Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
ihn gesehen, als Patrick zerstreut damit spielte, während er, mit dem Telefon in der anderen Hand, auf und ab ging und aufgebracht auf jemanden einredete. Das Gespräch war so ernst gewesen, dass Ellen ihn nicht mit der Bemerkung »He, gib mir meinen Wohlfühlstein zurück!« hatte unterbrechen wollen.
Sie seufzte und brühte sich eine Tasse Ingwertee auf. Ihr war, als könnte sie ihre Mutter verächtlich schnauben hören: »Wohlfühlstein, dass ich nicht lache! Trink lieber deinen Tee!«
Eine Stunde später traf Luisa ein. Patrick, der gerade einen Karton verschiedener Sachen, die er für einen guten Zweck spenden wollte, aus dem Haus schleppte, wäre beinah mit ihr zusammengestoßen. Er trat zur Seite, um sie vorbeizulassen, nickte ihr grimmig zu und hastete dann den Gartenweg hinunter zum Auto. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und sein Blick wirkte gehetzt. Nachdem er Jack zur Schule gefahren hatte, war er gleich zurückgekommen und schuftete seitdem wie ein Verrückter, so als hätte man ihm eine viel zu knappe Frist gesetzt, die er aber unbedingt einhalten wollte.
Falls du noch den letzten Beweis gebraucht hättest, dass Hypnose tatsächlich funktioniert …
»Entschuldigen Sie«, sagte Ellen. »Mein … äh … Verlobter ist damit beschäftigt auszumisten.«
»Ach ja, ich habe schon gehört, dass Sie heiraten werden.« Luisa betupfte sich die Nase mit einem offenbar schon völlig durchgeweichten Papiertaschentuch. Sie sah wie der Inbegriff einer erkälteten Frau aus, so als träte sie in einer Fernsehwerbung für Grippetabletten auf. Ihre Nase war gerötet, ihre Augen blutunterlaufen und verschwollen. Ellen spürte, wie ihre Nebenhöhlen sich gleichsam solidarisch verstopften.
»Sie haben gehört, dass ich heiraten werde?«, wiederholte Ellen verdutzt, als sie Luisa nach oben voranging. Sie dachte sofort an Saskia. Erzählte sie etwa all ihren Patienten davon?
»Patricia Bradbury«, antwortete Luisa nur.
Julias Mutter. Ellen hatte nicht mehr daran gedacht, dass Luisas und Julias Mutter befreundet waren.
Sie fragte sich, ob Luisa dann auch von ihrer Schwangerschaft wusste. Aber die Leute hatten doch sicher Besseres zu tun, als einer Frau, die sich verzweifelt ein Kind wünschte, von der Schwangerschaft einer anderen zu erzählen, oder?
Ellen bat Luisa mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen, und fragte: »Soll ich Ihnen eine Tasse Kräutertee machen? Mit Zitrone und Honig für Ihre Erkältung?«
» Ich werde nicht schwanger«, nuschelte Luisa. »Aber Sie .«
Anscheinend hatten manche Leute doch nichts Besseres zu tun.
»Ja, das … äh … ist richtig. Aber es ist noch sehr früh und …«, begann Ellen.
»Ich hab gehört, es war ein Betriebsunfall«, fiel Luisa ihr ins Wort. Sie schniefte, riss ein paar Papiertücher aus Ellens Schachtel heraus und putzte sich ungestüm die Nase.
»Es war nicht geplant, das ist richtig«, sagte Ellen behutsam. Sie setzte sich und griff nach Luisas Akte, die sie vor der Sitzung griffbereit auf den Beistelltisch gelegt hatte.
»Vielleicht haben Sie versehentlich sich selbst hypnotisiert anstatt mich.« Luisa stieß ein bitteres Lachen aus, das in einen Hustenanfall überging.
»Das kommt Ihnen sicher sehr ungerecht vor«, begann Ellen abermals.
»Sie haben gesagt, Sie schaffen es, dass ich schwanger werde.«
»Das habe ich nicht gesagt!«, entfuhr es Ellen unwillkürlich.
So etwas hätte sie nie gesagt, auch wenn sie sehr zuversichtlichwar, was den Erfolg ihrer Behandlung betraf. Sie hatte im Lauf der Jahre etlichen Frauen mit ähnlichen Problemen geholfen. Viele hatten sich in Briefen überschwänglich bei ihr bedankt und Fotos ihrer Babys mitgeschickt; eine Frau hatte ihr Kind sogar nach Ellen genannt.
»Ich will mein Geld zurück«, sagte Luisa schneidend. »Ich bin nur deswegen hergekommen. Sie sind eine Betrügerin. Sie nutzen die Leute aus, wenn sie leiden, wenn sie am verwundbarsten sind. Ich kann nicht glauben, dass man Sie mir empfohlen hat!«
Eine kribbelnde Hitzewelle durchflutete Ellen wie eine spontane allergische Reaktion. »Hören Sie, Luisa, es tut mir wirklich leid …«
»Geben Sie mir mein Geld zurück!«
Erstatte einem Patienten niemals sein Geld zurück. Flynn hatte ihr das immer wieder eingebläut. Du bietest professionelle Dienste an. Profis leisten nicht grundlos eine Rückvergütung. Respektiere dich selbst. Respektiere deine Arbeit.
»Sie sind eine Quacksalberin«, fuhr Luisa fort. Ihre Stimme bebte, sie war den Tränen
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