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Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Titel: Alles auf Anfang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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hart wie Eisen und stehen im bissigen Kontrast zu seinem freundlichen Lächeln. Er ist ein stämmiger Mann mit einer runden Wampe.
    Beim Stoltefuss weiß man nie, woran man ist, denkt Lotte Wille und unversehens tastet ihre Hand rüber zu Frank, der neben ihr auf einem wurmstichig quietschenden Stuhl sitzt.
    »Die Zeiten ändern sich, woll?«, brummelt Stoltefuss und stützt sich gewichtig auf den Schreibtisch. »Die Siedlung Helene wird demnächst ein Vorzeigemodell für bürgernahes Leben sein, die Häuskes werden saniert, die Straßen werden mit schönen Steinen gepflastert. Wir in Bergborn werden beweisen, dass man auch in einer Bergarbeiterstadt Kultur und Ästhetik bieten kann und vor allen Dingen ...« Er schlägt einen Aktenordner auf. »Lebensqualität. Ich sach euch was: Die Politiker werden sich die Finger danach lecken, durch die Straßen zu flanieren, besonders der Krösemann von der SPD wird bei der nächsten Landtagswahl das Projekt Helene zum Wahlkampfthema machen. Na ja, soll er ruhig. Immerhin hat er sich’s dann verdient, woll?«
    »Hat er«, bekräftigt Frank.
    »Die Häuskes werden nicht ganz billig sein. Die Kalkulation liegt bei circa sechzigttausend Mark. Dafür bieten wir eine Entkernung der alten Kästen, eine Totalrenovierung und einen großen Garten. Da vormals in jedem Haus zwei Familien lebten und nun Einfamilienhäuser daraus werden, bleiben genug Quadratmeter, um sich zu fühlen wie Gott in Frankreich oder wie der Steiger in der Goldmine.« Er lacht gackernd und sein Doppelkinn schwabbelt. »Wir belassen die Keller im Urzustand, für eine Heizungsanlage, falls die gewünscht wird, müssen die Käufer selbst sorgen. Auf jeden Fall achten wir darauf und legen Gasleitungen, man weiß ja nie. Die Fundamente sollten vom Käufer isoliert werden, auch der Putz und die Bemalung wird nicht von uns übernommen. Innen hui, außen pfui. Aber daran kann man ja was ändern. Wir sind nur an Käufern interessiert, die alle weiterführenden Renovierungen in Eigenregie übernehmen, damit nach spätestens zwei Jahren auch alles von außen blitzt und blinkt, wofür ihr noch mal zehn bis fünfzehntausend Mark rechnen solltet.«
    Lotte macht ein erschrockenes Gesicht. Sechzigtausend Mark, davon wusste sie. Von weiteren fünfzehntausend war nicht die Rede gewesen.
    »Dann müsst ihr noch ein paar Tausender für den Notar, die Eintragung ins Grundbuch sowie Schnickschnack rechnen, den man benötigt, weil’s sonst nicht gemütlich ist.« Stoltefuss streicht mit den Fingerspitzen über die Tabelle, die er verliest. »Alles in allem bist du mit achtzigtausend Mark dabei, lieber Wille.«
    Achtzigtausend! Lotte stockt der Atem. Der Traum vom eigenen Haus zerplatzt wie eine Seifenblase.
    »Kann man das nicht billiger machen?«, hat Frank keine Hemmungen, ihr Limit zu zeigen.
    »Du bist mir einer, Wille! Wie man hört, bist du vor sechs Monaten Steiger geworden, nachdem die Sache mit dem Schotter passiert ist. Da müsste es doch in deiner Kasse klingeln, dass man taub davon wird. Wenn du mich fragst: Ich wundere mich sowieso, warum ihr beide nicht ein schönes nagelneues Häusken von irgendeinem Fertighersteller kauft und stattdessen einen alten aufpolierten Kasten haben wollt.«
    »Weil tausend Quadratmeter Garten dabei sind und das Grundstück quasi nichts kostet«, erklärt Frank.
    »und weil du dir ausrechnest, nach zehn Jahren, wenn’s dir die Gemeinde erlaubt, davon fünfhundert Quadratmeter an einen Häuslebauer zu verkaufen und deinen Schnitt zu machen, woll?«
    Frank schweigt und zuckt mit den Achseln.
    »Nee, Wille. Billiger geht nicht. Mit dem Preis sind wir sowieso schon Oberkante Unterlippe, wenn du verstehst.«
    Frank steht auf und Lotte hört seine Knochen knacken. Er rostet ein, seitdem er nur noch Anweisungen gibt, denkt sie. Stoltefuss hat recht. Seitdem Frank Steiger ist, verdient er viel mehr als vorher, dafür bleibt sie jetzt zu Hause und kümmert sich um Thomas und den Haushalt. Oma Käthe ist wieder zurück nach Berlin, wohin sie gehört! Alles in allem haben sie dreihundert Mark mehr als früher. Das hilft, bringt aber auch nicht den ganz großen Reichtum.
    »Was kannst du für uns tun, Stoltefuss?«, fragt Frank und guckt sich gelangweilt die Wandfotos von den Zechenanlagen und die Luftaufnahme von Bergborn an. »Oder besser ...« Er versenkt seine Hände in die Hosentaschen und wendet sich zum Knappschaftsältesten. »… was kann ich für dich tun?«
    »Wie viel kannst du für das Haus

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