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Allerlei Schnick-Schnack

Titel: Allerlei Schnick-Schnack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Bötticher
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Dazwischen knallten die Champagnerpfropfen und bei jedem Knall brüllte der
Dr.
 Kürzel: »Der Kopp ab!« und murmelte Glitschrig fast mechanisch: »Wahnsinn! Blödsinn!«
    Noch nach Verlauf einer halben Stunde war aus dem Reservatzimmer der »Sumpfhühner« das: »Der Kopp ab!« zu vernehmen. Aber sie sangen es jetzt vierstimmig als Kanon und augenscheinlich – bis auf die Klangwirkung – in schönster Harmonie . . .
    Glitschrig und der
Dr.
Kürzel hielten einander zärtlich umschlungen, während der Heldenvater Brüller in der Stellung des Lieblingsjüngers des Herrn auf dem Bilde des Leonardo an der Brust Gusches ruhte, Strobel und der dicke Bildhauer Feistl einen Serpentintanz vorführten und die anderen schliefen oder fanatisch applaudierten.
    Eine schwindelerregende Anzahl leerer Sektflaschen zeugte ebenso sehr von der Genußfähigkeit der »Sumpfhühner,« wie von der Wertschätzung, die der Baumeister Glitschrig wenigstens diesem Wettbewerbsergebnisse beilegte. Ob Glitschrig übrigens auf dieser Sitzung mit einer Parteinahme für oder wider die Buren hervorging, ist nicht zu ermitteln gewesen.

Auf der Höhe.
    Der Kunstmaler Meschuggi saß stöhnend über ein Zeichenbrett gebeugt und zog mit der Feder unheimlich-rastlos Linien. Es war nachgerade kaum mehr durchzukommen mit all den Aufträgen! Seitdem er voriges Jahr mit der Ausübung der sogenannten »unnützen Kunst« endgültig gebrochen und sich dem Einzigartigen, der »angewandten Kunst« in die Arme geworfen hatte, war ihm das Glück, d. h. die Bestellungen, nur so zugeflogen. Den Grund zu dieser Umwandlung seiner Anschauungen und damit seines Schicksals hatte eigentlich der Auftrag einer vielverbreiteten Wochenschrift gelegt, die eine Zeichnung für den Umschlag ihrer Hefte bei ihm bestellte. Nachdem Meschuggi eine Anzahl figurenreicher Entwürfe, die ebensoviel Ideen wie Verzeichnungen enthielten, als unverwendbar zurückerhalten hatte, schuf er endlich in genialer Eingebung als einzigen Schmuck des Titelblattes eine 8, die angenommen und ausgeführt ward und das ungeheuerste Aufsehen erregte. Es war eine 8, wie sie noch nie dagewesen, wie deren eine solche gesehen zu haben, sich die ältesten Leute nicht erinnern konnten. Und dennoch! Wie sie nun einmal da und durch die Versicherung besagter Wochenschrift als 8 deklariert war, wunderte man sich allgemein, daß man nicht längst auf diese 8 gefallen war. Es wiederholt sich eben immer von neuem die Geschichte mit dem Columbus-Ei.
    Von da an war Meschuggis Ruhm begründet. Die Druckereien rissen sich um Kompositionen von seiner Hand, vorausgesetzt, daß diese mit seinem Monogramm versehen. In allen Blättern fand man Meschuggische Kopf- oder Schlußleisten, Initialen und Exlibris, Vorsatzpapier- und Buchdeckenentwürfe und eine bekannte Zeitschrift durfte sich rühmen, daß ihr der Künstler »bei der Wahl der Farbe des Umschlagpapiers ihrer Monatshefte mit Rat und Tat beigestanden habe.« Zwei Alphabete seiner Komposition, von solcher Originalität. daß nur der Eingeweihte sie zu entziffern vermochte, festigten seinen Ruhm vollends, und nachdem sich binnen kurzem das Schaffen Meschuggis von dem graphischen auf alle anderen Gebiete des Kunstgewerbes ausdehnte, ward er zum völligen Regenerator desselben und als solcher von den Gewerbtreibenden aller Art förmlich in seinem Atelier belagert. Es gab jetzt faktisch kaum einen gewerblichen Artikel, der nur irgend mit der Kunst in Bezug zu bringen war, über den er nicht seine Ansicht – natürlich gegen gutes Honorar – hätte abgeben müssen. Die Arbeitslast, die ihm daraus erwuchs, war kaum mehr zu bewältigen. Deshalb stöhnte der Künstler mit Recht, als er über das Brett gebeugt unheimlich-rastlos Linien zog. Da war Briefpapier für Trauerfälle zu komponieren: schwarz mit Silberrändern, auf das man mit weißer Tinte schrieb. Da galt es eine neue Art Couverts zu kreieren: fünfeckig, um die ewige, abgedroschene Viereckform einmal gründlich zu beseitigen. Zwingen für Schirme und Stöcke waren zu entwerfen: Meschuggin schwebte etwas mit goldenen Kettchen vor, da man längst ja die triviale Sitte, sie am Griffe zu halten, aufgegeben. Ferner: Stickereien für Tüllschleier. Meschuggi hatte die originelle Idee, die Tätowierung der Wilden nachzuahmen, was dem verschleierten Gesicht einen ganz eigenartigen, noch nie dagewesenen Effekt verleihen mußte. Da gab es neue Kolorits für Stiefel und eine noch nie gesehene Nüance für Strohhüte

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