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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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Sie.»
    Er reicht ihr eine Schachtel, die mit wenig Geschick in rosa Geschenkpapier gewickelt wurde. «Für Katie», steht darauf. «Von Dad.»

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    5
    Langsam fährt Nelson die schmalen Waldstraßen entlang. Das tut er, weil er sich auf dem Land grundsätzlich unwohl fühlt; außerdem hat es geregnet, die Straßengräben haben sich in Sturzbäche verwandelt, und alle paar Meter warnt ein weiteres Schild vor freilaufenden Rennpferden. Nelson deutet diese vielen Schilder als Hinweis darauf, dass es nicht mehr weit bis zu Lord Smiths Rennstall sein kann. «Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, mich hier draußen auf dem Hof zu besuchen», hat Smith am Telefon gesagt. «Für mich ist es immer recht schwierig, mich loszueisen.» – «Dann komme ich aber sehr früh», drohte Nelson. «Bestens», erwiderte Smith. «Ich stehe immer um fünf auf. Der erste Pulk geht um sechs an den Start.» Nelson hatte keine Ahnung, wovon der Mann redete, aber er wusste, wann er sich geschlagen geben musste. Sie einigten sich darauf, dass er um sieben dort sein würde.
    Als er die Abzweigung zum «Rennstall Slaughter Hill» nimmt, kommt ihm eine Kolonne Pferde entgegen, die langsam durch den Nebel herantraben. Nelson hält, bis sie vorbei sind; die Pferde haben Decken übergelegt, sie kauen auf ihren Trensen, reißen die Köpfe hoch und schlagen mit den Hinterhufen, als könnten sie dieses langweilige Tempo keine Sekunde länger ertragen.
    Nelson will mit Lord Smith über den Tod seines Museumsdirektors sprechen. Die Obduktion von Neil Tophams Leiche ist ergebnislos verlaufen (auch wenn Chris Stephenson sich redlich Mühe gegeben hat, dieses Wort zu vermeiden). Topham war an einer akuten Lungenblutung gestorben, die dem Gerichtsmediziner zufolge eine Vielzahl von Ursachen haben kann, darunter Tuberkulose, einen Lungenabszess oder einen Faktor-X-Defekt. «Faktor X, was soll das sein?», blaffte Nelson. Es hörte sich fast an wie eine von diesen unerträglichen Fernsehsendungen, die seine Töchter immer guckten. «Ein Faktor, der zur Blutgerinnung beiträgt. Menschen mit Faktor-X-Mangel neigen verstärkt zu Lungenblutungen.» – «Aber Sie sagen, so was kann alle möglichen Ursachen haben?» – «Richtig. Lungenblutungen können auch durch Infektionen ausgelöst werden oder durch Drogenkonsum und sogar durch einen Schock.» – «Dann sind wir also keinen Schritt weiter mit der Frage, wer den armen Kerl umgebracht hat?» – «Nein», musste Stephenson zugeben.
    Inzwischen ist die Leiche freigegeben, und Tophams Eltern organisieren die Beerdigung, doch Nelson zögert noch, den Fall abzuschließen. Da ist schließlich noch diese kleine Sache mit den Drogen. Das weiße Pulver aus Tophams Schreibtischschublade hat sich als lupenreines Koks entpuppt. Und die Leiche des Museumsdirektors wies klare Anzeichen von Drogenkonsum auf. An und für sich vielleicht gar nicht so verwunderlich. Soweit Nelson das überblickt, sind solche Künstlertypen oft auf Drogen. Aber waren diese speziellen Drogen nur Tophams Privatvergnügen (laut den Kollegen vom Rauschgiftdezernat war es eine ganze Menge Koks, im Wert von mehreren tausend Pfund)? Und wie kann es sein, dass Neil Topham, der sich um halb zwei anscheinend noch bester Gesundheit erfreute, um zwanzig nach zwei tot aufgefunden wird? Außerdem sind da noch die Briefe. Es sieht alles danach aus, als hätte es jemand auf Neil Topham und das Smith-Museum abgesehen, und Nelson will wissen, weshalb.
    Die Fahrbahn endet vor einem Sicherheitstor, das sich jedoch öffnet, als Nelson näher kommt. Er hält neben einem modernen Flachbau, an dem ein Schild Besucher bittet, sich dort anzumelden. Nelson klingelt; keine Reaktion. Auf dem Parkplatz stehen mehrere Wagen, darunter ein protziger blauer Ferrari, es ist aber kein Mensch zu sehen. Gleich gegenüber sieht Nelson eine hohe Mauer mit einem Torbogen und einem Uhrenturm. Nachdem er ein paar Minuten lang ungeduldig gewartet hat, marschiert er durch den Torbogen und bereut im Stillen, keine Gummistiefel angezogen zu haben. Nach dem ganzen Regen schwimmt hier sicher alles vor Schlamm.
    Weit gefehlt. Der Durchgang führt auf einen riesigen Hof, der auf drei Seiten von Pferdeställen umschlossen ist. In der Mitte befindet sich eine quadratische Grasfläche, so makellos grün wie ein Golfplatz. Nirgends ist auch nur ein Spritzer Schlamm zu sehen. Jede Box hat im oberen Teil eine V-förmige Aussparung, durch die die Pferde ihre Köpfe nach draußen
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