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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
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Version von mir. Als ich sie zum ersten Mal sah, in einem Werbespot für Schuppenshampoo, war es komisch. Wir sahen uns gerade die Oscar-Verleihung an, und alle meine Freundinnen wieherten und bewarfen mich mit Popcorn. Jetzt, mit ihrem Bild auf den Titelseiten und Auftritten bei Jay Leno und ihrem Filmstar-Lover, ist sie nicht mehr komisch. Ich sah sie einmal auf der Third Street Promenade und folgte ihr, vorbei an den Kinos und Sportbars und Straßensaxofonisten, beobachtete ihre dünnen Fesseln und ihre Eidechsenhautpumps, beobachtete die Promenierenden, die sie erkannten und sich anstießen, beobachtete, wie sie sich in der Beobachtung sonnte.
    Sam sagte: »Quatsch, du bist hübscher als sie.«

    Am ersten Morgen in Sams Wohnung weckte mich so etwas wie Knallen, laut und unregelmäßig, wie Schüsse aus einer Spielzeugpistole. Ich wankte zum Badezimmer, machte die Tür auf und zuckte zusammen, als mich das Sonnenlicht
traf. Unter dem grellen Fenster saß Sam auf dem geschlossenen Klodeckel, eine alte mechanische Schreibmaschine auf dem Schoß. Die Schreibmaschine wirkte wie ein Spielzeug in seinen riesigen Händen. Er trug karierte Boxershorts und ein T-Shirt der L. A. Raiders und eine lächerliche Hornbrille.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Habe ich dich geweckt?«
    »Was treibst du da?« Ich legte schützend die Hand über die Augen, versuchte mir gar nicht erst vorzustellen, wie ich in dem Moment aussah, welchem dem Meer entstiegenen Monster ich am meisten ähnelte.
    »Wenn ich morgens nicht schreibe, komme ich den ganzen Tag nicht mehr dazu. Es ist ein Gedicht.«
    »Ein Gedicht? Du schreibst Gedichte?«
    »Ja«, sagte er, und in der Art, wie er es sagte, lagen Stolz und Resignation zugleich. »Ja, das tue ich.«
    »Ach«, sagte ich nur. Vor allen Dingen wollte ich dem Sonnenlicht entrinnen. Ein Mann, der morgens Gedichte schrieb, war irgendwie wunderbar und bewundernswert, aber auch irgendwie peinlich, und ich wollte wieder ins Bett, in mein eigenes Bett.

    Meine Mutter billigte die Sache mit Sam nicht.
    »Und was macht er?«
    »Er ist Dichter.«
    Schweigen in der Leitung. »Aber was macht er beruflich?«
    »Das habe ich doch gesagt, er ist Dichter.«
    »Verstehe. Und womit verdient er sein Geld?«
    Ich seufzte. »Er ist Koch in einem Schnellrestaurant.«
    »Vielen Dank«, sagte sie. »Und wie alt ist er?«
    »Fünfunddreißig.«

    »Ach, fünfunddreißig. Tja, wie schön. Und das genügt ihm, Koch in einem Schnellrestaurant zu sein? Damit ist er glücklich?«
    »Was heißt schon glücklich. Es ist ein Job. Irgendwie muss man ja die Miete bezahlen.«
    »June …«
    »Da kann er immerhin Brötchen mit heimbringen«, sagte ich, und dann lachte ich und lachte. Das war ein alter Witz von Sam. Ich lachte und lachte, nicht weil das so komisch war, sondern weil ich, je länger ich lachte, desto länger meiner Mutter nicht zuhören musste.
    »Großartig«, sagte sie, als ich endlich aufhörte. »Wirklich großartig.«

    Mitte Mai änderte sich alles. Nach monatelangem Schweigen rief mein Agent an, und ich fragte ihn, ob er sich verwählt habe. Er lachte und sagte: »Von wegen, Süße, ich habe nur auf die richtige Rolle gewartet. Was soll ich dich dauernd zum Vorsprechen schicken, wenn die Rolle nichts für dich ist? Aber die da ist dir auf den Leib geschrieben.«
    Ich stellte mir das Wort June einhundertmal auf eine Tafel geschrieben vor. June wird diese Rolle nie bekommen. June wird diese Rolle nie bekommen. Nach sieben Jahren in der engeren Wahl und viel Pech hatte ich gelernt, dass Hoffnung ein gefährliches Gefühl ist, die Mutter allen Leidens. Aber ich rief Showfax an und ließ mir das Drehbuch postlagernd faxen. Zwei Freundinnen von mir kamen rüber und probten mit mir, bis mein Timing perfekt war. Mein Agent hatte recht: Die Rolle war mir auf den Leib geschrieben. Linda McCoy, die drittgrößte Rolle in Joe’s Eats , war eine schlagfertige Kellnerin in
einem schmuddeligen kleinen Lokal. Irgendjemand, der das Sagen hatte, machte sich einen Jux, und ich spielte nur zu gerne mit.
    An einem Dienstagvormittag sprach ich der Assistentin des Casting-Directors vor. Sie war ungefähr so alt wie ich und hübscher, und sie lieferte mir die Stichworte so roboterhaft und monoton, als hätte sie es darauf angelegt, mich aus dem Konzept zu bringen. Aber ich war stark. Ich war Linda McCoy. Am Ende der Szene kicherte die Assistentin des Casting-Directors, ohne es zu wollen.
    Sie riefen tatsächlich wieder an, und eine Woche

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