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Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Titel: Alles auf Anfang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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bezahlen, Wille?«
    »Sechzigtausend!«
    »Inklusive Notar und so weiter?«
    »Sechzigtausend! Keinen Pfennig mehr ...«
    »Mann, Wille ...« Stoltefuss verdreht seine Äuglein und streckt sich im Schreibtischsessel, der unter ihm knarzt. »Dir fehlen zwanzigtausend. Die Warteliste ist lang. Von zehn Kumpels in Bergborn wollen zwei eines der Häuskes kaufen.«
    »Wie viele von denen kennst du persönlich?«
    »Das ist egal, versteh doch. Ich habe den Auftrag, euch Kumpels das Angebot zu erklären. Das isses.«
    »Du sprichst die Empfehlungen aus. Du wirst derjenige sein, den man für sein glückliches Händchen lobt, dafür, dass nur solvente Bürger, anständige Bergborner, in der Siedlung wohnen, Hausbesitzer, die ihre Vorgärten sauber halten und die Wege fegen, wenn’s geblättert hat. Wie man hört, bist du ziemlich dicke mit Krösemann, und wenn der im nächsten Jahr nach Bonn geht, wird ein wichtiger Platz im Ortsverein frei.«
    Stoltefuss grinst. »Du hast deine Hausaufgaben gemacht.«
    »Eckard Löhr sagte mir vor ein paar Wochen, bei den Jusos gäb’s ein Finanzloch. Ein paar eurer Aktionen waren Misserfolge. Außerdem guckt man schräg zu euch hin, weil man euch mit diesen aufmüpfigen Studenten in einen Topf wirft. Der Nachwuchs hat ein Imageproblem und ist pleite, stimmt’s? Das ist schade, wirklich schade.«
    Worauf will Frank hinaus?, fragt sich Lotte, die der Verhandlung mit großen Ohren folgt. Seit wann hat Frank Kontakte zu Eckhard Löhr, dem Sparkassenvorstand, einem, von dem man sagt, er sei ein schmieriger Aufsteiger, der unbedingt nach Bonn will?!
    »Was willst du damit sagen? Was ist schade?«, will Stoltefuss wissen.
    »Lotte und ich haben schon vor ein paar Wochen darüber nachgedacht, ob wir dem Ortsverein eine kleine Spende zukommen lassen sollen. Schließlich wissen wir, was wir dir und der SPD zu verdanken haben. Ohne euch wäre Kruse/Konstanzia möglicherweise schon geschlossen worden, wie so viele andere Zechen. Stattdessen legt ihr richtig los und macht aus Siedlung Helene ein Sanierungsprojekt, über das man sogar in Bonn sprechen wird. Stell dir vor, Stoltefuss: der Kanzler besichtigt Bergborn, schreitet mit Presse und Gefolge durch die Straßen von Helene, die Kapelle spielt dazu Glück auf, der Steiger kommt .«
    Stoltefuss grunzt und verkreuzt die Arme über der Wampe. Franks Vortrag macht ihm offensichtlich Spaß.
    »Wir dachten an zwei, vielleicht dreitausend Mark. Lotte meinte sogar, viertausend wären angemessen. Wir sollten die Zahlung auf jeden Fall über dich laufen lassen, meinte sie. Dann können wir sicher sein, dass das Geld auch gut genutzt wird, nicht wahr?«
    Lotte fährt auf. »Ja, ja ...«, stottert sie.
    »Siehst du, Stoltefuss«, lächelt Frank. »Aber das geht jetzt nicht mehr, schade. Nun brauchen wir jeden Pfennig für das Haus.« Er macht eine resignierende Handbewegung und setzt sich wieder.
    Stoltefuss mustert Lotte und Frank und sagt kein Wort. Seine stählernen Augenspitzen glitzern derart, dass man meint, sie würden jeden Moment die Brillengläser zum Bersten bringen. »Und das ist kein Aprilscherz, Wille?«
    »Der erste April 1968 war vor drei Tagen.«
    »Und ihr meint das ernst?« Stoltefuss sieht Lotte ungläubig an.
    »J – ja«, bestätigt sie. »Sie haben es ja gehört.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Stoltefuss winkt ungeduldig ab. »Und nun geht das nicht mehr, weil das Häusken zu teuer ist.« Er tut, als wenn er überlegt, kratzt sich den stoppeligen Hals, beugt sich vor, schlägt den Aktenordner zu und nippt aus seinem Wasserglas. »Eigentlich können wir mit euren viertausend Mark nicht viel anfangen, tut mir leid!«
    Für einen Moment scheint die Luft in diesem schäbigen Büro dicker zu werden, die Tapeten noch einen Deut grauer, Tisch und Stühle noch etwas minderwertiger, die Regale noch staubiger.
    Stoltefuss reckt sich, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und zwei Achselflecken verbreiten ein herbes Aroma. »Fünftausend!«
    Frank beugt sich vor und legt seine Handflächen auf die Tischplatte. »Und das Haus wird nicht teurer als ...«
    »Fünfundsechzigtausend. Das wird schwierig, sehr schwierig, unmöglich fast. Ich muss an ein paar Drähten ziehen. Irgendwo müssen wir was einsparen, aber bei diesem Projekt geht es um Millionen. Und wir wollen gute Bürger in dieser Siedlung haben, Leute wie euch, auf die man stolz sein kann. Bürger von Bergborn, die es zu etwas gebracht haben.« Er hustet, ohne sich die Hand vor den Mund zu

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