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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Doelling
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die Welt kam. Und aus dem fernen Bekanntenkreis hat sich mal einer aufgehängt. Herr Hellbauer, Vater von Anton Hellbauer. Er soll irgendwie mit der russischen Mafia was zu tun gehabt haben. Leider werden die wirklich interessanten Sachen immer verschwiegen. Vielleicht war er auch in der Pornobranche, denn Anton hatte wirklich eine enorme Auswahl an Pornos.
    Ich weiß, Leute, es war eklig, jetzt an Pornos zu denken, aber manchmal machen die Gedanken mit einem, was sie wollen, besonders die Porno-Gedanken, die Schmeißfliegen aller Gedanken. Doch ich gab mir einen Ruck und befreite mich von meinen Fantasien, bevor sie Formen annehmen konnten. Oh, ich heiliger Sünder!
    »Das ist ja furchtbar!«, sagte ich.
    Der Wind spielte mit einer Haarsträhne auf ihrer Wange.
    »Das ist das Leben pur«, sagte Sandra leise und strich sich die Strähne hinter das Ohr.
    Ich hätte gern meinen Arm um sie gelegt, aber mein Arm rührte sich nicht. Er war nicht zu bewegen, diese feige Sau! Ich starrte auf den Boden und ärgerte mich über meinen Arm. Dann spürte ich ihren Blick auf meiner Wange und sah, wie sie ihre Hand auf meine legte. Sie war rau; ich fühlte ihren Puls; Sonne drang aus ihren Poren und ihre Haut leuchtete warm. Ich hörte sie atmen und sah auf ihre abgebissenen Fingernägel.
    »Bist du von zu Hause abgehauen?«
    »Nein. Hab mich ausgesperrt.«
    »Bei uns zu Hause ist es auch nicht immer kuschlig«, sagte sie und nahm ihre Hand von meiner. Augenblicklich setzte ein Phantomschmerz ein, von ihrer fehlenden Hand. Dann zeigte sie Richtung Osten. Ich folgte ihrem ausgestreckten Finger. Er zeigte auf die Plattenbauten am Horizont.
    »Da wohne ich, 16 . Stock. Süden. Immer schön warm, auch im Sommer.«
    Ich fragte mich, wo sie wohl das verdammte Planschbecken aufgestellt hatten, in dem ihr Bruder ertrunken war. Auf dem Balkon? Aber im 16 . Stock gibt es keine Maulwurfshügel.
    »Mein Vater wohnt mit vier von meinen Geschwistern auf dem Land«, sagte sie, als könne sie Gedanken lesen.
    »Wie viel Geschwister hast du denn?«
    »Vier richtige, drei halbe und einen toten Bruder.«
    An ihrem Ton hörte ich, dass sie die Geschichte mit Luka noch nicht verarbeitet hatte. Fast hätte ich ihr meine Mutter empfohlen, aber Brudertod war nicht gerade ihr Spezialgebiet. Sandra III fing an zu summen. Ihre Stimme machte mich traurig. Ich musste an Sandra I denken, ob sie wohl schon auf Pieters Sofa lag? Ich hatte immer noch den Drang, sie zu retten, aber eine Rettung muss straff durchorganisiert werden. So viel hatte ich inzwischen gelernt. Leider konnte ich diesbezüglich meinen Ansprüchen nicht gerecht werden. Ich lauschte Sandras Stimme. Mein Flügel in mir schlug schwer und wehmütig. Was, wenn Sandra III sich auch für »Sei unser Superstar« bewerben würde?
    »Gefällt es dir?«, fragte sie.
    Ich wusste erst gar nicht, was sie meinte. Dann kapierte ich: ihr Gesumme natürlich.
    »Geht so«, log ich. Dabei war ihre Stimme himmlisch! Ich war bereit, sofort zu versinken. Echt, die Loreley hätte einpacken können, wenn sie Sandra summen gehört hätte.
    Sandra strich sich die Strähnchen hinter die Ohren. »Wenn du willst, zeig ich dir was. Etwas, was du noch nie gesehen hast.«
    »Den Eiffelturm?«
    Sie stand auf, klopfte ihren Hintern ab. »Ja. Von mir aus auch den.« Ich stand auch auf und klopfte meinen Hintern ab. So fest, dass es wehtat.
    Das Pferd nickte mit dem Kopf, als wir näher kamen. Ich klopfte dem Gaul den Hals.
    »Wohnt er auch bei euch im 16 . Stock?«
    »Das ist eine Stute«, sagte Sandra und fummelte an den Zügeln herum. »Klar, die wohnt auf unserem Balkon.« Sie lachte über ihren Scherz und zeigte mir ihre kleinen schiefen Zähne. Ich lachte mit und wir lachten uns ein. Durch die Zahnspalte vorne konnte sie bestimmt wunderbar Spaghetti flutschen lassen.
    Auch wenn sie mir nicht gesagt hätte, wo sie herkam, eins war klar: nicht aus Zehlendorf. Solche Zähne waren nicht in Zehlendorf gewachsen. In Zehlendorf waren alle Zähne weiße, gerade Mauern, die bis in den Rachen glänzten, hübsch geparkt, einer wie der andere. Auch mir hatten sie als Kind eine Zahnspange verpasst, dabei hätte ich lieber eine Brille gehabt, eine schöne rote, aber so was gab es damals noch nicht für Jungs. Jetzt hätte ich am liebsten eine Lupe gehabt, um mir Sandra näher zu betrachten. Ich hätte mir zuerst ihre Oberlippe mit den feinen Härchen angeschaut, mich dann zu ihrem Mund vorgearbeitet, jeden Zahn betrachtet und ihre

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