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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hatte Probleme mit sich gebracht.
    In Sven Holtes Schläfen hämmerte es.
    Der Künstler muss seinem Werk eine Seele einhauchen, wenn es auf Dauer Bestand haben soll.
    Wide fuhr mit dem Fahrrad nach Amundön und hörte Rigoletto, ein derartiges Werk war nötig, damit er den Trip bewältigte. Davon war er überzeugt. In Höhe des Radio-torget musste er die Musik abschalten, jetzt brauchte er seine ganze Konzentration für die einzelnen Gänge der Schaltung. Das lenkte von der Müdigkeit ab.
    Der Junge vom Mariaplan hatte ihn überredet, eine Probefahrt im Schlosswald auf dem schwarzen Citybike zu unternehmen, schmalere Reifen und leichterer Rahmen. Ich hab selbst so eins und so oft fährt man ja nicht bergauf, hatte er gesagt, die Arme bis zu den Ellenbogen voller Öl und mit einem Fleck mitten auf der Nase.
    Wide fuhr am Askimsbad vorbei und erreichte Hoväs. Lea Laurelius war in Untersuchungshaft, und er hatte ein paar unsichere Sätze mit der Tochter am Telefon gewechselt. Wie sollte er seine Rolle in dem Ganzen erklären?
    Sie wartete bei der Brücke, die zur Insel hinüberführte. Wide stellte sein Rad in einem Fahrradständer ab, in dem nur wenige andere Räder standen: heute kein Verkehr.
    Sie gaben sich die Hand. Jeanette war groß und dünn, sie trug ein verwaschenes Baumwollhemd, das die Sonnenstrahlen auffing und das Licht matt machte. Ihre abgeschnittenen Jeans endeten dreißig Zentimeter über den Knien. Sie ging weich in ihren Joggingschuhen, und ihre Haut war gleichmäßig braun, als ob sie sich den ganzen langen Sommer gesonnt hätte.
    Ihre Augen waren woanders.
    Sie gingen geradewegs über das Feld. Ein Pferd trottete heran und schnupperte an Wide, wie hieß diese nordschwedische Rasse noch, trottete dann weiter zum Wasser, und einen Augenblick glaubte er, es würde mit einem freudigen Wiehern hineinspringen und aufs offene Meer hinausschwimmen.
    Am Hügel zum Waldrand hinauf drehte er sich um und schaute über das Wasser zu den Häusern auf dem Festland.
    »Bist du oft hier gewesen?«
    Sie drehte sich zu ihm um mit einem Blick, der im Ort auf der anderen Seite geblieben war.
    »Solange ich mich erinnern kann. Mama und ich sind oft hier gewesen.«
    »Und ... dein Stiefvater?«
    Jetzt erreichten ihn ihre Augen.
    »Er ist nie mitgekommen.«
    Sie gingen weiter den Hügel hinauf und in den Laubwald, rechts war die Felswand. Sie wanderten durch das wechselnde Grün der Natur. Wide schloss die Augen und nahm die warmen Düfte wahr. Er vermisste den Nadelduft ... nie war er so stark gewesen wie an warmen Sommertagen in seiner Kindheit, als er im Wald Indianer gespielt hatte.
    »Ihr hattet gutes Wetter in England.«
    Sie zuckte zusammen, als ob sie in den vergangenen Minuten eingeschlafen wäre.
    »Wwaa . jjaa .«
    »Du bist braun. Die Südküste kühlt dich mit Palmen, während das übrige England unter Regenschirmen hockt.«
    Sie nickte.
    »Trotzdem wolltest du da weg.«
    »Es war so . so kindisch. Eingesperrt. Die Familie wollte mich dauernd unter Kontrolle haben. Im Hotel hätte ich mich wohler gefühlt . selbst wenn Mama im Nebenzimmer gewesen wäre.«
    Sie wandte das Gesicht ab, aber Wide wusste, dass sie weinte. Sollte er den Arm um ihre Schultern legen?
    Er berührte sie leicht am Oberarm.
    »Deine Mutter ist ein Opfer des Zufalls. Ich glaube, die Polizei weiß das auch.«
    »Warum sitzt sie dann im Gefängnis?«
    Sie sah ihn an mit Augen, die in dem grünen Licht glänzten.
    »Nicht im Gefängnis, sondern in Untersuchungshaft.« »Ist da ein Unterschied?«
    »Im Augenblick nicht, aber sie ist nicht verurteilt. Die Polizei musste jetzt handeln, irgendwie. Manchmal kann eine derartige Verhaftung dazu führen, dass etwas passiert. Dass die wirklich Schuldigen unter ihrem Stein hervorgekrochen kommen, um unter einen anderen Stein zu kriechen.«
    Sie hatten die Lichtung verlassen und schauten über das offene Wasser. An der Felswand rechts war eine schmale Brücke befestigt, sie führte zum Schilf und weiter zum Badestrand auf der anderen Seite. Jonathan Wide entschied sich, nach links zu gehen, die Steine hinauf zu einer gewölbten Klippe, die wie ein runder Tisch ins Wasser hinausragte. Er setzte sich. Sie blieb stehen. In einiger Entfernung badeten eine Frau und ein Mann, Kaskaden von Wasser spritzten auf, als sie von der Klippe ins Wasser tauchten. Das erinnerte ihn daran, dass er in diesem Rekordsommer noch kein einziges Mal im Meer gebadet hatte.
    »Hast du in diesem Jahr schon hier gebadet?«
    Sie

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