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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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hatte, schloss sich rasch, und im Nu wurden Jake und ich vom Gewühl verschluckt. Nachdem die letzten Takte von Vogue verklungen waren, ertönte der wahrscheinlich beste Schmusesong aller Zeiten: Who’s Crying Now? von Journey. Die Götter hatten meine Gebete erhört!
    Jake musterte mich fragend. »Und, sollen wir weitertanzen?«
    Ich zuckte die Achseln. »Meinetwegen.«
    »Meinetwegen?«, wiederholte er. »Ist das alles?«
    Ich grinste. »Ja. Meinetwegen.«
    »Waverly, Sie sind echt ein schräger Vogel.«
    Ich linste zu ihm hoch. Er legte lachend die Arme um mich, und ich lehnte den Kopf an seine Brust, und dann tanzten wir.
    Mir wurde ganz heiß, und ein Kribbeln ging durch meinen Körper, vom Kopf bis in die Finger- und Zehenspitzen.
    »Waverly?«, murmelte Jake und sah auf mich hinunter.
    Ich schloss die Augen und seufzte. »Hmm?« Ich hatte das Gefühl, zu schweben.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Ich wollte ihm gerade antworten, da wurde mir plötzlich schwindlig. Sehr, sehr schwindlig. Erst jetzt, mit geschlossenen Augen, bemerkte ich, wie betrunken ich wirklich war. Ich war echt vollkommen hinüber.
    Höchste Zeit, mich zu verziehen. Höchste Zeit, eine Toilette aufzusuchen. Allerhöchste Zeit!
    »Ich muss weg.« Ich löste mich von Jake und presste mir eine Hand auf den Mund.
    Er hielt mich zurück. »Wo wollen Sie denn hin? Ist alles in Ordnung?«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Ich war derart betrunken, dass ich nicht mehr geradeaus denken oder sehen konnte, aber ich wusste, ich musste weg, von Jake, von allen. Ich riss mich los und drängte mich durch die Menschenmenge.
    Sobald ich die Tanzfläche hinter mir gelassen hatte, hastete ich in Richtung Lobby, wo ich beinahe Mandy Edwards Bekannte umgerannt hätte. Ich schenkte den beiden gar keine Beachtung, sondern stieß die Tür zur Damentoilette auf, eilte durch den mit Teppichboden ausgelegten Vorraum und verbarrikadierte mich in der hintersten Kabine.
    Und dort kotzte ich mir die Seele aus dem Leib.
    *
    Als ich am Samstagmorgen erwachte, hätte ich schwören können, dass man mir eine Familienpackung Watte in den Mund gestopft hatte. Jeder Zentimeter meines Körpers schmerzte, und mein Kopf fühlte sich an, als würde er in einem riesigen Nussknacker feststecken.
    Ich rollte mich zum Nachttisch herum und spähte auf den Wecker.
    Es war sieben Uhr vierzehn. Wann war ich ins Bett gegangen? Wie war ich zum Hotel zurückgekommen?
    Ich richtete mich auf und massierte mir den dröhnenden Schädel. Dann fiel mir auf, dass ich vollständig angezogen auf der Tagesdecke lag und sogar noch meine Schuhe, Ohrringe, Halskette und die Armbanduhr trug. Mantel, Handtasche und Pulli hingen über der Stuhllehne.
    »Na, wenigstens ist mir nicht viel mehr abhandengekommen als meine Würde und mein Abendessen«, stellte ich trocken fest, obwohl mir nicht zum Lachen war.
    Ich streifte die Pumps ab, dann krabbelte ich quer über das Bett, angelte mir die braune Mappe mit meinem Ticket von der Frisierkommode, und schlug sie auf. Mein Flug nach San Francisco ging um zehn. Ich musste also um halb neun in ein Taxi zum Flughafen steigen. Puh, Gott sei Dank hatte ich nicht verschlafen.
    Sehr, sehr vorsichtig erhob ich mich, ging zur Minibar und leerte in einem Zug eine Flasche Mineralwasser für satte sechs Dollar. Dann streifte ich die Kleider ab und ließ sie auf den Boden fallen, ging unter die Dusche und drehte das Wasser auf, so heiß ich es vertragen konnte. Die gläserne Duschkabine beschlug sogleich vom Dampf, so dass ich nichts mehr sehen konnte, und das war mir auch ganz recht so.
    Seufzend lehnte ich den Kopf an die Scheibe und versuchte, mir die Ereignisse des vergangenen Abends in Erinnerung zu rufen. Die Details waren ziemlich verschwommen, dafür waren mir die Eckpfeiler umso schmerzlicher bewusst. Ein Vollrausch samt Kotzmarathon. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht? Ich war doch keine sechzehn mehr . Und das alles auf der Party eines Klienten! In der PR -Welt ist Image alles, und ich hatte mich ungefähr so professionell verhalten wie ein Fahrlehrer, der die Großeltern seines Fahrschülers überfährt.
    Mein letzter deutlicher Sinneseindruck war das heftige Schwindelgefühl, das mich auf der Tanzfläche überkommen hatte. Ich erinnerte mich vage daran, dass ich mich kaum mehr auf den Beinen hatte halten können und zur Toilette gewankt war, wo ich mich mehrmals übergeben hatte, aber das war’s dann auch schon. Ich hatte keinen blassen Schimmer,

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