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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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lobte ich ihn. Ich saß auf meinem Lieblingsplatz und stützte vorsichtshalber meinen Kopf mit der Hand an der Stirn ab, damit er sie nicht gleich sah. Carsten griff nach dem auf dem Buffet stehenden, aufgefetzten Päckchen, wühlte darin herum und beförderte eine Lesebrille ans trübe Küchenlicht.
    »Guck mal, Tati, für dich hat Bernhard auch eine Brille reingelegt. Mit lieben Grüßen!«, überreichte mir Carsten eine rote Hülle.
    Mist! Mein Freund Bernhard wies mich auf einen Missstand hin, den ich bisher erfolgreich ignoriert hatte. Schon nach meiner allerersten Lesung in Beelitz wollte Bernhard mir liebevoll eines seiner schicken Brillengestelle aufdrängen, weil er gesehen hatte, dass ich das Buch weit weg von meinem Gesicht hielt. Damals war ich wegen der Premiere so unsicher, aufgeregt und verwirrt gewesen, dass ich emotional gar nicht in der Lage gewesen war, mich mit meiner eventuellen Augenschwäche zu beschäftigen. Jetzt inspizierte ich Bernhards dezenten Hinweis auf meine galoppierende Altersweitsichtigkeit und befürchtete ein hämisches Grinsen von Carsten. Doch sein Gesichtsausdruck verriet keine Spur von Schadenfreude. Ich setzte mir das rote, mit passenden Strass-Steinen verzierte Brillenmodell auf die Nase. Carsten strahlte mich an und äußerte trotz eigener Brille und klarer Sicht anerkennend: »Die steht dir aber gut!«
    »Ich muss mir das selber mal angucken«, erwiderte ich, stand auf und ging ins Bad. Carsten folgte mir. Wir drängelten uns vor dem Badezimmerspiegel, und ich stellte nicht nur widerwillig fest, dass mir meine Brille wirklich gefiel, sondern dass ich sogar das Kleingedruckte auf den Döschen und Tuben auf meiner Ablage lesen konnte.
    »Wie spannend ist das denn! Endlich erfahre ich, was in den Faltencremes alles drin ist.«
    »Jetzt kannst du auch das Kleingedruckte in Verträgen lesen. Unter diesen Bedingungen fällt ein Ehevertrag zwischen uns aus.«
    Ups. Ehevertrag? Ich wusste mal wieder nicht, ob Carsten es ernst meinte oder ob er sich über mich lustig machte. Während wir, nebeneinander stehend, in den großen Spiegel über dem Waschbecken starrten, hatte mich mein schlechtes Botox-Gewissen sofort wieder im Griff. Meine Stirn schien mir mit 1,5 Dioptrien noch glatter zu sein als ohne Brille. Wenn Carsten jetzt doch was merkte? Warum nur hatte ich meinem Geliebten nicht gleich von meinem Botox-Eingriff erzählt? Fehlte mir das Vertrauen zu ihm? Als ich gerade mit meiner Beichte beginnen wollte, trafen sich unsere Blicke im Spiegel, und Carsten stellte fest: »Was ich jetzt alles sehen kann. Und so scharf. Werde ich auch, wenn ich dich angucke!«
    Mir fiel ein Stein vom Herzen. Carsten schien nicht zu merken, dass ich auf der Stirn blutjung aussah. Nicht ohne kleine innere Genugtuung nahm ich beim Blick nach rechts wahr, dass auch mein Märchenprinz schon ein paar Falten hatte. Ich lächelte mich im Spiegel erleichtert an, bis ich plötzlich durch meine neue Brille Härchen an verschiedenen Stellen meines Gesichts entdeckte, an denen ich vorher nicht mal Haarwurzeln vermutet hätte. Wo kamen die denn plötzlich her? Verunsichert tastete ich über meine Oberlippe und beschloss verärgert, diese Fusseln nicht als Damen-Barthaare zu akzeptieren. Das waren lediglich verirrte Wimpern.
    Carsten stieß mit der Nase an den Spiegel.
    »Guck mal, Tati, siehst du das? Ich habe überall Mitesser!«
    Ich schaute ihn an, und tatsächlich: kleine schwarze Punkte an Carstens Kinn!
    »Ja, sehe ich!« Ich nahm meine Brille ab und guckte wieder. »Jetzt sind sie weg!«
    »Oh je, ich muss dringend zur Kosmetik!«
    »Geh zu meiner Kosmetikerin, die ist gut, vor allem beim Ausreinigen der Haut! Soll ich dir einen Termin machen?«
    »Bitte, so schnell wie möglich! Ich möchte doch zu deiner Premiere gut aussehen.«
    Carsten küsste mich dankbar auf meine glatte Stirn, zog mich in die Küche und reichte mir den Telefonhörer.
    »Du hast es aber eilig. Sind doch noch zehn Tage Zeit!«
    »Bitte, ruf an. Ich will die weghaben, die Dinger. Ich koche uns auch was ganz Tolles heute«, trieb mich mein Kosmetikfreak an. Ich wählte Pias Nummer.
    »Hallo, hier ist Tatjana!«
    »Na, du hast dich ja lange nicht gemeldet. Brauchst du einen Termin?«
    »Jaha, aber nicht für mich, sondern für Carsten!«
    »Ach, dann lerne ich deine Internetbekanntschaft auch mal kennen? Ist noch alles in Ordnung bei euch? Wann heiratet ihr?«
    »An unserem dritten Kennenlerntag. Habe den Termin jedenfalls

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