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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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dann auf den Ausgang.
    Wieder lachte er. »Okay, versprochen. Es muss toll sein, in San Francisco zu leben. Ich bin furchtbar gern am Meer.«
    Ich schluckte und schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, die Sache mit dem Meer ist ein Mythos.«
    »Ein Mythos?«
    »Jawohl, ein Mythos.« Ich nickte bestätigend.
    »Soll das heißen, San Francisco liegt gar nicht am Meer?«
    »Doch, das schon. Ich meinte damit nur, dass man nicht viel davon hat, weil das Klima in San Francisco nicht ganz dem entspricht, was man von einer Stadt in Kalifornien erwarten würde.«
    »Warum, wie ist es denn?«
    »Es ist kalt dort, Jake. K-A-L-T .«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich. Tagsüber kann es ganz angenehm sein, aber normalerweise ist es neblig, und nachts wird es immer eiskalt. Und auf dem Meer kann man praktisch Eishockey spielen.«
    »Wow, das war mir gar nicht klar.«
    Ich nickte. »Da sind Sie nicht der Einzige. Jedes Jahr sehe ich Leute aus dem ganzen Land nach San Francisco ziehen, die glauben, sie würden am Strand sitzen, noch ehe sie ihre Koffer ausgepackt haben. Und wenn sie dann Frostbeulen kriegen, sind immer alle total enttäuscht. Es ist irgendwie traurig. Als hätten wir sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angelockt.« Ich legte die Stirn in Falten und tat, als würde ich mir eine Träne von der Wange wischen.
    »Ist es wirklich so kalt dort? Im Film sieht es immer so aus, als wäre es angenehm warm.«
    »Das kommt daher, dass diese Filme natürlich an den wenigen sonnigen Tagen im Jahr gedreht werden, an allen anderen erkennt man zwischen all dem Nebel nämlich nicht einmal die Golden Gate Bridge.«
    »Wow. Wer hätte das gedacht.«
    Ich stemmte eine Hand in die Hüfte. »Okay, ich gebe zu, im Oktober ist es wunderschön in San Francisco. Und auch sonst gibt es durchaus hin und wieder Tage, an denen das Wetter einigermaßen mild ist, aber die fallen dann meistens auf einen Dienstag, nie auf das Wochenende, wenn man Zeit hätte, etwas zu unternehmen, wissen Sie?«
    Er schmunzelte. »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Tja, so ist das. Ich warte noch immer auf den Tag, an dem man mal ohne dicke Jacke auf eine Grillparty gehen kann.«
    »Eine dicke Jacke? Auf einer Grillparty?«
    Ich nickte. »Mir ist aufgefallen, dass alle Frauen, die ich kenne, das perfekte ärmellose Barbecue-Outfit im Kleiderschrank hängen haben, aber sie können es nie anziehen, weil es einfach nie warm genug dafür ist.«
    »Das perfekte Barbecue-Outfit?«
    »Das perfekte ärmellose Barbecue-Outfit. Großer Unterschied.«
    Er lachte wieder. »Ist San Francisco denn wirklich so schlimm?«
    »Nein, es ist überhaupt nicht schlimm. Es ist zwar kalt dort, aber abgesehen davon ist es die tollste Stadt überhaupt. Sie sollten mal an einem klaren Tag die Bucht mit all den weißen Segelbooten sehen, da wird Ihnen das Herz aufgehen. Ich würde nicht einmal für viel Geld woanders hinziehen. Außerdem kann es im Umland ziemlich heiß werden, zumindest im Sommer. Wenn man sich aufwärmen will, muss man also bloß etwa fünfzehn Kilometer aus der Stadt rausfahren, egal, in welche Richtung.« Ich lächelte und nahm einen Schluck von meinem Drink.
    Jake kratzte sich an der rechten Augenbraue. Hielt er mich für verrückt? Das war ein ziemlicher Redeschwall gewesen, selbst für meine Verhältnisse.
    »Also, ich bin überzeugt, dass es sich in San Francisco besser leben lässt als in Atlanta«, sagte er.
    »Was ist denn so schrecklich an Atlanta?« Ich legte den Kopf schief und sah zu ihm hoch. Mann, was war er doch für eine Augenweide!
    »Schrecklich ist der falsche Ausdruck. Es ist bloß so, dass ich niemals freiwillig nach Atlanta gezogen wäre. Ich bin in Florida aufgewachsen und liebe das Meer. Es fehlt mir sehr. Aber wenn man für die NBA arbeitet, kann man sich nicht aussuchen, wo man lebt. Das gehört zu den Dingen, die ich an meinem Job nicht so toll finde.«
    »Hm, dieser Aspekt war mir gar nicht bewusst. Für einen Außenstehenden klingt das alles immer so spektakulär und glamourös«, sagte ich. Genau wie mein Job.
    »Sind Sie in San Francisco aufgewachsen?«, wollte Jake wissen.
    »Äh, nicht direkt, aber in der Nähe«, sagte ich und rüstete mich für die unausweichliche nächste Frage.
    »Und wo leben Ihre Eltern jetzt?«
    Ich starrte auf den Boden. »Ähm, mein Dad lebt in der Nähe von Sacramento. Meine Mom ist gestorben, als ich noch klein war.«
    »Oh, nein, das tut mir leid.«
    »Danke«, murmelte ich.
    »Das muss ein schwerer Schlag

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