeifilm entstiegen, der Schweigsame, Verlässliche, der selten Fehler machte, und wenn er einmal doch welche machte, sie sofort zugab. Es war vermutlich Ards mangelndes Prestigebedürfnis, das sie am meisten schätzte. Kam das mit dem Alter? Die ewigen Hahnenkämpfe bei den jüngeren Männern fand sie furchtbar ermüdend . nicht einmal ihre Körper waren sonderlich interessant. Spulförmig, wie Robben.
Wie gockelhaft war Sten Ard einmal gewesen? Er ging eher wie eine Ente, wie er da mit den Bechern auf den Tisch zukam. Und . Himmel, hatte er auch noch Kuchen gekauft? Sie hatte schon immer eine Ähnlichkeit mit Gene Hackman bei ihm gesehen, und dieser Kuchen hätte zu Gene Hackman gepasst, wenn er Schwede und ein richtiger Polizist gewesen wäre. Wie hieß noch dieser Film, wo er in den amerikanischen Süden kommt, in den sechziger Jahren, um den Mord an Antirassisten aufzuklären?
»Glaubst du etwa, ich werde das essen?« »Wenn nicht, dann ess ich es.« »Bitte sehr.«
Er ließ den Kuchen vor ihr stehen.
»Was weiß Kerstin Johansson, das ihr so gefährlich geworden ist?«
»Muss es so sein?«
»Dass es mit eurem Gespräch zusammenhängt? Ich weiß es natürlich nicht, aber da ist etwas .«
»Es könnte doch ein Zufall sein.«
»Könnte schon sein. Aber Flatäs ist nicht gerade ein Stadtteil, wo die Leute nach Hause verfolgt und zusammengeschlagen werden.«
»Vor einigen Jahren hat es eine Vergewaltigung gegeben«, sagte Kajsa und nagte vorsichtig am Kuchen.
»Das erste und hoffentlich einzige Mal.«
Ards Kuchen war aufgegessen.
»Ich möchte wissen, ob sie jemanden mit nach Hause
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