Aller Heiligen Fluch
kennt, würde sie jede Wette eingehen, dass er keine derartige Aussage gemacht hat. Keine vorschnellen Schlüsse, das ist sein Motto. Das haben Clough und sie schon hundertmal zu hören bekommen. Sie wechseln einen Blick.
«Besten Dank», sagt Judy und steht auf. «Wir werden Sie über unsere weiteren Ermittlungen auf dem Laufenden halten.»
Eigentlich sollte das neutral klingen und möglichst keine Hoffnungen wecken, doch Randolph klammert sich an ihre Worte wie an einen Rettungsring. «Oh, ich danke Ihnen so sehr. Das bedeutet mir ungeheuer viel. Ich hoffe, Sie halten mich nicht für einen totalen Spinner, aber ich habe wirklich das Gefühl, dass da etwas Seltsames im Gange ist. Auch in den Ställen. Irgendwas stimmt da nicht. Tammy glaubt, ich rede mir das ein, aber Caroline ist auch meiner Meinung. Irgendwas stimmt da einfach nicht.»
«Was sagt denn Ihre Mutter?»
«Ma will ich damit im Moment nicht belasten. Sie ist am Boden zerstört wegen Dad. Diese ganzen Geschichten von Schlangen und tanzenden Männern, das würde sie doch nur aufregen.»
Sie gehen durch das Haus zurück zur Eingangstür. Als sie schon draußen sind, dreht Clough sich noch einmal um. «Diese Schlange, die an eine der Pferdeboxen genagelt war. Über welcher Box hing die?»
Randolph sieht ihn erstaunt an. «Ach, das war über der Box vom Necromancer. Ein gutes Pferd. Allerdings auf seine Weise auch ein kleiner Teufel.»
Diesmal gehen sie durch die Stallungen zurück. Judy will Len Harris zeigen, dass sie sich nicht so leicht einschüchtern lässt, und vielleicht will sie auch Clough ein bisschen Angst machen, indem sie ihn so nah an die fürchterlichen Pferde heranführt. Im ersten Hof ist es noch einigermaßen ruhig; die Stallburschen misten aus, schieben Schubkarren umher und schenken Judy und Clough erneut keine Beachtung. Ein Mann mit einer Lederschürze inspiziert die Hufe eines großen Grauschimmels.
«Der Beschlagmeister», sagt Judy. Clough sieht sie verständnislos an.
«Der Hufschmied», präzisiert sie.
«Mit dem würde ich auch nicht tauschen wollen. Dieses weiße Pferd ist doch so groß wie ein Elefant.»
«Grauschimmel», sagt Judy und bleibt kurz stehen, um dem Pferd den Hals zu tätscheln. «Weiße Pferde nennt man Grauschimmel. Es sei denn, sie haben rote Augen.»
«Erspar mir die Lektionen.» Clough macht einen weiten Bogen um den Grauschimmel. «Machen wir lieber, dass wir hier wegkommen.»
Ein rotgetigerter Kater kommt herangesaust und streicht Judy um die Beine. Dabei fällt ihr etwas ein.
«Meinst du, wir sollten Ruth Bescheid sagen? Wegen dem Boss?»
Clough denkt einen Moment nach. «Vielleicht schon. Ist aber besser, wenn du das machst.»
Vielen Dank auch, denkt Judy, obwohl sie grundsätzlich seiner Meinung ist. Sie ist schließlich die Spezialistin für schlechte Nachrichten.
Sie haben gerade den zweiten Hof betreten, da dringt aus einer der Boxen ein ungeheures Getöse. Es poltert fürchterlich, man hört Hufe schlagen und dazu das markerschütternde Brüllen eines Tieres, das Schmerzen leidet. Judy eilt in die Richtung, aus der der Lärm kommt, doch Len Harris verstellt ihr den Weg.
«Das lassen Sie mal schön bleiben.»
«Was ist da los?», fragt Judy atemlos.
«Ein Pferd wollte sich wälzen. Kommt ziemlich oft vor. Besonders, wenn sie gerade eingeflogen wurden.»
Judy versucht, an Harris vorbei in den Stall zu sehen. Sie erhascht einen flüchtigen Blick auf ein am Boden liegendes Pferd, ein qualvoll verdrehtes Auge.
«Das ist doch neulich erst passiert. Als ich vor ein paar Tagen hier war. Ich erinnere mich genau!»
«Wie gesagt, kommt ziemlich oft vor. Billy!», blafft er einen Stalljungen an, der gerade vorbeikommt. «Bringst du die Herrschaften bitte nach draußen?» Und damit wendet er sich ab und schließt die Stalltür hinter sich und dem Pferd.
Judy zögert. Harris war ausgesprochen unfreundlich, und ihr Ermittlerinstinkt signalisiert ihr, noch zu bleiben und herauszufinden, was da los ist. Doch Clough ist schon weitergegangen, und das Wohlergehen dieser Pferde ist gerade auch wirklich nicht ihr Hauptanliegen. Sie nimmt sich vor, bei der RSPCA , der landesweiten Tierschutzorganisation, anzurufen und sie zu bitten, den Rennstall einmal diskret unter die Lupe zu nehmen, und folgt Billy über den großen Hof. Billy ist ein magerer Bursche um die sechzehn, der Pickel hat und stark schielt.
«Was ist eigentlich aus Fancy geworden?», fragt Judy ihn. «Ein Pferd, das ich gesehen
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