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Allerliebste Schwester

Titel: Allerliebste Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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erklingt Simons Stimme.
    »Eva hier!«
    »Mit dem Fahrstuhl ins oberste Stockwerk«, sagt er, dann ertönt der Türsummer. Mit dem Lift schießt Eva in die Höhe. Die Schiebetüren öffnen sich. Simon steht bereits da, hat sie erwartet. Er trägt Jeans, einen weißen Pullover, unter dem ein blauer Hemdkragen hervorblitzt.
    »Hallo.« Sein Lächeln ist ein wenig unsicher wie schon bei ihrem ersten Treffen vor der Alten Post. Er beugt sich zu ihr vor und küsst sie auf beide Wangen. »Du siehst toll aus.«

    »Danke. Und auch Hallo«, erwidert sie. Simon führt sie vom Fahrstuhl durch eine Tür, und sie betreten ein lichtdurchflutetes Loft. Er bedeutet Eva mit einer Geste, dass er ihren Mantel nehmen will, hilft ihr heraus und hängt ihn mit einem Kleiderbügel an einen Haken neben der Tür. Eva sieht sich neugierig um. »Hier wohnst du also«, stellt sie fest.
    Er nickt und lächelt. »Wenn man das Wohnen nennen kann. Ich bin nicht wirklich eingerichtet.« Er führt sie durch den großen Raum, der tatsächlich etwas steril wirkt. Alles ist weiß, die lederne Sitzgarnitur vor den großen Panoramascheiben mit Aussicht über die gesamte Hafencity. Die offene Einbauküche mit Hängeschränken und Milchglasscheiben, hinter denen es noch völlig leer zu sein scheint. Ein großer, mit Klavierlack überzogener Esstisch, passend dazu sechs weiße Stühle. Auch Simon selbst fügt sich mit seinem weißen Pullover harmonisch in dieses Bild. Wie im Himmel , denkt Eva. So stellen sie es in Filmen immer dar, wenn ein Mensch nach seinem Tod erwacht, alles um ihn herum weiß und gleißend. Und dann, wenn sich herausstellt, dass er zu früh gestorben ist, dass ein Fehler vorlag, dass es noch gar nicht an der Zeit für ihn war, schicken sie den Menschen zurück zur Erde, weil er dort noch etwas klären muss. Seine große Liebe retten. Eine Katastrophe verhindern. Den eigenen Mörder finden. Fast erwartet Eva, ihre Schwester hier zu sehen.
    »Gefällt dir nicht, oder?«, erklingt Simons Stimme hinter ihr. Sie dreht sich zu ihm um, sein Gesichtsausdruck wirkt entschuldigend. »Ich find’s auch nicht so
toll, aber die Firma hat mir die Wohnung gestellt. Eigentlich mag ich es gemütlicher.« Er zuckt mit den Schultern. »Aber wenn man so oft umzieht wie ich, ist es eben praktisch, wenn die persönlichen Sachen in einen Koffer passen und -«
    »Doch, doch«, unterbricht Eva ihn, »es gefällt mir.« Sie holt tief Luft. »Hier kann man so schön frei atmen.« Simon lacht.
    »Ja, das stimmt allerdings.« Eva lässt ihren Blick erneut durch den fast leeren Raum schweifen, die einzigen Farbkleckse sind zwei große Bilder, die an den beiden Stirnseiten des Lofts hängen, auf dem einen die Jesus-Statue mit weit ausgebreiteten Armen auf Rio de Janeiros Zuckerhut, auf dem anderen der Sears Tower in Chicago. »Die gehören auch zur Einrichtung«, erklärt Simon, der bemerkt hat, dass sie die riesigen Fotografien betrachtet. »Schätze, sie wollten mir etwas aufhängen, das mir vertraut ist.«
    »Ist doch nett«, meint Eva.
    »Ja, aber sobald ich etwas mehr Zeit habe, will ich mir eine eigene Wohnung suchen und sie dann nach meinem Geschmack einrichten. Lieber ein Altbau mit hohen Decken und Stuck, so was mag ich. Und ein bisschen grüner darf die Gegend auch gern sein, das hier ist ja wie ›Future World‹.«
    »Also nicht länger aus dem Koffer leben?«, scherzt sie.
    »Genau«, meint Simon, »ich habe das Angebot, dauerhaft in Hamburg zu bleiben. Die letzten Jahre waren zwar toll, ständig in der Welt unterwegs - aber jetzt
möchte ich gern irgendwo länger heimisch werden.« Während er das sagt, spürt Eva Freude in sich aufsteigen. Sie weiß, dass dieser Entschluss nichts mit ihr zu tun hat, wie könnte er auch? Und dennoch…
    »Dann kannst du dir«, sagt Eva und deutet auf das Regal neben dem Sofa, in dem lediglich eine orangefarbene Glasvase und zwei oder drei Bildbände stehen, »auch ein paar Bücher zulegen.«
    »Bücher, sicher, das fällt dir natürlich als Erstes auf, ist ja klar!« Er streckt Eva eine Hand entgegen. »Komm«, sagt er, lenkt sie zu der Wendeltreppe aus Stahl, die neben dem Sears Tower ins nächste Stockwerk hinaufführt. Dort angelangt stehen sie auf einer Galerie, die als Schlafzimmer dient. Auch hier alles weiß, bis auf einen großen Spiegel mit rotem Rand. Und ein Regal neben dem Bett, in dem tatsächlich einige Bücher stehen.
    »Ein paar habe ich schon.« Aber Eva sieht nicht hinüber zum Regal. Sie blickt in

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