Alles bestens
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Da kann man mal sehen, wie blöd wir Männer sind. Merken nichts, es sei denn, es spannt in der Hose. Das tat es natürlich auch. Und ich war echt froh, dass ich nicht mehr in Shorts durch die Gegend lief!
Als ich merkte, dass Sandra mich mit einem Auge anblinzelte, mir zuschaute, wie ich ihren Füßen zuschaute, da fühlte ich zum ersten Mal in meinem Leben, dass ich nicht nur aus Kopf und Schwanz bestand, sondern etwas in mir hatte, was mich gleich zum Fliegen bringen würde. Ein verschluckter Flügel oder so was, der sich unter meinem Brustbein ausgebreitet hatte und nun meine Bauchdecke von innen berührte, dabei leicht kitzelte, sodass man am liebsten abheben und zehn Zentimeter über dem Boden schweben möchte. Ja, Sandras Blick und die warmen Kieselsteine unter meinen Händen brachten meinen Flügel in Schwingung, sodass ich mich schwebend fühlte, neben ihr, obwohl ich mitten im Geröll saß. Da spürte ich es zum ersten Mal: Sie sprach zu mir, es entbehrte aller Worte.
Wir saßen ewig so da; das Pferd zupfte sich Grasbüschel aus der Erde und wir lernten uns kennen. Ich hatte überhaupt keinen Hunger mehr. Aber pures Glück dauert nicht ewig, es ist wie ein Ton oder ein Duft oder ein Flügelschlag. Das habe ich mal im Wartezimmer meiner Mutter gelesen, in der Brigitte . Ich glaube, Frau Heidenreich, diese Kurzhaarschnecke, die so aussieht, als hätte sie wirklich all die Bücher gelesen, über die sie spricht, hatte sich in einer Kolumne über Glück ausgelassen, obwohl Glück doch nur aus Fett, Zucker, Salz und Sex besteht. Das ist längst wissenschaftlich bewiesen, aber es imponierte mir, wie sich die Autorin einfach über diese Tatsachen hinwegsetzte und sich selbst was zurechtfriemelte, und als ich die Kolumne las, dachte ich das erste Mal daran, selbst Schriftsteller zu werden, denn Gedanken über Glück oder das Leben habe ich auch jede Menge, und wenn man dann ein paar schöne Formulierungen dafür findet und ansonsten immer schön Fragen stellt, die eh keiner beantworten kann, ist man schon ein intellektueller Hecht. Man müsste das einfach nur aufschreiben.
Mann, Leute, plötzlich wusste ich, was ich werden wollte: ein literarischer Hecht! Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich gleich angefangen zu schreiben und mich voll innovativ auf meine Zukunft als Schriftsteller eingestellt.
In Gedanken konnte ich schon gar nicht mehr aufhören zu schreiben. Manuskriptseiten stapelten sich auf meinem Schreibtisch und ich sah mich schon im Buchkaufhaus Bücher signieren. Wenn auch nicht Sandra III , so hatte mich doch die Muse geküsst, mitten im Kies, auf einer Baustelle im Herzen Berlins.
Sandra stützte sich mit den Händen ab und schaute in den Himmel. Ich nutzte die Gelegenheit und schaute auf ihre kleinen Brüste. Sie trug keinen BH . Zwei Kuchenkleckse mit Rosinen drückten durch ihr Shirt. Als meine Oma-Hannover früher noch Kuchen backte, durfte ich immer die Schüssel auslecken.
Sandra spürte vielleicht, was mir durch den Kopf ging, und kehrte vom Himmel zurück. Ich tat so, als schaute ich nur auf ihre Schnullerkette, und fragte: »Wem gehört denn der Schnuller?«
Sie fasste an ihren Hals und knetete das Saugteil. Ich wurde rot. Aber dann wurde mir anders. Ganz anders!
»Luka«, sagte sie. »Meinem kleinen Bruder. Er ist tot.«
Sie machte eine Pause. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Vorletztes Jahr ertrunken«, fuhr sie fort, mit der Stimme einer russischen Berichterstatterin. »Ist auf einen Maulwurfshügel geklettert und kopfüber ins Planschbecken gefallen. Hat den Kopf nicht mehr rausgekriegt. Als ich ihn gefunden habe, war er circa eine halbe Stunde unter Wasser.« Jetzt schaute sie mich an. »Er war anderthalb, als das passierte. Ein Jahr hat er noch im Koma gelegen. Dann ist er gestorben.«
Das Pferd schüttelte die struppige Mähne. Sandra nahm eine Handvoll Kieselsteine und ließ einen nach dem anderen zu Boden tröpfeln.
»Ich bin seitdem fast jeden Abend auf der Baustelle. Buddle mich in den Sand oder übernachte in einem der Büros da hinten.«
Sie zeigte auf das graue, achtstöckige Betongerippe hinter uns, eine Bauruine.
»Sie haben genau an dem Tag aufgehört zu bauen, als Luka gestorben ist.«
Ich nahm auch eine Handvoll Kieselsteine. Mein Flügel in mir stand still, ein Schwarm Spatzen flog über uns hinweg. Ich kannte Todesfälle nur aus Filmen, und meine toten Opas waren schon tot, als ich auf
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