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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
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Motorrad-Gang.«
    »Wirklich? Bei den Hell’s Angels?«
    »Bei den Suicide Kings. Die waren noch um einiges härter als die Hell’s Angels. Wenn die Suicide Kings eine Kneipe betraten, tranken die Hell’s Angels schleunigst aus und gingen. Hast du Hunter Thompsons Buch über die Hell’s Angels gelesen?«
    »Nein.«
    »Leonard kommt darin vor. Er hat mal einem Typ einen solchen Schlag versetzt, dass er sich dabei die Hand brach, und als er im Krankenhaus war, wo der Bruch eingerichtet wurde, da fanden die Ärzte einen Zahn von dem Typ. Er war zwischen zwei Knöcheln stecken geblieben.«
    »Ein Zahn von dem Typ?«
    »Kannst du dir das vorstellen? Der Zahn steckte an die zwei Zentimeter tief.«

    »Das muss ein Mordsschlag gewesen sein.« Ich fuhr mir mit der Zunge über die Zähne. »War der Typ, dem er den Schlag versetzt hat, ein Hell’s Angel?«
    »Nein. Das war ein Meeresbiologe.«
    »Wenn man dreißig wird«, sagte Michael am Kopfende des Tisches, »sieht man sich genötigt, innezuhalten und Inventur zu machen. Also habe ich das gemacht, und am nächsten Tag gingen die Börsenkurse in den Keller, und jetzt verkaufe ich bei siebeneinviertel.« Im Raum brach lautes Gelächter aus, und Michaels Freunde aus der Finanzbranche schlugen auf den Tisch und brüllten. Ich setzte mein Grinsen auf, kam mir wie ein Idiot vor.
    »Armer Michael«, sagtest du. »Dabei war er früher mal so charmant.«
    Ich wollte dich so sehr, dass es mir den Magen zusammenzog: dein blasses Gesicht, umrahmt vom wilden Gewirr fast pechschwarzer Haare, deine kleinen und schiefen Zähne, dein Schlüsselbein ein flüchtig skizziertes Flügelpaar. Verzeih mir, dass ich das sage, aber deine Schönheit ist ungewöhnlich, und ich war stolz, sie entdeckt zu haben, stolz auf mein Auge, stolz wie ein Schallplattenverkäufer, der das schwarze T-Shirt seiner geliebten, vertragslosen Band trägt.
    »Er brauchte zwei Stunden, um zu verbrennen.«
    Es lag etwas Gewalttätiges zwischen meinen Gedanken und deinen Worten. Ich kam zu dem Schluss, dass ich dich falsch verstanden hatte. »Verzeihung, wie war das?«
    »Leonard. Er war doch so mager, als er starb. Und Fett entwickelt bekanntlich die größte Hitze. Sie sagten, es habe zwei Stunden gedauert, ihn einzuäschern.«
    »Das haben sie dir gesagt?«

    »Normalerweise dauert es eine Stunde, eineinhalb Stunden. Man sollte nicht meinen, dass es so lange dauert.«
    »Darüber habe ich eigentlich noch nie nachgedacht.«
    »Es ist wegen der Knochen«, sagtest du, schobst deinen Stuhl vom Tisch zurück und standest auf. »Knochen brauchen lange, um zu verbrennen. Es war nett, dich kennenzulernen, Frankie.«
    »Gehst du schon?«
    »Ich muss. Ein Freund von mir spielt heute Abend im Blue Note. Lass dir von Michael meine Nummer geben«, teiltest du mir mit, beugtest dich herunter, um mich auf die Wange zu küssen. Ich wollte den Kuss erwidern, aber du hattest dich schon umgedreht. Ich saß am Tisch und schaute zu, wie die krummen Kerzen herunterbrannten, während alle um mich herum tranken und lachten und zu guter Letzt American Pie sangen.

    Ich ließ mir von Michael deine Nummer geben und rief dich am nächsten Abend an, aber du warst die ganze Woche beschäftigt, und in der Woche darauf ebenfalls, und ich fand mich damit ab, dich nie wiederzusehen. Doch dann riefst du mich an, einen Monat nach der Geburtstagsfeier, und ludst mich ein, mit dir den Meteoritenschauer anzuschauen.
    »Am besten ist es angeblich gleich nach Sonnenuntergang«, erklärtest du mir. »Wir treffen uns auf der Sheep Meadow.«
    Die Sonne stand schon ziemlich tief. Ich putzte mir die Zähne, während ich duschte, und der Himmel war noch hell, als ich die Treppe zu meiner U-Bahn-Station hinunterstieg. Dreißig Minuten später stolperte ich auf der Sheep Meadow
über einen aufgebrachten Meteoritenbeobachter. Ich hatte vergessen, dich zu fragen, wo wir uns treffen wollten, und die Meadow ist sehr groß, vor allem in einer mondlosen Nacht. Ich glaubte dich bäuchlings auf einer Decke liegen zu sehen und beugte mich vor, um mich zu vergewissern.
    »Hau ab, du Wichser«, sagte ein Mädchen im Teenageralter.
    Endlich hörte ich dich meinen Namen rufen. »Frankie«, riefst du. »He! Frankie! Hier drüben, Schatz.«
    Du saßest im Schneidersitz auf einer Steppdecke, ganz in Schwarz gekleidet. Alles, was ich sehen konnte, waren deine Hände und dein Gesicht und der weiße Rauch, der aus deinem Mund aufstieg. »Nimm Platz«, sagtest du und klopftest neben

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