Alles auf eine Karte
festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Dann nahm ich mein Glas und beschloss, nach Kent und Davey zu suchen. Sie mussten doch hier irgendwo sein, zwischen all den anderen Gästen. Ich vollführte eine Vierteldrehung und stieß prompt mit einem Pärchen zusammen, das neben meinem Tisch stand, so dass sich der Rest meines Cocktails auf den Boden ergoss.
»Ach, du liebe Zeit. Tut mir schrecklich leid«, lallte ich.
»Kein Problem«, beruhigte mich der junge Mann. »Ist alles okay?«
Ich wischte mir die Hände an meinen Jeans ab. »Ja, ja, tutti paletti. Verzeihen Sie.« Tutti paletti? Von wegen. Ich sah bereits alles doppelt.
»Sie kommen mir so bekannt vor.« Die junge Blondine, die neben ihm stand, legte prüfend den Kopf schief. »Sind Sie aus San Francisco?«
»Äh, ja«, sagte ich.
Sie streckte mir die Hand hin. »Ich heiße Kristi Benton, und das ist John Callahan, mein Freund. Wir arbeiten für Reebok Advertising, und Sie?«
»Amanda Woodward von D&D Advertising«, erwiderte ich und schüttelte ihre Hand.
»Hi, Amanda. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt sollte das ein Witz sein.«
Ich blickte in ratlose Gesichter.
»Na, Sie wissen schon – D&D Advertising, die Werbeagentur aus Melrose Place ?«
Keine Reaktion.
Mann, ich bin echt alt. »Also, in Wahrheit heiße ich Waverly Bryson und arbeite für K.A. Marketing.«
»Ah!« Kristi lächelte. »Ich wusste doch, dass wir uns schon mal begegnet sind. Die Mitbewohnerin meiner älteren Schwester ist eine ihrer Kolleginnen. Mandy Edwards heißt sie.«
»Mandy Edwards? Ja, die ist in meiner Abteilung«, lallte ich.
»Wir haben Mandy vor ein paar Wochen zum Lunch im Büro besucht. Sie ist sehr begeistert von ihrem neuen Job.«
»Kann ich mir vorstellen. K.A. Marketing ist ein tolles Unternehmen.« Wenn Mandy wüsste, dass ihre neuen Kollegen alles andere als begeistert von ihr waren …
»Tja, war schön, Sie zu sehen, Waverly. Ich werde Mandy erzählen, dass wir uns getroffen haben.«
»Tun Sie das«, flötete ich. Gott bewahre. »Hat mich gefreut, mit Ihnen zu plaudern.«
Ich wandte mich zum Gehen und kollidierte gleich wieder mit jemandem. Himmel nochmal! Höchste Zeit, mir drei, vier Liter Wasser hinter die Binde zu kippen und mich dann in die Horizontale zu begeben.
»Ach, da sind Sie ja wieder. Ich dachte schon, Sie wären gegangen.«
Ich hob den Kopf. Es war Jake.
»Ähm, nein, noch nicht.« Nur nicht schwanken jetzt. Ich stützte mich ganz lässig an einem Barhocker ab.
»Alles klar bei Ihnen?«, wollte er wissen.
»Ja, alles in Butter. Warum fragen Sie?«
Er schüttelte den Kopf. »Weil Sie so urplötzlich verschwunden sind. Wo haben Sie gesteckt?«
»Verschwunden? Ich? Oh, tut mir leid, ich musste mal, und außerdem hatte es den Anschein, als wären Sie … beschäftigt.«
»Beschäftigt? Ich?« Er grinste, und ich spürte, wie mein Herz schneller schlug.
Ich fummelte an meinem Ohrstecker herum. »Nun, ja, mit Ihrer Bekannten, meinte ich. Es sah so aus, als hätten Sie einander viel zu erzählen, und da wollte ich nicht stören.«
Er musterte mich einen Augenblick schweigend.
Dann fragte er: »Haben Sie Lust zu tanzen, Waverly?«
Ob ich Lust hatte, zu tanzen? Was für eine Frage. Ich wäre am liebsten auf der Stelle zur Bühne gerannt und hätte der Band zehntausend Dollar zugesteckt, damit sie einen Schmusesong spielte.
»Äh, gern.«
»Nach Ihnen.«
Wir schlängelten uns hintereinander durch das Gedränge in Richtung Bühne, und als er mir eine Hand auf den Rücken legte, durchströmte mich eine Hitze, als würden seine Finger meinen Körper in Brand setzen. Auf der Tanzfläche angekommen, entdeckte ich dann endlich Kent und Davey. Sie tanzten mit zwei Mädchen, die ich nicht kannte, und winkten uns zu sich.
»Da bist du ja! Wir haben dich schon überall gesucht.« Davey packte mich bei der Hand und stellte mir seine und Kents Tanzpartnerin vor. Ich konnte kaum ein Wort verstehen, so laut dröhnte Madonnas Vogue aus den Boxen.
»Das ist Jake«, schrie ich über den Lärm hinweg. »Jake, das sind Davey und Kent.«
»Hallo, Jake!«, schrie Davey.
Kent schob ein »Freut mich, Sie kennenzulernen!« hinterher.
»Gleichfalls!«, brüllte Jake aus Leibeskräften.
»Soll ich mal sehen, ob ich ein Megafon auftreiben kann?«, lallte ich, allerdings in normaler Lautstärke, so dass meine Worte im Lärm untergingen.
Die kleine Schneise, die sich um uns herum gebildet
Weitere Kostenlose Bücher