Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
er will. Immerhin befinden sich die beiden auf deinem Grundstück.«
»Nein, warte.«
Ellen kaute auf einem Fingernagel herum, während sie zuschaute, wie Luisa die Visitenkarte so sorgsam wie ein wichtiges Dokument in ihre Handtasche steckte und dann wegging. Der Mann hob grüßend die Hand, drehte sich um und ging mit großen Schritten auf das Haus zu. Er nahm seine Sonnenbrille ab. Ärger und Entschlossenheit spiegelten sich auf seinem Gesicht, so als strebte er im Flughafen zum Schalter für verlorenes Gepäck.
»Gut.« Patrick ließ die Müllsäcke von seinen Schultern gleiten und öffnete die Fliegengittertür. »Kann ich Ihnen helfen?«
Seine Stimme klang unverhohlen aggressiv. Ellen zupfte hinten an seinem T-Shirt. »Patrick …«
»Ich möchte Ellen O’Farrell sprechen«, sagte der Mann, ohne zu lächeln. Die meisten Menschen ringen sich wenigstens ein förmliches Lächeln ab, wenn sie vor einer fremden Haustür stehen.
»Haben Sie einen Termin?« Patrick straffte die Schultern.
»Nein.« Der Mann hob herausfordernd sein Kinn, als wollte er sagen: Na und? Brauch ich etwa einen?
Patrick wölbte die Brust, und Ellen dachte: Sieh mal einer an, mein Beschützer, mein edler Ritter! »Dann kommen Sie am besten wieder, wenn Sie einen haben.«
Ellen fand, dass das Ganze allmählich lächerlich wurde. Sie trat vor und sagte: »Ich bin Ellen. Kann ich …« Der Mann wandte sich ihr zu, und in seinen Augen loderte so viel Hass, dass ihr die Stimme stockte. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich bin Ian Roman. Meine Frau ist eine ›Patientin‹ von Ihnen. Rosie. Erinnern Sie sich? Sie wollten ihr dabei behilflich sein, das Rauchen aufzugeben, aber komischerweise raucht sie immer noch eine Schachtel am Tag.«
Ja, natürlich! Rosies reicher Ehemann. Ein »großes Tier«. So hatte Rosie ihn genannt. Er war in der Immobilienbranche, oder? Oder ein Medienzar? Ellen konnte sich nicht mehr erinnern. Sie wusste nur, dass sie sein Gesicht in den Zeitungen gesehen hatte.
»Es interessiert mich nicht, wer Sie sind«, sagte Patrick. Aber Ellen bemerkte die kaum wahrnehmbare Veränderung in seinerStimme. Er wusste ganz genau, wer Ian Roman war und welche gesellschaftliche Stellung er einnahm. »Sie können nicht einfach hier hereinplatzen, wenn Sie keinen Termin haben.«
»Das ist schon in Ordnung«, sagte Ellen schnell. Sie trat zwischen die beiden Männer und warf Patrick einen Blick zu, der besagte: Danke, mein Schatz, aber das schaffe ich schon. »Wenn Sie mir in mein Büro folgen wollen, Ian.« Sie sprach seinen Namen mit Nachdruck aus. »Ich muss Sie bitten, sich kurz zu fassen. Zehn Minuten, mehr Zeit habe ich nicht.«
»Ich bin hier unten«, knurrte Patrick gleichsam als Warnung an den Besucher.
Ian Roman folgte Ellen nach oben. Er sah sich in ihrem reizenden Arbeitszimmer um, und seine Nasenflügel blähten sich wie bei einem höchst unappetitlichen, ekelerregenden Anblick. »Hier behandeln Sie also Ihre ›Patienten‹, indem Sie sie angeblich hypnotisieren.«
»Setzen Sie sich doch.« Ellen deutete auf den grünen Relaxsessel und fügte, vielleicht aus Nervosität, spitz hinzu: »Hier ist Konfekt, bedienen Sie sich.«
Ian setzte sich, würdigte die Schale mit dem Konfekt aber keines Blickes. Er zupfte an seinen Hosenbeinen. Ellen setzte sich ihm gegenüber und ging im Geist ihre letzte Sitzung mit Rosie durch.
Ian beugte sich unvermittelt vor. »Neulich abends war Rosies Schwester bei ihr zu Besuch. Ich komme früher nach Hause, ich sehe im Flur die Post durch und höre, wie sich die beiden unterhalten. Ich achte erst nicht darauf, aber dann dringen ihre Worte plötzlich zu mir durch, und wissen Sie, was ich höre?«
Er wartete nicht auf eine Antwort.
»Ich höre, wie meine Frau sagt, sie habe unter Hypnose herausgefunden, dass sie mich nicht wirklich liebt. Großartig! Aber das ist alles kein Problem, verstehen Sie, das ist völlig in Ordnung, weil sie jetzt unter Hypnose dazu gebracht wird, mich zu lieben. Für einhundertfünfzig Dollar die Sitzung! Das Rauchen aufgeben? Lassen wir das doch, das ist viel zu schwer, sorgen wir lieber dafür,dass Sie Ihren Mann lieben. Den, den Sie erst vor ein paar scheißverdammten Minuten geheiratet haben!«
Ellen tat einen tiefen, zittrigen Atemzug. Was war nur los heute? Lag das an der Luft? Sie bemühte sich, mit sachlicher und professioneller Stimme zu sprechen und dabei doch einfühlsam zu sein. »Sie verstehen sicher, dass ich nicht mit Ihnen über die Therapie
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