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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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hatten die Umkleiden verlassen und wärmten sich zu den Klängen eines mir unbekannten Hip-Hop-Songs auf. Für diese Art von Musik war ich eindeutig zu uncool. Ich ließ den Blick über das Spielfeld gleiten und erstarrte.
    Jake stand am Rand und unterhielt sich mit einem Spieler.
    Er sah sogar noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte.
    »Hi, Jake«, flüsterte ich.
    Ich war nur ungefähr zehn Reihen vom Spielfeld entfernt, also beschloss ich, ein Weilchen stehen zu bleiben und abzuwarten, in der Hoffnung, dass er irgendwann zufällig in meine Richtung gucken würde. Ich umklammerte mein Tablett und ließ ihn nicht aus den Augen, während sich eine regelrechte Völkerwanderung an mir vorbeidrängte.
    Als er mich nach etwa fünf Minuten noch immer nicht entdeckt hatte, gab ich auf und beschloss, zu meinem Platz zurückzukehren. Ich konnte es ja in der Halbzeit noch einmal versuchen. Ich machte den ersten Schritt, wandte dann noch einmal kurz den Kopf, um sicherzugehen, dass ich mich auch in der richtigen Reihe befand, und genau in diesem Moment sah Jake zu mir hoch, und unsere Blicke trafen sich.
    Es dauerte nur eine Sekunde. Er lächelte, und mir blieb beinahe das Herz stehen.
    Ich wollte zurücklächeln, aber meine dämlichen Beine führten ein Eigenleben und hatten bereits die nächste Stufe erklommen, und ehe ich wusste, wie mir geschah, stieß ich mit einem ganzen Rudel kleiner Kinder zusammen. Ich taumelte, verlor das Gleichgewicht, und schon war die Bruchlandung perfekt. Mein Papptablett segelte durch die Luft, und eine bunte Mischung aus Bier, gesalzenen Erdnüssen, Servietten und Pommes mit Knoblauchbutter regnete auf mich herab, und zum krönenden Abschluss landete die Brezel mit Senf auf meinem Kopf.
    Heiliges Kanonenrohr.
    Sogleich eilte der Vater von einem der Knirpse herbei. »Haben Sie sich wehgetan?«
    »Äh … nein … alles bestens, danke«, stammelte ich und klaubte mir gut zwei Dutzend Knoblauchpommes von der Brust. Dann schnappte ich mir ein paar Servietten und ließ mir von ihm auf die Beine helfen. »Sehen Sie? Alle Knochen noch heil«, sagte ich halbherzig grinsend, während ich mit den Servietten an meiner Hose und meinem Pulli herumtupfte.
    »Tut mir sehr leid. Mein Sohn und seine Freunde hätten besser achtgeben müssen.«
    Ich winkte ab und drückte eine Serviette auf meine vor Bier triefende rechte Schulter. »Nein, nein, es war meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hintrete. Es ist alles okay, ehrlich. Ich werde nur kurz einen Waschraum aufsuchen, um die schlimmsten Spuren zu beseitigen.«
    »Und Sie haben sich auch bestimmt nicht verletzt? Meine Frau könnte Ihnen helfen, wenn Sie wollen.« Er winkte eine kleine, stämmige Blondine mit Turmfrisur herbei. »Mäuschen, würdest du diese junge Dame zur Toilette begleiten?«
    Seine Gattin, dem blaugelben Trikot nach zu urteilen ein Warriors-Fan, ergriff besorgt meinen Ellbogen. »Alles in Ordnung, Schätzchen?«, fragte sie. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Danke, aber das ist wirklich nicht nötig.« Ich zwang mich, zu lächeln. »Es geht mir gut, Ehrenwort.« Ich war nicht erpicht auf eine große Szene; ich wollte einfach möglichst schnell und unauffällig verschwinden.
    »Okay, aber passen Sie auf sich auf. Und falls ich irgendetwas für Sie tun kann, sagen Sie Bescheid, ja?«
    Ich tätschelte ihre Schulter. »Danke, sehr nett von Ihnen.« Dann drehte ich mich um und sah noch einmal aufs Spielfeld hinunter, doch Jake war verschwunden. Eine Truppe silikonbrüstiger Cheerleader hopste auf dem Parkett umher.
    Während ich zu dem Bereich mit den Getränke- und Imbissbuden zurückkehrte, wurden die Scheinwerfer gedimmt, und der Hallensprecher verkündete mit dröhnender Stimme die Namen der Spieler. Es würde jeden Augenblick losgehen. Wenigstens waren die Toiletten jetzt leer. Ich betrachtete mich eingehend im Spiegel. Ich sah aus, als hätte ich in Bier, Erdnusssalz, Knoblauchbutter und kiloweise Senf gebadet. Selbst meine Haare waren nicht verschont geblieben. Super. Senfsträhnchen. Ich nahm einen Stapel Papiertücher aus dem Spender an der Wand, drehte den Wasserhahn auf und startete eine groß angelegte Reinigungsaktion.
    Als ich endlich mit einer neuen Ladung Snacks bei Andie angelangt war, hatte ich über fünfzig Dollar ausgegeben und das erste Viertel des Spieles verpasst.
    »Was war denn los? Ich war schon nahe daran, eine Vermisstenanzeige aufzugeben.«
    Ich stellte das Tablett ab und deutete auf meine

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