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Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Titel: Alles auf Anfang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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ich spinne«, faucht Gaby und stemmt ihre Arme in die Hüften, was die Rundungen ihrer Brüste noch betont.
    Tom blinzelt und sieht woanders hin. Der Aschenbecher da quillt über und auf dem Sofa dort liegt eine leere Zigarettenschachtel. Ach, sieh an ... da ist ja auch das Plektrum, das er die ganze Zeit gesucht hat, Gott sei Dank. Und an einer der elektrischen Gitarren ist die A-Saite gerissen, wird Zeit, die mal neu zu bespannen.
    »Also hältst du mich doch für so eine.«
    »Nein, tue ich nicht, wie oft soll ich das noch sagen?«, knurrt Tom und fängt an, aufzuräumen. Er fühlt sich an der Schulter gepackt und herumgezogen. Kaugummiatem. Ihre Augen glänzen wie Jade, ihre Haare scheinen noch einen Deut mehr gerötet – können Haare ihre Farbe verändern, wenn jemand wütend ist?, stellt Tom sich diese absurde Frage – ihre Nasenflügel beben, was sie sehr hübsch und leidenschaftlich aussehen lässt. Tom schluckt und rückt sich mit dem Zeigefinger die Brille hoch.
    »Wüsste ich’s nicht besser, würde ich dich für neunzehn oder zwanzig halten«, sagt sie und ihre Jade bohrt sich in seine Brillengläser wie der Röntgenblick von Supergirl.
    Tom holt Luft.
    »Und ich mag die Geschichten, die du in der Rundschau veröffentlichst. Sie sind lustig.«
    Lustig, aha!
    Tom will etwas sagen und vergisst zu atmen.
    »Du bist wirklich ein Schriftsteller. Als ich deine ersten Veröffentlichungen las, dachte ich, du wärest viel älter.«
    Tom richtet sich kerzengerade auf.
    »Und ich stehe überhaupt nicht auf Martin, wenn du’s wissen willst. Der ist mir viel zu alt.«
    »Komisch. Martin und ich sehen das anders.«
    »Ach, Martin und du«, äfft sie ihn nach.
    »Dann stehst du eben auf kleine Jungs wie mich!«, stößt Tom hervor, der sich seiner einsachtzig wohl bewusst ist.
    »Idiot!« Sie klatscht ihm eine.
    Das brennt.
    Und Tom denkt, während er sich die Wange reibt, dass er ein Schwachkopf ist, und was für einer. Er hätte sie küssen sollen. Wenn sie ihn schon für neunzehn hält, sollte er sich auch so verhalten.
    Gaby hat sich abgewendet, wirft auf dem Weg zur Tür mit einer beiläufigen Geste den vollen Aschenbecher vom Lautsprecher und die Kippen verstreuen auf dem Teppich – wenn du schon aufräumst, sollst du auch was zu tun haben, Arschgesicht! - und hat die Hand auf der Klinke, als Tom sie einholt.
    »Warte ... warte doch«, bittet er, während unter seinen Füßen Zigarettenasche staubt.
    »Hör zu«, fährt sie herum, gut einen Kopf kleiner als er. Ihre Haare stehen vom Kopf ab, als habe sich ihr Zorn in Elektrizität gewandelt und zum ersten Mal erkennt Tom, wie attraktiv sie ist: da sind die geröteten Wangen, die weißen Zähne, die glühend grünen, ach so großen Augen unter langen Wimpern, die ihn faszinieren und gleichermaßen erschaudern lassen, ihre festen Beine unter einer dennoch schmalen Hüfte, ihre leidlich zarte Figur, deren Proportion durch die Brüste gebrochen wird, nein, nicht wieder die Brüste ... als wenn es nur darum ginge! Man traut ihr kein einjähriges Kind zu, absolut nicht. Sie könnte noch immer in der Unterprima sein, sieht noch aus wie fünfzehn oder sechzehn.
    »Ich bin keine drei Minuten hier und du erzählst mir, ich sei scharf auf Martin, was vielleicht für kurze Zeit auch so war, mein Gott, er ist ein verdammt attraktiver Mann und er hat Charme. Dann behandelst du mich, als sei ich eine Kröte und beleidigst mich, denn, was die Sache mit ‚kleinen Jungs’ angeht, vergisst du anscheinend, dass ich genauso alt war wie Hans, als er mir das Kind gemacht hat, nämlich fünfzehn! Aber so weit denkst du nicht, weil du dich für was ganz Tolles hältst. Du bist eben doch nur ein unreifer Bengel mit einer großen Klappe vorneweg.«
    Tom verschlägt es die Sprache. »Ich ... ich ...«
    »Du bist schüchtern. Das ist es. Du fühlst dich unsicher und meinst, den dicken Max markieren zu müssen. Und jetzt lass mich in Ruhe!«
    »Aber ... ich ... habe mir immer jemanden wie dich gewünscht.«
    Sie neigt ihren Kopf, als habe sie sich verhört, ihre Hand rutscht von der Klinke. Tom macht einen Schritt zurück. Nun ist es raus und er weiß nicht, wie die Worte entstanden sind. Sie sind einfach so rausgeflutscht, elegant und geläufig.
    Alles geht so schnell.
    Sie guckt nur. Schweigt. Atmet. Riecht nach Wrigleys.
    »Kleiner, großer Junge«, sagt sie und legt ihre Arme um seinen Hals. Ihre Lippen sind weich und warm und schmecken süß und feucht und ganz anders, als Tom es

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