Alles auf eine Karte
aber ich bin nicht sicher, mit welchem.«
»Im Ernst?«
»Im Ernst.«
»Du hast echt keine Ahnung, welcher es ist?«
»Nicht die geringste.«
»Aber … wie kann denn das sein?«
Ich streckte ihr die Hand hin. »Gestatten, Waverly Bryson.«
Sie schüttelte lachend den Kopf. »Ach, richtig. Dann bin ich mal gespannt, welcher Darren heute Abend auftaucht.«
»Willkommen im Club. Ich habe wirklich keinen Schimmer. Sein Anruf kam so überraschend, dass mir keine Zeit blieb, eindeutig abzuklären, welchen der beiden ich nun an der Strippe habe. Und dann hatte er mich auch schon gefragt, ob ich mit ihm essen gehe.«
»Hast du nicht einen von ihnen geküsst?«
Ich nickte. »Hab ich.«
»Aber der andere gefiel dir besser, richtig?«
Wieder nickte ich. »Richtig. Mit dem habe ich allerdings nur ganz kurz geredet, und da waren wir nicht allein. Aber er war ein Adonis, so viel steht fest. Andererseits kann der andere auch nicht so schlecht ausgesehen haben, sonst hätte ich ihn schließlich nicht geküsst.«
»Na, ich weiß nicht recht. Denk daran, wie du drauf warst, ehe du Aaron kennengelernt hast. Sobald du ein paar Drinks intus hattest, warst du bereit, jeden zu küssen, der zufällig des Weges kam.«
Ich lachte. »Stimmt. Ich habe nicht ohne Grund behauptet, ich würde an AKS leiden.«
»Ach, richtig, dein alkoholbedingtes Kuss-Syndrom. Das war der Knüller. Ja, ja, die guten alten Zeiten …«
»Ich bin total aus der Übung, was Verabredungen angeht«, klagte ich. »Warum musste ich auch unbedingt zu dieser dämlichen Spinning-Stunde! Ich hätte mal lieber meine Dating-Muskeln trainieren sollen.«
»Also, ich hoffe für dich, dass heute Abend der attraktive Darren kommt. Jedenfalls muss er dich wirklich mögen, wenn er sich am Freitagabend mit dir verabredet. Das gilt bei einem Typen schon als deutliches Signal«, stellte McKenna fest. Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge haben erste Dates in San Francisco grundsätzlich während der Woche oder am Sonntag stattzufinden. Wenn jemand ausnahmsweise einen heiligen Freitag- oder Samstagabend opfert, dann muss er schon ernste Absichten haben. Ich für meinen Teil finde das total lächerlich, vor allem, wenn ich daran denke, wie viele Freitag- und Samstagabende ich vergangenes Jahr allein zu Hause verbracht habe.
»Wir werden sehen, Mackie, wir werden sehen«, orakelte ich.
»Wehe, du rufst mich morgen Vormittag nicht an. Ich will alles wissen.«
Ich salutierte. »Aye, aye, Sir. Ach, ja, und sag Hunter, dass er ein Prachtkerl ist, ganz egal, was sein Vater meint.«
»Das gilt aber auch für dich«, sagte sie. »Vergiss das nicht.«
*
Um halb acht stand ich in Morgenmantel und Pantoffeln vor meinem Schrank und konnte mich einfach nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. Ich war für acht mit Darren im Kilkenny verabredet. Das erste Date. An einem Freitagabend. Drinks und Dinner. Die Chancen, dass es der richtige Darren war, standen fünfzig zu fünfzig. Ich musste also gut aussehen, aber nicht zu gut, für den Fall, dass doch der falsche Darren aufkreuzte. Ich war immerhin schon zu dem Entschluss gelangt, dass ich dunkle Jeans und hochhackige schwarze Stiefel tragen würde, doch es fehlte noch ein passendes Oberteil. Bügel für Bügel ging ich den Inhalt meines Kleiderschranks durch, als stünde ich bei Bloomingdale’s und hätte an jedem Stück, das mir die Verkäuferin reichte, etwas auszusetzen.
Schließlich entdeckte ich in der hintersten Ecke eine ärmellose Bluse aus einem leichten Baumwollstoff, die ich schon völlig vergessen hatte. Ich hatte sie vor etwa einem Jahr im Ausverkauf in einer Boutique in Sausalito erstanden, aber aus unerfindlichen Gründen noch nie getragen. Sie war dunkelrot mit blauen und grünen Spiralen, und der tiefe, weiche V-Ausschnitt ließ meine Schlüsselbeine gut zur Geltung kommen.
Ich zog die Bluse vom Bügel, probierte sie an, schlüpfte in meine Jeans. Soweit, so gut. Ich ergänzte mein Outfit mit einem breiten schwarzen Wildledergürtel mit mattsilberner Schnalle und entschied mich für schwarze Slingpumps anstelle der Stiefel, weil das besser zum ärmellosen Top passte. Dann betrachtete ich mich im Spiegel, von vorn und von der Seite. Es war gewagt, beim ersten Date ein tief ausgeschnittenes Oberteil zu tragen, aber ich ging ohnehin davon aus, dass es auch das letzte Date sein würde, ich hatte also nichts zu verlieren. Der heutige Abend war der ideale Probelauf für meinen Fitnessplan, der meine Dating-Muskeln
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