Alles bestens
herüber. Sie hatte grüne Augen und Goldfischlippen.
Jetzt hangelte sie ihre Beine aus dem Bett, stand auf, schwang sich ein grünes Handtuch über die Schultern, schlüpfte in grüne Flip-Flops und ging zum Pool. Dort stellte sie die Flip-Flops ab, legte ihr Handtuch darüber und kletterte rückwärts die Treppe hinab, ins blaue Wasser.
Ich sprang auf; der gute alte Sascha kippte fast aus der Hängematte.
Suzi II war allein im Wasser. Sie schwamm von Beckenrand zu Beckenrand. Ich weiß auch nicht, was mich packte, vielleicht war es der Ausflugsdampfer auf der Spree, der immer näher kam, oder ein Déjàvu – ich auf dem Sofa und mir gegenüber Suzi, der man die raue See vorgaukelt, bis an ihr tragisches Ende.
Ich wollte gerade lossprinten und Suzi II retten, bevor sie tot und kalt auf einem Teller lag, da packte mich Sascha an den Schultern.
»Hey, was ist los mit dir?«
Ich konnte nichts sagen, mein Herz raste schon wieder, aber anders als vorhin. Wahrscheinlich hatte ich einen Herzfehler. Genau das musste es sein. Die Lösung all meiner Probleme: ein Herzfehler. Ich würde operiert werden, wochenlang im Koma liegen, alle würden sich Sorgen um mich machen, weinen, beten, und dann wachte ich auf und alles war gut.
»Baden oder was?«, fragte Sascha.
Ich nickte. Wir zogen uns aus.
»Keine anständige Badehose dabei?« Er grinste. Diesmal mit links. Seine abgehackten Sätze konnten einem manchmal ganz schön auf den Senkel gehen.
Ich ging zum Becken. Der Ausflugskahn fuhr gerade vorbei, ich hörte eine Megafonstimme: »… vor uns sehen Sie das Allianz -Hochhaus, den sogenannten Treptower. Dort die Skulpturen von Jonathan Borowsky, die molecule men . Und zur Linken das berühmte Badeschiff …«
Die Touristen starrten in unsere Richtung, manche hatten sogar Ferngläser dabei, einige winkten. Suzi II kriegte von alledem nichts mit, sie schwamm ahnungslos ihre Bahnen. Der Kahn verursachte einen ziemlichen Wellengang. Das ganze Schwimmbecken fing an zu wackeln. Alles in mir wollte ins Wasser springen, Suzi II retten, damit sich die Geschichte nicht wiederholte.
Ich schaute mich um und betrachtete die Leute. Keiner hatte einen Teller oder Zitronen dabei, nur Bücher, Handtücher und Sonnencreme. Das beruhigte mich. Ich trat einen Schritt zurück. In dem Moment schoss Sascha an mir vorbei und machte einen von seinen eleganten Kopfsprüngen, tauchte unter, tauchte wieder auf, dann schwamm er zu Suzi.
Eine halbe Stunde später lagen wir zu viert auf dem Piratenbett. Suzi II hatte sich in der Kabine umgezogen und trug jetzt einen gelben Badeanzug. Sie sah gleich zehn Jahre jünger aus. Aus ihren Haaren rann ab und zu noch ein Tropfen Wasser über ihr Schlüsselbein. Die Schnecke neben mir trug einen schwarz-weiß gestreiften Bikini mit silbernen Schnallen an den Hüften und zwischen den Push-up-Brüsten. Ihre Lippen glänzten fett und glossy . Die beiden schwänzten auch gerade die Schule. Schon allein das war Grund genug, zusammen in einem Bett zu liegen, unter offenem Himmel, auf dem Badeschiff, auf der Spree. Schwalben flatterten über uns hinweg. Aus der Ferne ein Presslufthammer.
Es war windstill, zu heiß für diese Jahreszeit. Sascha rauchte Kringel in die Luft und die Zebraschnecke zerstach sie mit dem Finger.
»Ernesto«, sagte Sascha zu mir.
»Was?«
»Che Guevara hieß mit Vornamen Ernesto. Ist mir gerade wieder eingefallen. Und er war gegen den Imperialismus.«
Die Mädchen stützten sich auf die Ellenbogen, als würde jetzt was Spannendes kommen.
Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Sascha mal seine Klappe gehalten hätte.
»Du weißt doch, was Imperialismus ist?« Er grinste sein Mundwinkelgrinsen, herausfordernd. Wenn Schnecken in der Nähe sind, muss er sich immer aufspielen. Ich beantwortete ordnungsgemäß seine Frage.
»Klar«, sagte ich. »Imperialismus haben wir schon in der achten Klasse durchgenommen, in der neunten Globalisierung. Und in der zehnten fahren wir nach Auschwitz.«
»Ist das nicht alles pervers?«, sagte Suzi II .
»Total pervers«, sagte das Zebra. »Alles! Geht ihr zusammen auf eine Schule?«
Wir schüttelten die Köpfe.
»Wir haben uns damals im Buddelkasten kennengelernt, aber unsere Eltern wollten nicht, dass wir zusammen auf dieselbe Schule gehen, weil der da …« Ich zeigte auf Sascha, »… mir mit der Schaufel auf den Kopf gehauen hat.«
»Stimmt ja gar nicht«, sagte Sascha. »Du hast mir mit zwei Förmchen die Nase eingeklemmt.«
»Ist ja
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